Ein Nationalstaat ist ein heterogenes Gefüge, zusammengesetzt aus Regionen mit unterschiedlicher wirtschaftlicher, soziologischer, sozialer, kultureller Identität. Die Unterschiede sollten allerdings, besonders auf sozialer Ebene, nicht zu groß werden.
Sie sind es aber in Luxemburg, wie das statistische Amt Statec unlängst im Auftrag des Innenministeriums herausfand und in einem sozio-ökonomischen Index festhielt. Als Parameter zur ersten wissenschaftlichen Erfassung von bisher nur gefühlten Unterschieden zwischen reichen und armen Gemeinden wurden der mediane Lohn der Bürger in den Gemeinden, die Zahl der RMG-Empfänger, die Arbeitslosenquote, die Zahl jener Bürger, die einer schlecht bezahlten Arbeit nachgehen, und die Anzahl von Alleinerziehern angewandt.
Bestätigte Vorurteile
Die Vorurteile bestätigten sich: So leben in den Gemeinden des Landes, die bei dem sozio-ökonomischen Index am besten abschneiden, allen voran Weiler-la-Tour, Garnich, Kehlen, Reckingen/Mess und Niederanven, Menschen, deren Einkommen doppelt so hoch ist wie das in den Gemeinden, die am schwächsten abschneiden und die da Wiltz, Esch/Alzette, Differdingen, Ettelbrück und Vianden heißen.
Der Anteil der RMG-Bezieher ist in den benachteiligten Gemeinden wenigstens 15-mal so hoch wie in den bevorzugten Kommunen.
Die Ursachen dieser Disparität sind zum einen historischer Natur, zum anderen durch die unterschiedlichen Grundstücks- und Mietpreise bedingt. Bislang war es denn auch so, dass diese Unterschiede eher tendenziell wuchsen, wie Statec feststellte, und das besonders stark seit Krisenbeginn im Jahr 2008.
Die statistische Behörde machte «une spirale défavorable» aus, und es scheint nur logisch, dass dem politisch entgegenzuwirken war.
Dies geschah denn auch jetzt ansatzweise durch die Reform des Gemeindefinanzierungsgesetzes.
1,6 Milliarden Euro vom Staat
Die rund 1,6 Milliarden, die vom Staat jährlich an die Gemeinden überwiesen werden, werden aufgrund der 2016 reformierten Regeln nach einem neuen, jährlich dem aktuellen Zahlenmaterial angepassten Schlüssel verteilt, der neben traditionellen Kriterien wie der Einwohnerzahl auch soziale und landesweit greifende solidarische Anstrengungen, wie die Anzahl der Sozialwohnungen, berücksichtigt und eben auch den neuen sozio-ökonomischen Index.
Dieser fließt nunmehr zu zehn Prozent in die Berechnungen zur Geldverteilung ein und bringt damit manchen sozial benachteiligten Gemeinden bis zu 30 Prozent zusätzlicher Gelder vom Staat; mehrere Millionen Euro also pro Jahr, die z.B. auch in bislang fehlende Einrichtungen investiert werden können, die wiederum mit öffentlichen Subsidien bezuschusst werden. Damit steigt demnach die Lebensqualität und die aufgrund keinerlei objektiver Gründe bestehenden Ungleichheiten werden kleiner.
Wie Innenminister Kersch vergangene Woche forderte, sollten sich denn auch andere Ministerien bei der Vergabe von Subsidien an sozio-ökonomischen Kriterien orientieren. Dies sei eine konsequente Fortführung der Reform der kommunalen Finanzierung.
Die Logik des Kersch’schen Gedankenganges leuchtet ein.
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