Im gegenwärtigen Streit um die Zukunft der französischen Eisenbahnen kommt – nicht zu Unrecht – dem Schicksal der Cheminots die Hauptaufmerksamkeit zu.
Der Bericht, den der ehemalige Air-France-KLM-Chef Jean-Cyril Spinetta unter dem Titel „L’avenir du transport ferroviaire“ an die Regierung gerichtet hat, birgt indes noch anderen Sprengstoff: Es geht um die Zukunft des französischen Eisenbahnnetzes.
Frankreichs Bahnen leiden seit Jahrzehnten unter einer Politik des Tout-TGV, die so aussieht, dass außerhalb des Großraums Paris der Löwenanteil der Investitionen ins Eisenbahnwesen einer Handvoll Hochgeschwindigkeitsstrecken zugutekommt, während die Qualität des Angebots innerhalb der Provinz langsam, aber sicher den Bach runter geht.
Sicher, TGVs sind – wie wir Luxemburger ja ebenfalls wissen – eine ausgesprochen feine Sache. Doch das LGV-Netz ist, wie so vieles im Hexagon, zu großen Teilen auf die Hauptstadt ausgerichtet. Das miese Angebot zwischen den Provinzstädten bewirkt aber, dass dort für viele Franzosen die Bahn nicht als Alternative zum Auto in Frage kommt.
Selbst auf modernisierten Strecken verkehren dort manchmal nicht mehr als ein halbes Dutzend Zugpaare pro Tag, aufgrund von Fahrplänen, die offenbar noch aus der Zeit stammen, als es vollauf genügte, morgens Bauern und Schüler zum nächsten Marktflecken zu karren und abends wieder zurück ins Dorf.
Es hat sich überall in Europa gezeigt, dass man, um die Attraktivität der Schiene zu steigern, das Angebot ausbauen muss. Doch der Spinetta-Report empfiehlt nun nicht etwa die Einführung zusätzlicher Verbindungen, sondern … die Stilllegung vieler der zurzeit unrentablen „petites lignes“.
Nun gibt es zweifelsohne eine Reihe Strecken, die tatsächlich sinnvoller mit Bussen zu bedienen wären als mit Zügen. Doch die Beispiele Deutschland und Schweiz haben gezeigt, dass heutzutage auch rurale Nebenstrecken, die ländliche Gegenden mit regionalen Zentren verbinden, sehr wohl auf für Mensch und Umwelt vorteilhafte Weise über die Schiene betrieben werden können.
Während man im Rest Europas nun schon seit Jahren weiß, dass die Ausdünnung eines gut ausgebauten Netzes nur schwer wieder rückgängig zu machen ist, scheint nun Frankreich entschlossen, die andernorts gemachten Fehler blindlings zu wiederholen.
Großbritanniens Verkehrswesen hat sich nie von dem Kahlschlag erholt, der infolge des sinistren Beeching-Reports ab Mitte der Sechzigerjahre am britischen Bahnnetz verübt wurde.
Doch selbst wenn die Konsequenzen von Spinettas Empfehlungen im Endeffekt nicht an jene von Beechings Vandalismus-Orgie heranreichen sollten, muss Paris höllisch drauf Acht geben, nun nicht aus kurzsichtigen Rentabilitätserwägungen das Irreparable anzurichten.
Als die "Liaison Micheville" geplant wurde hat die Zerstörung der alten Bahntrasse nach Fontoy in Luxemburg leider niemanden interessiert. Belval würde heute vermutlich ganz anders aussehen wenn man damals etwas aktiver gewesen wäre und die kleine französische Protestgruppe unterstützt hätte. Und die im Bau befindliche "Eco-City" hätte an einer Bahnstrecke auch mehr Sinn gemacht als an einer Schnellstrasse.
@ Koneczny: Man hätte die Schnellstraße auch bauen können, ohne die Bahntrasse unwiderruflich zu zerstören. Herr Oswald ist kein Nostalgiker sondern jemand, der ganz klar erkannt hat, dass eine moderne Bahnverbindung Fontoy - Däitsch-Oth, eine ganze Menge Frontaliers aus dem Fenschtal und dem Pays-Haut auf die Schiene hätte bringen können, womit sie dann unsere Straßen nicht weiter belastet hätten. Die Zerstörung der Bahnlinie Fontoy - Däitsch-Oth ist ein Akt des verkehrsplanerischen Vandalismus. Und wer wie Sie die Befürworter des schienengebundenen ÖT pauschal als "Nostalgiker" bezeichnet, zeigt eh nur, dass er von der Evolution des ÖT im Allgemeinen und des Eisenbahnwesens im Besonderen keine blasse Ahnung hat.
@ Koneczny: "D’Kapaziteit vum ONV ass dach erreescht; ouni massift investéieren an déi Infrastruktur gett et net besser." Genau deswegen wird ja jetzt massiv in die Schiene (Tram und Vollbahn) investiert. Eine Tram Esch-Luxemburg würde da einiges an zusätzlicher Kapazität bringen. Zudem erhält der Süden ja sein TCSP (Transport en commun en site propre). Ob Bus oder Tram ist bloß noch nicht entschieden. "Gidd dach net ëmmer dem IndividualVerkéier d’Schold.": Ich betreibe selbst motorisierten Individualverkehr, benutze allerdings auch den ÖT. Ich bin indes der Meinung, dass die meisten Zeitgenossen sich beharrlich weigern, die Konsequenzen ihres Verkehrsverhaltens anzuerkennen. Was sie als Erwachsene eigentlich aber tun müssten. Was den Norden anbetrifft, so ist dieser oberhalb der Nordstaat halt so dünn besiedelt, dass er nie ein ÖT-Angebot wie der Süden oder das Zentrum erhalten kann. Trotzdem sind auch hier Verbesserungen vorgesehen (direkte Busverbindungen, P&R Parkplätze etc.)
Die Straße hätte auch anders gebaut werden können.
Und ja, die Befürworter einer modernen Straßenbahn in Luxemburg wurden auch als hoffnungslose Nostalgiker abgestempelt. Die Gegner haten halt kein besseres "Argument".
Inzwischen wird sogar darüber nachgedacht, eine Schnelltram von Luxemburg nach Belval zu bauen. Da liegt Micheville nicht mehr weit, oder ?
@Scholnier: Die letzte nennenswerte Streckenstillegung gab es in Grossbritannien Anfang der 1970er Jahre (Taunton-Minehead, jetzt eine Museumsbahn), also lange bevor Margaret Thatcher Premier Minister wurde. Zwar war Thatcher eine bekennende Eisenbahngegnerin, die Privatisierung von British Rail fand aber nicht unter ihrer Federführung statt sondern zwischen 1994-1997 unter Premier Minister John Major. Man kann über das Ergebnis diskutieren, jedoch hat sich das Passagieraufkommen seit der Privatisierung verdoppelt (während sie anderen Ländern eher stagnieren), einige längst stillgelegte Strecken wurden neu aufgebaut und wieder in Betrieb genommen (z.b. Oxford -London Marylebone, Edinburgh-Tweedbank).
@Koneczny: Wat dir uewen iwwert den Norden schreiwt ass riichteg , ouni Auto geet naischt. Allerdengs Museumsbunnen hun hieren Flair an als Nostalgiker geneissen ech et oft d'Vitesse aus dem Liewen erauszehuelen ,Auer Auer sin ze loossen an gemitlech vun A no B ze kommen.
@ Claude Oswald
Déi schnellstroos ass ganz gudd do.. Oder sidd dir esou en Nostalgiker deen mengt dass déi aal Zuchsträck hätt sollen als MuseumsBunn rëm opgemaach ginn?
@ Här Wagner...
Ass Iech schons mol opgefall dass immens vill Kamioen säit +- 2 Joer laanscht ons Grenz an d'France fueren? Sterpenech ==> Longwy ==> N52 / A30
Wien Här Wagner huet während Johrzengten der ARBED seng Kollateralschied bezuelt ?? Net och de Steierzueler?
An wat ass mat AGORA (Belval d'sanéierung vun der aaler Schmelz) do bezillt sech de Staat (also d'Steierzueler) och domm an dämlech, de Reibach maachen rëm déi aaner.
Gidd dach net ëmmer dem IndividualVerkéier d'Schold. d'Schold um IndividualVerkéier huet dach de Staat an d'Wirtschaft, déi méi Profit haaten wann en Auto ( dausende vun Autoen) verkaaft ginn sinn an net nëmmem Zuch / Busbilljeeën. De Sprit an alles rondrëm den Auto huet Suen bruecht an brëngt et och haut nach.
D'Kapaziteit vum ONV ass dach erreescht; ouni massift investéieren an déi Infrastruktur gett et net besser.
Wann dir am Süden och e gudden ONV hudd, da kukkt mol an den Norden.... Héi geet näischt ouni Auto.
De Staat huet dach all Industrien / Betriiber beierneengeluecht, an de ganze Verkéier muss duerch dei puer "Nädelöhren".
Ech verstinn net wéi een e "Ban de Gasperich" kann béi d'Stadt bauen; alles muss iwert déiselwëscht Autobunn; also gëtt de Stau méi grouss... Dobäi kënnt de Stadion an waat net nach alles.
Den 1 Mee ginn et e puer Verännerungen am Code de la Route fir de Velo.... Gudd Saach, mee RICHTEG investéiert gëtt net fir de Velo; emmer nëmmen dat Geflécks.
Et feelt eng Nord-West Autobunn vun der A6 op d'A1; dann kann den Verkéier rondrëm d'Stadt rëm otmen. A evtl och eng néi Autobunn vun Steebrëcken iwert Alzeng op Minsbech, fir dass d'BallungsZentren ëmfuer kënne ginn an wann et och nëmmen fir de Wueren a HandwierkerTransport ass.
@Wagner und Pompier: Ihrem Artikel Herr Wagner stimme ich zu, allerdings vergessen wir nicht europaweit wurden viele Krankenhäuser, Schulen, Kulturinstitutionen ,Ämter geschlossen weil sie entweder unrentabel oder verschuldet waren. In Luxemburg denke ich an die Schliessung der Postämter, Zusammenlegung von Dorfschulen ( einige Busse sammeln die Schüler auf Strecken bis zu 50km ein), die Restrukturierung ,gepaart mit finanziellen Einschnitte ,der Kultur bei Regierungsantritt, Zusammenlegung der Krankenhäuser ( haut ass d'Spidol zu Dideleng nach just eng Infirmerie)......Werter Pompier Sam , Frau Thatcher war Vorbild in Sachen Privatisierung und Stilllegungen des Schienennetzes und Macron ist keinen Deut besser. Man verfolge seine Reden, den Lobgesang auf ein Vereintes Europa, sein shake hands mit Trump und " eng ferm an d'Akaul" für bisher ausgehandelte Verträge der EU, zeigt wessen Geistes Kind dieser Herr ist.
Et deet engem richteg wéi ze gesinn, wat zu Däitsch-Oth geschitt ass. Do gouf net nëmmen eng Schnellstrooss an d'Landschaft gesat, mä d'Trass vun der Eisebunn gouf op all Zäiten zerstéiert.
Genau so ist es. Eine Sache von Prioritäten. Wenn Macron z.B. nur die Hälfte seiner Militär-Jets vom Himmel nehmen würde die fast täglich ihre Runden drehen,nur um das Material zu benutzen,damit könnte er die Bahn sehr attraktiv gestalten. Angela hat's da einfacher,die hat nur drei und davon stehen zwei im Schuppen.
Aber das ist ja eine ganz anderes Thema.
Jo, esou ass et. Souguer an eisem Ländchen gesäit een dat. Wann een haut nach eng Attertlinn hätt, oder d'Zuchverbindungen op Bastnech an op St. Vith ....
@ Pompjee: Sie fordern konsequenterweise also auch, dass man all die Schulen, Krankenhäuser und Kulturinstitutionen schließen sollte, welche Milliarden-"Defizite" verursachen?
Im Übrigen bezahlen wir ja auch alle klaglos die Milliardenkosten*, welche der motorisierte Individualverkehr verursacht.
(* z.B. jene, die aus den durch Umweltverschmutzung verursachten Gesundheitsschäden resultieren)
Also mengt dir dass (...) den Steierzueler op all Eiwegkeet muss Milliardendefiziter ausgeleichen?
Nujee...