Es kommt mal wieder zu Reibereien zwischen Brüssel und Luxemburg – diesmal muss Wirtschaftsminister Etienne Schneider (LSAP) die Samthandschuhe ausziehen. Hatte sich Finanzminister Pierre Gramegna (DP) im vergangenen März offen mit dem EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Pierre Moscovici angelegt, war Schneider jüngst mindestens genauso angriffslustig. Nachdem die EU-Kommission grünes Licht für die Übernahme des italienischen Stahlwerks Ilva durch ArcelorMittal signalisiert hatte – und später auch gab – zeigte sich der Stahlkonzern bereit, im Gegenzug einige seiner Werke in Europa zu verkaufen, darunter das Galvanisierungswerk in Düdelingen. Schneider ging unter anderem mit Rückendeckung seines Parteikollegen Dan Biancalana auf die Barrikaden und wehrte sich gegen das Vorhaben. Am Ende half es jedoch nichts.
Die Kommission beharrt auf dem EU-Wettbewerbsrecht und hat den Ball ganz einfach an ArcelorMittal zurückgespielt. Somit entscheidet nicht die Kommission, sondern letztlich der Stahlriese, welche Werke er schließt und wo sich ein neuer Abnehmer findet. Dass Schneider sich für die Arbeitnehmer und den Wirtschaftsstandort Luxemburg einsetzt, ist nicht verwerflich. Ganz im Gegenteil. Den Einschlag in Luxemburgs Stahltradition hinzunehmen, wäre wohl die definitive Bankrotterklärung für einen Sozialisten. Subtiler wurde es allerdings, als Schneider die Geschichte anfangs so verkaufte, dass die EU-Kommission ArcelorMittal quasi dazu gezwungen hätte, spezifisch das Düdelinger Werk abzustoßen. Was natürlich Unfug ist und als nicht anderes als Populismus bezeichnet werden kann. Amüsanter war hingegen Schneiders Aufruf an den CSV-Fraktionschef Claude Wiseler, er solle ihn bei seinen Vorhaben unterstützen und seinen Parteikollegen Jean-Claude Juncker im fernen Brüssel mobilisieren.
Der EU-Kommissionspräsident mag zwar jüngst nur so vom Kapitalismuskritiker Karl Marx geschwärmt haben, allerdings zeigt auch diese Episode des «Mir géint Bréissel», weswegen der bevorstehende Wahlkampf meilenweit an den Realitäten der hiesigen Probleme vorbeizielt. Man sollte sich die Mühe sparen, um Brüssel für eine in Luxemburg längst Realität gewordene Entwicklung zu verteufeln: Die gnadenlose, globalisierte Wirtschaftsordnung macht auch vor dem kleinen Großherzogtum keinen Halt. Da hilft kein Betteln beim «letzten Kommunisten» Juncker, der seine «Luxembourg first»-Kappe seit dem letzten Regierungswechsel an den Nagel gehängt hat. Und da hilft auch nicht die x-te Diskussion über «qualitatives» oder «nachhaltiges» Wachstum, das die Politik nur noch begrenzt von Luxemburg aus beeinflussen kann.
Der luxemburgische Philosoph Norbert Campagna bringt diese Schizophrenie der luxemburgischen Politik auf den Punkt, wenn er darauf hinweist, dass ein vernünftiger Politiker im Fall ArcelorMittal – unabhängig von seiner Parteikarte – der Öffentlichkeit eigentlich sagen müsste: «Ech kann näischt maachen». Stattdessen wird Aktionismus vorgetäuscht, der am Ende auf Lobby-Arbeit mit unbekanntem Ausgang hinausläuft. Und ganz nebenbei: Ist es nicht Luxemburg, das in Finanzfragen nach dem «Level Playing Field» (gleiche Regeln für alle) ruft, sich aber im Wirtschaftsdossier ArcelorMittal gegen eine Instanz wehrt, die den hemmungslosen Wettbewerb durch Regulierung in Grenzen zu halten versucht?
Die EU Kommision( Parlament) entscheidet in diesem Fall und wird in Zukunft immer stärker tun. Die Experten wissen was gut für uns ist. Mehr Europa ist doch das offizielle Credo, warum lamentieren denn jetzt alle.
"Ech kann naischt maachen." Stehen wir Bürger auf ,wehren uns gegen die Bevormundungspolitik aus Brüssel. Fordern wir das Soziale Europa ein, das man uns ,bei jeder Gelegenheit anpreist. Galvalange ist bestes Beispiel, wie ein gut funktionierendes Werk , durch unsinnige EU Bestimmungen , regelrecht " d'Baach erof gekeiert kann gin". Der falsche Käufer und jahrelange Aufbauarbeit ist dahin.