25 Tage Urlaub im Jahr, ein nicht-qualifizierter Mindestlohn (knapp 2.000 Euro) für Beschäftigte ohne und der qualifizierte Mindestlohn (knapp 12 Euro/Stunde) für Beschäftigte mit Ausbildung, dies bei einer 40-Stunden-Woche, das sind die arbeitsrechtlichen Mindeststandards der gesetzlich vorgegebenen Arbeitsbedingungen im Großherzogtum. Alles, was über diesen Mindestrahmen hinausgeht, ist Verhandlungssache zwischen Unternehmern und Angestellten, oft auch als Sozialpartner bezeichnet.
Wenn sich diese Verhandlungen auf ein Einstellungsgespräch zwischen Firmenchef und der Person, die ihre Arbeitszeit, ihre Kompetenzen und ihr Engagement zur Verfügung stellt, beschränkt, hat Letzterer nur eine Chance, nicht über den Tisch gezogen zu werden, wenn er oder sie praktisch alternativlos von der einstellenden Firma gebraucht wird, wenn seine oder ihre Qualifikation für das Unternehmen unerlässlich ist.
Ansonsten ist das Kräfteverhältnis klar: Der Arbeitgeber sitzt am längeren Hebel, kann Druck machen, die Arbeitsbedingungen diktieren, die Gegenwehr vom Arbeitsuchenden wird sich in Grenzen halten.
Es wäre dies ein Rückschritt ins 19. Jahrhundert, der nicht nur zu dem bereits aktuell erlebbaren Aufschwung von politischen Rattenfängern, die angesichts der wachsenden sozialen Probleme in Europa eine Renaissance erleben, führen, sondern noch ganz andere dramatische Auswirkungen bis hin zu Verteilungskämpfen provozieren würde.
Von einer solchen Situation sind wir in Luxemburg weit entfernt, auch wenn nur die Hälfte der Beschäftigten unter einen Tarifvertrag fällt; die Tarifpolitik, die ihren konkreten Niederschlag in zahllosen Verhandlungsstunden im Beisein von hauptberuflichen Gewerkschaftern findet, ist somit ein Garant für Abschlüsse, die ein Kompromiss zwischen oben genannten „Sozialpartnern“ auf Augenhöhe sind. Die Kräfteverhältnisse verändern sich stark, wenn nicht eine einzelne Person, sondern erfahrene Vertreter einer Gruppe dem Unternehmer gegenübersitzen.
Allerdings sind die Errungenschaften einer funktionierenden Tarifpolitik keine Selbstverständlichkeit; die größte Gewerkschaft des Landes, der OGBL, startete gestern eine Initiative, die zum einen auf die Bedeutung des Kollektivvertragswesens hinweist und zum anderen vor einem schleichenden Abbau der Gewerkschaftsrechte durch die Nicht-Anpassung von Gesetzestexten an die sich verändernde Situation in der Arbeitswelt warnt. Dabei bringt ein funktionierendes Tarifrecht, eventuell sogar mit Neuerungen wie dem Recht auf Warnstreiks, auch – wenngleich nicht immer mit sofort messbarer Wirkung – Vorteile für die Unternehmer.
Ein Salariat, das durch anständige Arbeitsbedingungen motiviert ist, das ein Recht auf lebenslange Weiterbildung hat und sich in seiner Lebensplanung sicher fühlen kann, wird besser und intensiver arbeiten als eine unterdrückte, unmotivierte Belegschaft, die den Job aus einem rein wirtschaftlich bedingten Überlebensdrang lustlos macht.
Gegen den Trend: OGBL will Position der Arbeitnehmer in Luxemburg ausbauen
" Germinal" oder die Wut der Ausgebeuteten.
Soweit wie bei Zola sollte es nie mehr kommen müssen.Oder die blutigen Konflikte in den Staaten wo die Dockers für wenig Lohn arbeiten mussten und jede gewerkschaftliche Aktion blutig zusammengeprügelt wurde.
Es bleibt die Kunst für Arbeitgeber und Gewerkschaften,den sozialen Frieden zu erhalten und nicht durch Mobbing und Lohndumping Spannungen zu erzeugen.Dieser Schuß würde früher oder später nach hinten losgehen . Der Staat wäre auch gut beraten,wie Jean Ziegler es sagte,sich nicht aus allem herauszuhalten".Ein Staat in dem Menschen Angst haben müssen ist ein gescheiterter Staat." So auch ein Appel an die "arbeitende" Jugend...
Gemeinsam seid ihr stark. Ihr seid nicht nur "der Staat" ihr seid auch die Gewerkschaften. Man stelle sich vor was loswäre wenn die 6 Millionen Arbeitslosen in Deutschland täglich auf die Straße gingen.
Sehr richtig, Herr Schneider! Allerdings gilt es darauf hinzuweisen, wie es (leider) um das (abnehmende) gewerkschaftliche Engagement, besonders der jungen Generation, steht. Angesichts anstehender Sozialwahlen wären die Gewerkschaften gut beraten, ihre Verdienste im Interesse des Salariats und der hierzulande bestens organisierten öffentlichen Sozialversicherungssysteme mit ihren diversen Leistungen der Renten-, Pensions- und Gesundheitskassen auf allerhöchstem Niveau in diesem Kontext in Erinnerung zu rufen. Besonders die junge Generation sollte sich des Wertes der sozialen Sicherheit bewusst sein, auch und vielleicht besonders "in modern times" der längst angelaufenen digitalen Gesellschaft, die absolut neue Herausforderungen auch an die Gewerkschaften stellen wird.
Die junge Generation muss sich der Werte der Solidarität und des Zusammenhalts deutlich besinnen, das in ihrem ureigenen Interesse, wissend, dass keine private Rechtsschutzversicherung ihre vielfältigen Interessen im Gesamtkontext der Arbeitnehmerrechte vertreten wird.
Die Gewerkschaften werden in diesem Sinne wahrscheinlich wichtiger als je zuvor sein - siehe Inhalt des vorliegenden Leitartikels.