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Der Grimassen-König wird 85

Der Grimassen-König wird 85
(dpa)

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Mit dem komischsten Gummi-Gesicht der Welt machte er Karriere: Jerry Lewis war sich für billigen Slapstick nie zu schade. Wie bei seinem großen Vorbild Charlie Chaplin sind seine Figuren jedoch auch immer zutiefst menschlich.

Als Jerry Lewis noch der kleine Joseph Levitch war, saß er immer in der ersten Reihe. Papa Danny Levitch, ein Nachtclub-Sänger, brachte mit seinem komischen Talent auf der Bühne den Saal zum Kochen. Sein Sohn, der nach eigener Aussage mit «Schminke im Blut» aufwuchs, wurde sofort süchtig nach Applaus. Das war eindeutig aufregender als zur Schule zu gehen. Bereits mit 18 begann er als Alleinunterhalter durch die Clubs zu tingeln. Gestoppt hat ihn bisher niemand. Der amerikanische Grimassen-König feiert am Mittwoch (16. März) seinen 85. Geburtstag.

Dass er überhaupt so alt wurde, grenzt an ein Wunder. Lewis hatte schon Prostatakrebs, eine Magenblutung, einen Herzinfarkt, eine Wirbelsäulenfraktur und eine schwere Lungenkrankheit. Jahrzehntelang war er tablettensüchtig und 1982 für 17 Sekunden klinisch tot.

Perfektes Duo

Seine Karriere startete er 1945, als er den neun Jahre älteren italo-amerikanischen Schnulzensänger Paul Dino Crocetti kennenlernte – der sich Dean Martin nannte. Sie waren das perfekte Duo: Der gut aussehende Martin in der Rolle des seriösen Charmeurs, Lewis als blödelnder Kindskopf und tollpatschiger Clown. Die Show der beiden schlug dermaßen ein, dass sie schon vier Jahre später sieben Auftritte am Tag hatten und 300.000 Dollar in der Woche verdienten.

In der ersten Hälfte der 50er Jahre waren Martin & Lewis damit das unschlagbare Komiker-Duo. «Sie waren wie Rockstars, bevor es Rockstars gab», schrieb die «New York Times» einmal. Und landeten damit im Olymp des Unterhaltungsgeschäfts: Von Charlie Chaplin holte sich Lewis Tipps für das Schneiden seiner Filme, und der alternde Stan Laurel erzählte ihm viele Abende lang von seinen Frauengeschichten.

Starke Spannungen

Doch mit der Zeit kränkte es Martin, dass er immer nur der Stichwortgeber für die Witze des anderen war. «Er wusste, dass er mehr Talent besaß, als nur neben mir zu stehen», erklärte Lewis im Rückblick. Am Ende wurden die Spannungen so stark, dass Lewis 1956 vorschlug, im Guten getrennte Wege zu gehen. Böse Worte gab es trotzdem, die zum völligen Bruch führten. Daraufhin sprachen sie 20 Jahre lang kein Wort mehr miteinander.

Doch auch solo blieb Lewis der König. Er drehte Kassenknüller wie «Der Regimentstrottel», «Geisha Boy», «Hallo, Page» und «Geld spielt keine Rolle». Als Höhepunkt seiner Blödelkunst gilt heute «Der verrückte Professor» von 1963, der 33 Jahre später mit Eddie Murphy neu verfilmt wurde. Als das Kinopublikum den Geschmack an den Kalauern verlor, versuchte er sich mit großem Erfolg auch in dramatischen Rollen. In Martin Scorseses «King of Comedy» (1981) spielte er an der Seite von Robert De Niro einen berühmten Showmaster. Lewis› zurückhaltende, subtile Darstellung des illusionslosen professionellen Komikers, der privat muffig und arrogant ist, wurde sehr gelobt.

Im Rückblick ist Lewis heute besonders stolz auf seine Nominierung für den Friedensnobelpreis 1977: Damit wurde sein Engagement für Muskelkranke gewürdigt. Für sie hat er im Laufe der Jahre die unglaubliche Summe von zwei Milliarden Dollar gesammelt. Aber über den Tod seines Freundes Dean Martin 1995 ist Lewis immer noch nicht hinweg. «Der Hurensohn! Er hätte mich mitnehmen sollen. Egal, was uns dort oben erwartet», sagte er.