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Die Hintertür

Die Hintertür
(Alain Rischard/editpress)

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Wie kann die Regierung für CETA und gegen TTIP sein?

Nach intensivem Protest hat die luxemburgische Regierung ihre Pro-TTIP-Haltung mittlerweile aufgegeben und reiht sich damit in einen allgemeinen europäischen Sinneswandel ein.

Die privat geführten Sondergerichte, die finanzielle Strafen aufgrund veränderter politischer Rahmenbedingungen gegen einen Staat oder eine Region verhängen können, wenn diese Bedingungen die Gewinnerwartungen von Unternehmen bremsen, waren dabei wohl eines der ausschlaggebenden Elemente.

Mehr noch als die Diskussion über eine Angleichung der Farbe von Blinkern oder die Warnungen auf den Rückspiegeln (den US-Bürgern wird auf jedem Spiegel erklärt, dass Objekte im Spiegel näher sein können, als sie erscheinen) oder Umwelt- und Lebensmittelstandards (Diskussionen über Sinn oder Unsinn einer Chlor-Behandlung von Hühnchen) beeinflusste die Vorstellung einer politischen Entwicklungsbremse via den sogenannten Investitionsschutz wohl die mit einer breiten Protestfront gegen das transatlantische Abkommen konfrontierte Politikerkaste.

TTIP, dessen wirtschaftlicher Nutzen ohnehin nicht von überwältigendem Ausmaß gewesen wäre, ist spätestens seit den von Greenpeace veröffentlichten Verhandlungstexten vom politischen Tisch und Luxemburg, das in transatlantischen Handelsfragen zugegeben nicht der wichtigste Player ist, hat, wie zahlreiche europäische Staaten, die Kurve gekriegt.

Aus einem eher positiv eingestellten DP-Staatsminister wurde ein TTIP-kritischer Zeitgenosse. Umso erstaunlicher war die Tatsache, dass der für den Außenhandel zuständige LSAP-Außenminister Jean Asselborn unlängst das Abkommen mit Kanada lobte und als positiv für Luxemburg darstellte. Dabei ist auch in CETA der Investorenschutz festgeschrieben und sogar wenn die entsprechenden Schiedsgerichte nun eine neue Bezeichnung erhielten, täuscht dieser semantische Trick kaum darüber hinweg, dass die Problematik die gleiche bleibt.

Bereits jetzt haben viele US-amerikanische Unternehmen Filialen in ihrem nördlichen Nachbarstaat. Im Fall einer Ratifizierung von CETA könnten sie den transatlantischen Handel recht einfach von Kanada aus betreiben, die TTIP-Regeln würden so über den kanadischen Umweg dennoch Realität.

Dies sieht Asselborn allerdings anders und ohne dies argumentativ auszuführen, behauptete er, diese Hintertür gebe es nicht. Damit rief er denn auch prompt die Stop-TTIP-Plattform auf den Plan, die eigenen Aussagen zufolge 60 bis 80 Prozent der Bevölkerung hinter sich weiß.

In der Tat sind in der Plattform so mitgliederstarke Organisationen wie OGBL, „Mouvement écologique“, „Union luxembourgeoise des consommateurs“, CGFP usw. vertreten, die ihre Ablehnung der intransparent ausgehandelten transatlantischen Freihandelsabkommen bereits überdeutlich mit mehreren Demonstrationen bekräftigten.

Die Regierung und ihr beliebtester Politiker sollten diesen Widerstand ernst nehmen: Auch wenn sich Luxemburg in der Frage bescheiden im Hintergrund halten möchte, könnte das wallonische Beispiel (Walloniens Parlament hat als Erstes CETA abgelehnt) nachahmenswert sein.