Er ist Leadsänger einer der berühmtesten Bands der Welt. Warum braucht Rolling Stone Mick Jagger noch eine neue Gruppe? Die Frage drängte sich auf, als der 68-Jährige vor Monaten bekanntgab, er habe eine neue Band namens Superheavy. Mit dabei unter anderem Soulsängerin Joss Stone, Bob Marleys Sohn Damian, Eurythmics-Gründer Dave Stewart und der Komponist der Filmmusik zu «Slumdog Millionär», A.R. Rahman. Waren ihm Keith Richards, Ron Wood und Charlie Watts etwa nicht genug? Die Platte, die am 16. September erscheint, gibt jetzt die Antwort.
«Es war einfach mal was vollkommen anderes», sagt Jagger, und trifft es damit ziemlich gut: Die Platte, die ebenfalls «Superheavy» heißt, vereint Reggae, indische Klänge, Soul und englische Balladen-Tradition manchmal in einem einzigen Song. «Das ist immer schwer, zu sagen, aber ich glaube, ich habe so eine Platte noch nicht gehört», meint Jagger. «In der Musik wiederholt sich natürlich alles. Aber ich kann mich nicht erinnern, dass es sowas schon mal gegeben hat.»
Neue Herausforderungen gesucht
Der Stil- und Genremix und auch das unterschiedliche Alter der Beteiligten war für Jagger der Reiz an dem Projekt, berichtet er mit ausholenden Gesten. Fast hat der zum Rockrebell stilisierte ältere Herr etwas von einem Gentleman. Freundlich ist er und höflich. Gekleidet ist er in graue Jeans und Nadelstreifen-Sakko – dazu Ringelsocken und knallrote Sportschuhe. Manchmal sagt er Dinge, die ihm selber vermutlich ganz normal erscheinen, seine Zuhörer aber ehrfürchtig nach Luft schnappen lassen, zum Beispiel: «Ich kannte Bob (Marley) ziemlich gut.»
Wie kam es zur neuen Band? Dave Stewart sei auf ihn zugekommen und zusammen hätten sie die anderen Musiker mit ins Boot geholt. Sämtliche Songs entstanden innerhalb weniger Tage bei offenen Sessions im Studio – jeder habe seinen ganz persönlichen Teil dazu beigetragen. Was kam von ihm? «Die fiese Stimme», sagt er und grinst breit. Und genau, wie man es sich vorstellt, verzieht sich dabei sein ganzes Gesicht in ein einziges Faltenmeer. Sein berühmter, ziemlich großer Mund hat immer noch die charakteristischen vollen Lippen.
Singen auf Sanskrit
Tatsächlich ist es Jaggers Stimme, die in vielen der Songs heraus sticht und in mancher Art und Weise so auch noch nie zu hören war. Zum Beispiel, wenn er in Sanskrit singt, berichtet er. «Ich musste erst mal fragen: Was singe ich da überhaupt?» Hat er sich durch all das Neue und die jungen Kollegen jünger gefühlt? «Nein, leider nicht. Ich wünschte, das wäre der Fall.»
Der Name Superheavy übrigens bezieht sich keineswegs auf einen Musikstil, betont Jagger. Damian Marley habe im Studio öfter über US-Boxlegende Muhammad Ali gesprochen, den ultimativen Superschwergewichtschampion. Daraus habe sich eine Art Bandslogan entwickelt. Ob dabei auch an das musikalische Schwergewicht von Jagger und Co. gedacht wurde, bleibt eine Ahnung.
Superheavys Zukunft – offen
Wie es mit Superheavy weitergeht, weiß Jagger jetzt noch nicht. Vielleicht war das Ganze auch nur eine einmalige Aktion, meint er. Eine Tour, die womöglich mit den von Fans heiß ersehnten Auftritten der Rolling Stones kollidieren könnte, ist derzeit nicht geplant. Aber ausschließen will er nichts: «Ich will erst mal abwarten, ob es den Leuten gefällt. Ich werde aber nicht versuchen, es durchzuboxen.»
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