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Herolde mit Tröte

Herolde mit Tröte
(Alain Rischard/editpress)

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Wie die UEL sich isoliert

Dass die Arbeitgeber andere Interessen haben als das Salariat, ist offensichtlich. Dass diese Interessen offensiv von entsprechend angeheuerten Lobbyisten vertreten werden, macht auch noch irgendwie Sinn. Dass eine Arbeitgeberorganisation allerdings ein Benehmen an den Tag legt, wie die „Union des entreprises luxembourgeoises“ (UEL) es zurzeit praktiziert, schadet nicht nur dem viel beschrienen Sozialdialog, der sich unter solchen Voraussetzungen kaum noch wiederbeleben lässt, sondern auch ihr selbst und ihrem Ansehen und führt die Arbeitgeberorganisation, die sich als Dachverband versteht und gerne auch für alle anderen sektoriellen Verbände spricht, in die Isolation.

Robert Schneider
rschneider@tageblatt.lu

In einem Land, wo die Steuerbelastung für Betriebe niedrig ist, wo die Lohnnebenkosten konkurrenzlos und die sonstigen Rahmenbedingungen gut sind, wo fast nie gestreikt wird … täten die Unternehmer gut daran, den Ball flach zu halten. Bereits im Vorfeld der Entscheidung der Regierung und insbesondere des Beschäftigungsministers zur Reform der Arbeitszeitregelung (PAN/POT) drohte der UEL-Sprecher, mehr Urlaubstage würde es nur über seine Leiche geben.
Eigentlich wollten die Arbeitgeber bei der überfälligen Arbeitszeitenreform überhaupt keine Zugeständnisse für die geforderte größere Flexibilisierung der Beschäftigten machen. Am liebsten hätte die UEL ja auch einen niedrigeren bzw. überhaupt keinen Mindestlohn und würde den Index lieber heute statt morgen abschaffen.

Dass Menschen, die gegen Lohn arbeiten, auch Bedürfnisse außerhalb der Arbeitszeit haben, dass sie sich gerne erholen, Zeit mit ihrer Familie oder sonst wie verbringen und keine Roboter sind, über die man nach Lust und Laune verfügen kann, scheint nicht bei allen „Patrons“ angekommen zu sein. Doch es gibt mittlerweile Widerspruch: Hinter vorgehaltener Hand hört man inzwischen auch aus Arbeitgeberkreisen, dass längst nicht mehr alle, die Personal beschäftigen, mit Aussagen und aktuellem Ton der UEL einverstanden sind. Zumal die neue harte Linie ausgerechnet von einem einstigen ABBL-Mann kommt.

Die Rettung mancher „systemrelevanter“ Banken mit öffentlichen Geldern und die schnell wiedergefundene Arroganz mancher 2008 kleinlaut aufgetretener Finanzmanager, die inzwischen wieder hohe Bonusgelder und Abfindungen kassieren, sind auch einfachen Betriebschefs, besonders kleiner und mittlerer Unternehmen, sauer aufgestoßen.

Nachdem klar war, dass die Blockadehaltung der UEL in Arbeitszeitfragen lediglich dazu führte, dass das Gesetz nun zwar die verlangte Flexibilität für Unternehmer bringt, dafür aber als Gegenleistung auch den Arbeitnehmern zusätzliche Urlaubstage beschert, wechselte die UEL in den Motzmodus und sprach der Partei des Staatsministers, der DP, jedwede technische Kompetenz in der Frage ab. Sie habe sich quasi von der LSAP über den Tisch ziehen lassen. Immerhin überlebte der UEL-Sprecher. Was aber nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass aus den posaunenden Herolden des freien Unternehmertums beleidigte Trompeter auf Kindertröten geworden sind.