Michael Jackson könnte nach Einschätzung eines Herzspezialisten noch am Leben sein, wenn der Leibarzt des Sängers sofort die richtigen Maßnahmen ergriffen hätte. Der Kardiologe Alon Steinberg warf dem wegen fahrlässiger Tötung angeklagten Kollegen Conrad Murray am Mittwoch schwere Fehler und «grobe Vernachlässigung» seiner ärztlichen Pflichten vor. Als Zeuge für die Staatsanwaltschaft hatte Steinberg in der dritten Prozesswoche in Los Angeles vor Gericht ausgesagt.
Murray habe es unter anderem versäumt, sofort den Notarzt zu alarmieren, als er Jackson bewusstlos im Bett fand. Er habe die Wiederbelebungsversuche verpatzt und später im Krankenhaus den Notärzten wichtige Informationen vorenthalten, kritisierte Steinberg Jacksons Arzt.
Kehrwende der Verteidigung
Die Verteidigung überraschte am Mittwoch mit einer Kehrtwende: Murrays Anwälte vertraten bisher die Theorie, dass Jackson zum Einschlafen möglicherweise das Narkosemittel Propofol heimlich schluckte, als sein Arzt kurz das Zimmer verlassen hatte. Nun räumte Murrays Verteidiger Michael Flanagan ein, dass die Einnahme von Propofol durch den Mund nach wissenschaftlichen Studien vermutlich nicht zum Tode führen würde. Das Narkosemittel wird Patienten vor Operationen normalerweise direkt in die Vene geleitet.
Welche Strategie die Verteidiger nun einschlagen werden, blieb zunächst unklar. Sie könnten argumentieren, dass Jackson sich selbst Propofol spritzte oder dass er zu anderen Tabletten griff, die den plötzlichen Tod herbeiführten.
Jackson war am 25. Juni 2009 nach dem Befund der Gerichtsmediziner an einer Überdosis Propofol im Mix mit anderen Beruhigungsmitteln gestorben. Laut Anklage gab Murray versehentlich die tödliche Dosis. Der Arzt sagte zuvor im Polizeiverhör, er habe Jackson nur eine kleine Menge gespritzt. Im Falle eines Schuldspruchs drohen dem 58 Jahre alten Herzspezialisten bis zu vier Jahre Haft.
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