Am 5. Juni 2007 habe die inzwischen im Ergo-Konzern aufgegangene Versicherung die traditionsreichen Gellert-Therme in Budapest in ein Freiluftbordell verwandelt, berichtete das «Handelsblatt» am Donnerstag unter Berufung auf mehrere Teilnehmer. Eine Sprecherin der Ergo-Gruppe bestätigte auf dpa-Anfrage, dass an jenem Abend während einer sogenannten «Incentive»-Reise etwa 20 Prostituierte anwesend gewesen seien. Details wollte sie nicht nennen.
Teilnehmer hatten von 100 Frauen berichtet. Derzeit werde recherchiert, ob es noch weitere solcher «Veranstaltungen» gegeben habe. Der Bund der Versicherten forderte umfassende Aufklärung vom Ergo-Konzernvorstand. «Das ist einfach dreist und verantwortungslos», sagte der Justiziar des Bundes, Hajo Köster, am Donnerstag der dpa.
Überflüssige Ausgaben dürften nicht auf dem Rücken der Versicherten ausgetragen werden. Die Sexparty stehe im krassen Widerspruch zum Saubermann-Image der langjährigen Werbefigur «Herr Kaiser» der Hamburg-Mannheimer. «Das ist ein massiver Imageschaden», betonte Köster auch mit Blick die laufende Marken- und Imagekampagne von Ergo, für die der Versicherer Millionen ausgibt.
NRW-Emanzipationsministerin Barbara Steffens (Grüne) kritisierte die Reise, die sich auf «unterstem Herrenclub-Niveau» bewege. «Eines ist klar: Mit einer Frauenquote im Vorstand wäre dem Unternehmen eine solche Peinlichkeit nicht passiert», sagte sie «Handelsblatt online».
«Sex-Sause entsprach nicht den Richtlinien des Unternehmens»
Die Ergo bedauere den Vorfall, der «einen gravierenden Verstoß gegen geltende Richtlinien des Unternehmens» darstelle, sagte die Sprecherin. Arbeitsrechtliche Konsequenzen müssen die Teilnehmer offenbar dennoch nicht befürchten, denn es handele sich bei ihnen um selbstständige Handelsvertreter.
Die verantwortliche Führungskraft und das verantwortliche Vorstandsmitglied seien «für uns nicht mehr tätig», so die Sprecherin. Sie seien aber nicht wegen der Sex-Party in Budapest gekündigt worden: «Die sind gegangen, bevor die Vorwürfe bekannt waren.»
Keine Angaben über die Kosten der Orgie
Wie viel die Vertreter-Bespaßung gekostet hat, wollte Ergo nicht mitteilen. Jeder Teilnehmer habe aber später 3000 Euro als geldwerten Vorteil versteuern müssen. Der aktuelle Verhaltenskodex der Ergo-Gruppe mit verschärften Regeln sei erst ein Jahr später in Kraft getreten.
Das Ausmaß der Vergnügungsreise nach Budapest sei vor einem Monat auf der Hauptversammlung der Münchner Rück durch die gezielte Frage eines Aktionärs öffentlich bekanntgeworden, teilte die Ergo-Sprecherin mit – die Ergo gehört dem weltgrößten Rückversicherer.
«Dann kamen die Damen und zeigten uns, was sie hatten»
Das «Handelsblatt» beruft sich auch auf eidesstattliche Versicherungen mehrerer Teilnehmer der Orgie: So sei das Fotografieren und Filmen bei Strafe verboten worden. «Dann kamen die Damen und zeigten uns, was sie hatten. Allen Beteiligten war klar, dass es sich um Prostituierte handelte.»
Den Teilnehmern zufolge sei alles bestens organisiert gewesen: «Die Damen trugen rote und gelbe Bändchen. Die einen waren als Hostessen anwesend, die anderen würden sämtliche Wünsche erfüllen. Es gab auch Damen mit weißen Bändchen. Die waren aber reserviert für die Vorstände und die allerbesten Vertriebler.»
Damen wurden zur Erinnerung abgestempelt
Neben den historischen Quellen seien Himmelbetten aufgestellt und mit Tüchern verhängt gewesen. «Jeder konnte mit einer der Damen auf eines der Betten gehen und tun was er wollte», habe ein Teilnehmer erklärt. «Die Damen wurden nach jedem solcher Treffen mit einem Stempel auf ihrem Unterarm abgestempelt. So wurde festgehalten, welche Dame wie oft frequentiert wurde», zitiert die Zeitung.
Das Mitgliedsmagazin des Strukturvertriebs der Hamburg Mannheimer International (HMI), «Profil», habe später von der Veranstaltung geschwärmt: «Sachen gibt’s, die sind so abgefahren, so sagenhaft und unbeschreiblich, dass es sie beinahe gar nicht geben dürfte. Unglaublich, was man in der HMI wirklich erleben kann. Aus welchem Blickwinkel auch immer man diese Mega-Fete betrachtete, ein Mordsspaß war es auf alle Fälle.»
Die Budapester Heilbäder-Gesellschaft, die das Gellert-Bad betreibt, erklärte am Donnerstag der ungarischen Internet-Zeitung index.hu, dass man nichts von der Sex-Orgie gewusst habe. Wenn das Gellert-Bad für private Partys vermietet werde, müsse sich der Mieter vertraglich verpflichten, dass dabei keine Drogen konsumiert werden und keine «Tätigkeiten stattfinden, die den öffentlichen Anstand verletzen».
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