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Hauptsache Hauptstadt: Generaldirektorin Nancy Braun macht sich an die Arbeit

Hauptsache Hauptstadt: Generaldirektorin Nancy Braun macht sich an die Arbeit

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Ein Jahr ist nun schon vergangen, seit die Stadt Esch und die Südregion den Titel Europäische Kulturhauptstadt 2022 von der internationalen Jury verliehen bekommen haben. Mit Begeisterung wurde die Entscheidung am 10. November 2017 von allen Beteiligten aufgenommen.

Spätestens seit die Koordinatoren Janina Strötgen und Andreas Wagner Mitte dieses Jahres aus ihrem Amt vertrieben wurden, herrscht jedoch Stillstand. Sie hatten das Bid Book verfasst, das die Grundlage für die erfolgreiche Kandidatur bildete. Die veränderte politische Mehrheit in Esch war mit ihrer Arbeit aber nicht zufrieden und wollte sie herabstufen. Das ließen sich die beiden nicht gefallen und so kam es, dass ihre Verträge nicht verlängert wurden.

In den vergangenen Monaten war die Esch 2022 asbl. daher vor allem mit dem Aufbau einer neuen Verwaltungsstruktur beschäftigt. Eine Generaldirektorin wurde mit der ehemaligen Geschäftsführerin des «Casino Luxembourg – Forum d’art contemporain», Nancy Braun, gefunden. Sie soll heute die Arbeit aufnehmen. In den kommenden Wochen soll nun erst einmal ein neuer künstlerischer Leiter gesucht werden. Mit einem Finanzdirektor und einem Direktionsassistenten stehen noch zwei weitere Posten aus.

In zwei Wochen soll die neue Generaldirektorin vor der EU-Kommission in Brüssel erklären, wo sie mit der Abarbeitung der 21 Empfehlungen der Jury dran ist. Diese Empfehlungen betreffen nicht nur die mangelnde langfristige und nachhaltige Ausrichtung, die unzureichende europäische Dimension und Unzulänglichkeiten bei der Machbarkeit und Finanzierung der Projekte, sondern auch Unklarheiten bei der Nutzung früherer Industriestandorte, die einen wesentlichen Teil des Konzepts darstellen.

Die Zukunft der Gebläsehalle auf Belval ist noch immer ungewiss, genau wie die des Escher Ciné Ariston. Für die Industriehallen auf den Brachen Terre rouge und Esch-Schifflingen oder auch in Düdelingen liegt nach wie vor kein konkretes Nutzungskonzept vor, das ehemalige Direktionsgebäude von Arbed-Mines ist noch immer von Luxcontrol besetzt.

Es ist nur schwer vorstellbar, dass die neue Generaldirektorin, die noch bis vergangene Woche im Urlaub weilte, bereits Zeit hatte, sich mit all diesen Fragen zu beschäftigen. Dementsprechend dürftig dürfte dann auch die Vorstellung vor der EU-Kommission am 20. November ausfallen.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Regierungsbildung nach den Wahlen noch auf sich warten lässt. Man darf gespannt sein, welche der drei Parteien das Kulturressort übernehmen kann und welche Folgen das für die Europäische Kulturhauptstadt 2022 haben wird.

Strötgen und Wagner, die mittlerweile von Arbeitslosengeld leben, haben Tageblatt-Informationen zufolge kürzlich vom Anwalt der Esch 2022 asbl. einen über 20-seitigen Brief mit zum Teil fadenscheinigen Anschuldigen gegen sie erhalten. Derweil herrscht in den neu eingerichteten Büros auf dem Escher Brillplatz immer noch gähnende Leere und es stellt sich bereits die Frage nach Entschädigungszahlungen für die Künstler und Kulturinstitutionen, die sich zur Teilnahme an der Kulturhauptstadt verpflichtet und schon Projekte ausgearbeitet hatten, deren Umsetzung oder Vorbereitung 2018 beginnen sollte. Die neue Generaldirektorin startet demnach nicht unter den allerbesten Voraussetzungen.

roger wohlfart
5. November 2018 - 17.48

Wenn Politik und Kultur aufeinanderstossen, kommt so ein Schlamassel heraus. Viele Politiker wähnen sich Experten auf allen Gebieten und haben oft von Tuten und Blasen keine Ahnung. Sie überschätzen sich und ihre Kompetenzen. Die Vorstellung des Projektes vor der EU Kommission in 2 Wochen wird voraussichtlich eine Blamage erster Güte.