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Der Tod des WWW

Der Tod des WWW
(Alain Rischard/editpress)

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Internet-Überwachung nach den Anschlägen von Paris

Als im Jahr 1989 am CERN die Grundlagen des World Wide Web entwickelt wurden und das Internet ein Jahr später kommerziell nutzbar gemacht wurde, hätte sich wohl niemand träumen lassen, welche Konsequenzen diese Technologie einmal für den Alltag der Menschen haben würde. Das goldene Zeitalter des Internets, als qualitativ hochwertige Informationen noch frei verfügbar waren, ist schon seit Jahren Geschichte. In den vergangenen Jahren wurde das einst revolutionäre Medium institutionalisiert und hat sich zur kapitalistischen Geldmaschinerie entwickelt.
Eine Abkehr vom Internet ist derzeit nur schwer vorstellbar. Zu sehr sind wir von unseren Laptops, Tablets und Smartphones abhängig. Doch auch Terroristen nutzen die digitalen Medien, um untereinander zu kommunizieren. Diese Kehrseite der Medaille veranlasste in den vergangenen Wochen mehrere Regierungen dazu, die Überwachung der Internet-Kommunikation durch Polizei und Geheimdienste zu vereinfachen.

llaboulle@tageblatt.lu

Ständig werden neue Regeln und Gesetze erlassen, die die persönliche Freiheit im World Wide Web stark einschränken, sehr zum Unmut von Datenschützern. Der NSA-Skandal und insbesondere die rezenten Pläne Großbritanniens zur Überwachung des Internets haben die Firma Apple und andere multinationale Konzerne wie Google, Facebook, Twitter, Yahoo und Microsoft dazu veranlasst, Sturm zu laufen. Apple warnte vergangene Woche, dass die Überwachung weltweit den Technologiesektor hemmen und internationale Konflikte heraufbeschwören könne. Die Pläne der britischen Regierung sehen vor, dass Internetkonzerne und Telekommunikationsunternehmen die Verschlüsselung von E-Mails und Messenger-Programmen aufheben sollen, damit der Zugang zu persönlichen Inhalten für Geheimdienst und Polizei vereinfacht wird.

Für die großen Internetkonzerne ist die geplante offene Überwachung der Regierungen natürlich äußerst geschäftsschädigend. Einen großen Reiz des Internets stellen nach wie vor die Anonymität und die teilweise Rechtsfreiheit dar, die zumindest oberflächlich noch gewährleistet sind. Selbst beim NSA-Skandal steht das Wort eines Whistleblowers gegen das eines ganzen Staatsapparats.

Wenn die Behörden nun aber aus ihrer Kontrolle keinen Hehl mehr machen und jeder mit Sicherheit weiß, dass seine persönlichen Nachrichten überwacht werden, könnten die Menschen ihr Vertrauen ins World Wide Web verlieren. Pläne von Aktivisten zur Schaffung sogenannter Mesh-Netzwerke, die dezentral und unabhängig funktionieren, existieren bereits in mehreren Regionen der Welt. Diese alternativen Netzwerke benötigen keine teure Hardware und Software, die aus reinen Profitgründen ständig kostenpflichtig erneuert und geupdated werden müssen. Darüber hinaus sind sie schwieriger zu überwachen.

Wenn die britische Regierung ihre Pläne umsetzt, könnten auch andere Staaten dem Beispiel folgen. Die flächendeckende Überwachung könnte durchaus dazu führen, dass Menschen sich vom Internet, wie wir es zurzeit kennen, abwenden und verstärkt nach alternativen Kommunikationsmodellen suchen. Die, denen die Überwachung eigentlich gelten sollte, tun das schon seit längerem.