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Junckers Geist

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Luxemburg spürt noch immer Jean-Claude Junckers Abgang nach Brüssel. Das meint Dhiraj Sabharwal in seinem Editorial.

Gleich zwei Ereignisse haben Luxemburg diese Woche daran erinnert, dass es immer noch die Nachwehen von Jean-Claude Junckers Abgang nach Brüssel spürt: die Verschiebung des sogenannten «Frisbee»-Prozesses und die LuxLeaks-Akte vor dem Kassationsgerichtshof. Beide stehen dafür, dass unter der aktuellen Dreierkoalition die Fenster zwar weit geöffnet wurden, Luxemburg heute in Sachen Aufarbeitung seiner Juncker’schen Vergangenheit jedoch meilenweit von einer Aufklärung entfernt ist. Gerade die Geschehnisse rund um LuxLeaks zeigen, wie wenig Transparenz immer noch in diese Dossiers gelangt ist. Dies geht teilweise so weit, dass zum Beispiel jemand wie Marius Kohl, auch Mr. X oder Mr. Ruling, sich nie vor Gericht verantworten musste. All dies geschah in einem legalen Rahmen, weil Kohls ärztliche Atteste vorlagen. Allerdings zeigte sich im Verlauf des LuxLeaks-Prozesses, dass Kohl wohl bis heute eine schützende Hand über sich hat, in deren Genuss andere Beamte nicht gekommen sind.

Juncker-Sprech

Wieso all dies relevant ist? Die Glaubwürdigkeit des CSV-Politikers Juncker leidet doch erheblich, wenn er heute auf dem europäischen Parkett Lektionen in Sachen Steuergerechtigkeit erteilt, während seine eigene politische Vergangenheit immer noch eine Menge Fragen aufwirft, inwieweit er etwa von den Handlungen Kohls und des «Bureau Sociétés 6 de l’Administration des contributions directes» wusste. Dass dies wohl nie oder erst spät aufgeklärt wird, zeigt eine Aussage von Juncker, die er im September 2015 vor dem Sonderausschuss des Europaparlaments tätigte. Der amtierende EU-Kommissionspräsident meinte damals in bestem Juncker-Sprech: «Die Luxemburger Steuerverwaltung hat bestehende Gesetze zur Anwendung gebracht, ohne dass Premier- oder Finanzminister darauf Einfluss gehabt hätten.» Aber gerade Juncker kann wegen seiner langjährigen Personalunion der beiden Ämter nicht so tun, als sei alles, was sich damals in Luxemburg zugetragen hat, außerhalb seiner Verantwortung gewesen. Doch diesen Eindruck versucht Juncker zu vermitteln. Dass der Kronzeuge Kohl nie vor Gericht gehört wurde, hilft dem ehemaligen Premier dabei. Auf diese Weise konnte es nie zu einem fairen, transparenten und aufklärenden LuxLeaks-Prozess kommen, der in irgendeiner Form eine Gefahr für Juncker dargestellt hätte – ganz abgesehen davon, dass der bittere Geschmack einer möglichen Straffreiheit für Kohl am Ende bleibt.

Dolchstoßlegende
Doch nicht nur andere bleiben Prozessen fern. Diese Woche ließ Juncker himself den Prozess um die «Frisbee-Affäre» verschieben. Der Kommissionspräsident war verhindert. Unterdessen schaltete der ehemalige SREL-Chef Marco Mille kräftig in den Angriffsmodus um. Dass Geheimdienstmitarbeiter mit ihren Methoden und Aussagen in Luxemburg oder im Ausland gelegentlich wenig vertrauenswürdige Persönlichkeiten sind, ist kein Geheimnis. Sollte Mille jedoch mit seiner Anschuldigung, er habe eine Abhörung sehr wohl mit Junckers Einverständnis durchgeführt, die Wahrheit sagen, hätte Juncker ein handfestes Problem. Und damit auch die CSV: Denn die Dolchstoßlegende, die aktuelle Regierung habe die Christlichsozialen bei den letzten Wahlen links liegen lassen, wäre damit völlig entkräftet. Eine Koalition mit einem Premier, der ein solches Verhalten an den Tag gelegt hätte, wäre inakzeptabel gewesen.

Werner B.
27. November 2017 - 9.52

Er bedauere nichts: "The work I did definitely benefited the country, though maybe not in terms of reputation.".. Und selbstverständlich hatte niemand etwas gewusst.... in welchem historischen Kontext habe ich solche Sätze schon mal gehört?

weit
27. November 2017 - 9.28

Klingt so als wäre JC Alleinherrscher gewesen. Dabei war er meistens im Ausland.

carlo breuer
26. November 2017 - 22.30

Aha Wo bleibt der Bomméleer diesmal? Der Dolchstoss von den Liberalen und Co? Nie gehört! Aber bitte nochmal Bommeléer!!

Marius
26. November 2017 - 19.50

Der Juncker ist einer dieser klassischen Berufsopportunisten, der sogar seinen schärfsten Gegnern freudig auf die Schulter klopft und nicht sparsam mit Umarmungen umgeht, welche als Ausdruck seiner krankhaften Selbstbezogenheit zu deuten sind. Niemand hatte diese bizarre Verhaltensweise so richtig zu deuten gewusst, obschon manch einer sich vor Lachen krümmte. Aber die Luxemburger wurden durch die Luxleaks Enthüllungen eines besseren belehrt. War es Scheinheiligkeit à la CSV, oder war es nur Ausdruck seiner Gewissensbisse. Wie dem auch sei, für die einen ist er ein Held, der grosse Taten fürs Land vollbrachte, für andere ist er nur ein Falschspieler, ein Blender und ein grosser Filou, der eine Wirtschaft auf Sand erbaute. Wahrscheinlich ist er sogar all dies in einer Person. Möglicherweise avanciert er eines Tages sogar zum tragischen Helden. Wer weiss.

pierre dirkes
26. November 2017 - 11.30

Monavisa, Alles dies wissen wir seit 30 Jahren, und die Analyse ist sehr einseitig geschrieben, es gab wohl andere Politische Umstände zwischen 1944 und 1989!

armand
25. November 2017 - 13.25

diese rulings waren/sind die jetzt illegal oder nur "moralisch nicht vertretbar"? das weiss ich immer noch nicht. wenn mir jemand meinen horizont erweitern könnte....

Serenissima, en Escher Jong
25. November 2017 - 9.10

Also Herr Sabharwal, bitte vergessen sie nicht dass Marius Kohl, auch Mr. X oder Mr. Ruling, ja nur ein Beamte war. Beamte treffen keine Entscheidungen, sie führen nur Weisungen aus: die Verantwortung liegt, und da haben sie 100% Recht, beim Finanzminister der aber zufälligerweise unser gute JCJ war und das seit Jahren schon damals...und dass der sich seinerr Verantwortung jetzt entzieht beweist was das für ein Mensch ist ....ein Politiker eben .....seine Aussage zur Wahrheit in Sachen der Politik ist ja auch bekannt.....also was wird es bringen wenn er was vor Gericht aussagt?... man kann ihm nicht einmal "the benefit of the doubt" geben wie man auf Englisch so schön sagt.. ohne Kommentar......