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Die Whistleblower-Debatte: Wer wäscht weißer?

Die Whistleblower-Debatte: Wer wäscht weißer?
(Tageblatt/Alain Rischard)

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Für die einen sind sie die Ritter in Weiß, für andere hinterhältige Verräter: die Whistleblower. Ist die Veröffentlichung von streng geheimen Daten angebracht? Ein Denkanstoß.

Sollen Einzelpersonen über Missstände in einem Unternehmen oder in einer staatlichen Einrichtung mit ihren Kenntnissen an die Öffentlichkeit gehen? Sind Whistleblower notwendig? Wer von Unregelmäßigkeiten Wind bekommt, sollte diese Informationen weiterleiten, dafür jedoch den „legalen“ Weg wählen. Der Staat sollte ihm entsprechende Anlaufstellen bereitstellen.

Aber: Nur wenn dem Insider garantiert wird, dass er keine persönlichen Nachteile zu befürchten hat, wird er sein Wissen an staatliche Organe weiterleiten.
An diese öffentlichen Stellen anschließend rechtliche Schritte zu unternehmen, um etwaige Missstände, Gesetzesverstöße in Unternehmen zu untersuchen und notfalls zu ahnen.
Ob es einem Staat jemals gelingen wird, von LuxLeaks oder jetzt von „Panama Papers“ ans Tageslicht geförderte Tatbestände aufzudecken, ist fraglich. Auch der beste Staat kann nicht überall Spürhunde haben. Das wäre ohnehin nicht wünschenswert.

Prozess gegen Antoine Deltour

Wird eine staatliche Stelle über Unregelmäßigkeiten informiert, kann die Justiz jedoch nur eingreifen, wenn ein Gesetzesverstoß vorliegt. Handelt ein Unternehmen unmoralisch, schert das den Staat nicht. Es sei denn, die Politik muss mit einem erheblichen Imageschaden rechnen. Sie würde dann zu einer entsprechenden Gesetzesänderung gezwungen.
Diese Fragen sind in Luxemburg noch keineswegs erschöpfend geklärt. Bewegung könnte der anstehende Prozess gegen Antoine Deltour bringen.

Warum tragen Mitarbeiter eines Unternehmens Interna nach draußen? Das können Rachegefühle sein, weil sie sich ungerecht behandelt fühlen, oder aber sie handeln, weil das Gesehene gegen ihre eigenen moralischen Prinzipien verstößt. Nicht ausgeschlossen sind auch erhoffte materielle Vorteile, wie das u.a. bei den sogenannten Steuer-CDs der Fall war.
Wissen ist Macht, sagte bereits der alte Francis Bacon. Das gilt umso mehr bei Insiderwissen. Das kann und wird dazu missbraucht, um der Konkurrenz zu schaden, missliebige Politiker zu diskreditieren. Das ist auch bei den „Panama Papers“ der Fall. Die ersten Meldungen über den neuen Daten„Leak“ stellten vor allem Präsident Wladimir Putin in den Mittelpunkt des Mediensturms. Dabei war nicht er direkt in Offshore-Geschäfte impliziert, sondern sein Freundeskreis.

Kollateralschäden durch Leaks

Kollateralschäden bewirken können Informationen von Whistleblowern, wenn nicht direkt betroffene Länder in den Enthüllungsstrudel geraten, weil sie bereits zu einem früheren Zeitpunkt in ähnliche Affären verwickelt waren.
Bliebe noch die Frage, ob die schmutzige Wäsche nicht intern gewaschen werden sollte, also jedes Unternehmen seine eigene Kontrolltruppe unterhalten müsste, um Unregelmäßigkeiten aufzudecken. Möglich wäre das sicherlich. Ob der oder die Betroffene jedoch wirklich autonom handeln könnte, ist fraglich. In einer öffentlichen Einrichtung ginge das wohl, aber im Privatunternehmen, das seinen Kontrolleur noch selbst bezahlen muss?