Werden uns beim Nachschub für E-Autos die Haare zu Berge stehen, fragt Marc Schonckert.
Bisher hatten wir als Autofahrer die Verbrauchsangaben von Benzin oder Diesel, welche die Konstrukteure für ihre Modelle angaben. Man bezifferte den Verbrauch in Litern pro 100 Kilometer und daraus schlussfolgerten eifrige Köpfe auf die Distanz, die man mit einem vollen Tank zurücklegen konnte. Die Angaben der Hersteller sind in der Praxis leider nicht zu erreichen. Das kann man leicht nachvollziehen, wenn man sie mit den selbst erfahrenen Werten vergleicht. Nimmt man den Benzin- oder Dieselpreis für eine Tankfüllung und verrechnet den auf die damit zurückgelegte Strecke, erhält man einen Kilometerpreis. An der Tankstelle gibt’s eine Rechnung, da hat man alles schwarz auf weiß.
Speicherkapazität
Eigentlich sind E-Autos und Benziner/Diesel gar nicht so weit auseinander, was die Leistungsangaben betrifft. Bei beiden wird die Leistung in kW angegeben (zusätzlich zu dem PS-Sprachgebrauch), der Verbrauch in kWh oder Litern jeweils pro 100 km. Bei einem Benziner oder Diesel kennt man Tankvolumen, Leistung, Verbrauch und demnach Reichweite. Bei E-Autos erhält man ebenfalls Angaben zu Leistung (kW), Verbrauch (kW/100 km) und Reichweite. Nur bei der Reichweite herrschen unterschiedliche Optiken. Beim Benziner/Diesel redet man so gut wie gar nicht von Reichweite, man kennt den Verbrauch und das Tankvolumen und steuert eine Tankstelle an, wenn sich die Treibstoffanzeige dem Null-Punkt nähert. Bei Strom ist es anders: Erstens gibt es weniger Ladestellen, zweitens dauert der Ladevorgang erheblich länger. Hier ist also ein Umdenken des Besitzers erfordert.
Kostenübersicht
Nun fragt sich der Normalverbraucher eines E-Mobils: Wie viel habe ich eigentlich in der Batterie und was kostet mich eine Füllung? Wer zu Hause lädt, kann sehr wohl die Verbrauchsangaben seines Stromzählers im Keller vor und nach dem Laden vergleichen, falls er sich nach sechs bis acht Stunden Ladezeit überhaupt noch daran erinnert. In der Zwischenzeit waren im Haushalt die Geschirrspülmaschine, der Fernseher, die Hifi-Anlage, der Computer oder der Staubsauger, vielleicht auch die Gartenbeleuchtung oder die Bohrmaschine im Hobbykeller in Betrieb gewesen.
Da soll doch mal einer rausfinden, wie viel Strom nun einzig und allein in den Speicher des Autos geflossen ist. Vielleicht bemerkt man in naher Zukunft immer mehr Häuser, in denen ab einer gewissen Uhrzeit die Lichter ausgehen und abends alle Elektrogeräte vom Netz genommen werden, weil das E-Mobil auflädt, damit sein Besitzer am nächsten Morgen einen Stromverbrauch ablesen kann, der von allen anderen äußeren Einflüssen befreit ist.
Manche wären froh, wenn sie nur wüssten, wie viel eine volle Speicherladung ihres E-Mobils in Euro bedeutet und wie viel sie ein Elektro-Kilometer kostet. Manche Zeitgenossen wären noch glücklicher, wenn ihnen jemand erklären würde, was denn nun eine kWh überhaupt bedeutet, wie viel PS eine kWh ausmacht und wie viel kWh so ein E-Mobil überhaupt verträgt. Und wie groß kann die Speicherkapazität eines E-Mobils denn nun eigentlich sein? Sind die 40 kWh einer Batterie wie beim neuen Nissan Leaf auch gleichbedeutend mit einer Leistung von 40 kWh im Fahrbetrieb?
Unsere Fragen an Torsten Schockmel und Jeff Paulus von Südstroum in Esch
TS/JP: Vorab eine Bemerkung zum Monitoring des Ladevorgangs: Es stimmt, dass man bei den handelsüblichen Ladegeräten für E-Autos keine Daten zu der Anzahl von kWh, die beim Aufladen in der eigenen Garage zu Hause in die Batterie eingespeist wurden, erhält. Wir empfehlen unseren Kunden jedoch, zu Hause eine intelligente Ladesäule zu verwenden, die in dieser Hinsicht die entsprechenden Daten liefert.
Das Aufstellen der „Chargy“-Säulen ist in vollem Gange. Die 800 geplanten Säulen liegen über der Zahl der derzeitigen E-Autos in Luxemburg. Aber das kann und muss sich wohl auch in Zukunft ändern.
Tageblatt: Was ist denn jetzt eine kWh?
TS/JP: Das bedeutet Leistung (kW) mal Zeit (h). Wird die Leistung beispielsweise während zehn Stunden konstant bei 2 kW gehalten, ergibt dies einen Verbrauch von 20 kWh innerhalb dieser zehn Stunden. Bei kWh spricht man auch von Arbeit. 1 kW ist gleich 1.000 Joule/Sekunde. 1 Joule = 1 kg m2/s2. In der Autobranche redet man von kW oder PS. Hier gilt: 1 kW = 1,36 PS.
Wie vergleicht sich eine kWh mit PS oder kW?
kWh ist Leistung mal Dauer, also der Zeitraum, während dem kW (Leistung) genutzt wird. Die Wirkkraft von Elektrizität ist jedoch weitaus höher als diejenige von Benzin oder Diesel. Man sehe nur die Beschleunigungen aus dem Stand eines E-Mobils, das in puncto Drehmomententwicklung konkurrenzlos ist.
Was kostet mich als Normalfahrer eine kWh vom Netz?
Das ist abhängig vom Lieferanten. Generell ist Strom in Luxemburg günstig – zumindest im direkten Vergleich mit dem Ausland ist er hierzulande billiger. So ist er zum Beispiel nur halb so teuer wie in Deutschland. Bei uns (Südstroum) zahlt der Kunde derzeit 12,9 ct/kWh, inklusive MwSt., wenn er sein Auto zu Hause auflädt. Bei den öffentlichen Ladesäulen (Chargy) läuft es wie folgt: Der Kunde benötigt eine Karte von seinem Stromlieferanten, die ihn zum Anzapfen einer öffentlichen Ladesäule berechtigt. Natürlich haben diese einzelnen Lieferanten unterschiedliche Preismodelle. Zum heutigen Tag profitiert der Kunde bei Südstroum noch von äußerst günstigen Preisen. Das wird sich beim Erreichen einer kritischen Masse ändern – wovon wir derzeit aber noch weit entfernt sind. Nach heutigem Stand haben wir nicht mehr E-Fahrzeuge in Luxemburg als Ladesäulen.
Und bis 2025, wenn es laut offizieller Vorstellung 40.000 E-Autos bei uns geben wird oder soll?
Schwer zu glauben, dass es so viele sein werden. Dazu müsste schon vieles passieren. Die Batterieforschung läuft auf Hochtouren, die deutschen Autohersteller knien sich rein und das ist schon mal ein gutes Zeichen – aber 40.000 E-Autos? Da müsste es auch preisliche Ansätze geben, die den Luxemburgern solche Autos schmackhaft machen. Und wenn die einmal da sein sollten, wird man in puncto Verteilungskapazitäten umdenken und sich auf gravierende Engpässe einstellen müssen. Wenn dann alle gleichzeitig ans Netz wollen, gibt’s Ausfälle. Eine Lösung wären intelligente Ladesysteme und Stationen, die erkennen, wann entsprechende Netzkapazitäten gegeben sind, oder Ladesäulen, die so programmiert sind, dass sie ein E-Auto je nach dessen Batteriefüllung mit mehr oder weniger Intensität laden oder dass sie dem Besitzer mitteilen, wann es am günstigsten ist, ans Netz zu gehen.
Natürlich muss auch die Infrastruktur angepasst werden. Wir reden hier nicht von den 800 frei zugänglichen Chargy-Säulen, sondern auch von Lademöglichkeiten zum Beispiel in Parkhäusern oder Tiefgaragen von Wohnblöcken, wo inzwischen mehr Autos parken als in den Garagen von Einzelhäusern. Hier laufen Untersuchungen von allen Beteiligten, wie man so etwas am besten bewerkstelligen kann.
Was ist im Strompreis eingerechnet? Produktion, Transport, Verteilung?
Ja, alles, was verbrauchsabhängig (kWh) ist. Unabhängig vom Verbrauch kommen noch die Fixkosten hinzu. Wer zu Hause auflädt, hat keine zusätzlichen Fixkosten.
Alle reden von Eco-Strom, grünem Strom, Naturstrom, sauberem Strom. Was ist da dran?
Strom-Motoren arbeiten effizienter. Das bringt uns zum Strom aus erneuerbarer Energie. Denn diese Effizienz würde beeinträchtigt, wenn der Strom aus Verfahren in Kohle-, Öl- oder Gaskraftwerken kommt, weil hier wiederum ein Verbrennungsverfahren angewandt wird. Jeder Anbieter von „sauberem“ Strom gibt seinem Produkt einen anderen Namen. Wenn ein Anbieter von sauberem oder von Eco-Strom redet, wenn er mit einem ökologischen Label wirbt, muss das wohl auch stimmen. Denn darüber wachen Kontrollmechanismen des ILR. Das gilt auch für die Produkte Terra oder Terra Invest von Südstroum.
Doch wie sich die einzelnen Produkte eines Anbieters zusammensetzen, das hängt von der jeweiligen Strategie des Stromlieferanten ab. Es wäre sehr aufwendig, jetzt in die Details des hochgradig komplizierten Marktes der erneuerbaren Energien abzuschweifen.
Man behauptet, E-Autos seien keineswegs CO2-neutral. Was sagen Sie dazu?
Das hängt mit der Produktion dieser Autos zusammen. Aber auch mit der Produktion und dem Bau von Windkraft und Fotovoltaikanlagen. Die Stromerzeugung mag CO2-neutral sein, der Bau der Anlage selbst ist es nicht unbedingt. Vom Standpunkt der Umweltfreundlichkeit im reinen Fahrbetrieb gibt es überhaupt keine Diskussion, hier ist das E-Auto nicht zu toppen.
Ist ein E-Auto im Vergleich zu Benzinern und Dieseln im gleichen Segment und bei vergleichbarer Dauer und Kilometerleistung rentabel?
Da der Anschaffungspreis eines E-Autos noch höher ist als der eines vergleichbaren Fahrzeugs mit klassischem Explosionsmotor, stellt sich die Wirtschaftlichkeit erst ab einer bestimmten Kilometerzahl ein. Allerdings liegen dieser Rechnung zahlreiche unterschiedliche, teils länderbedingte Faktoren zugrunde – wie Treibstoffpreise, Versicherungskosten oder Steuern beim Vergleich mit klassischen Automobilen. Sicher ist, dass beispielsweise die Wartungskosten bei E-Autos günstiger ausfallen werden, da hier weniger Teile gewartet werden müssen. Die Tarife hierfür sind in unseren Werkstätten nicht gerade günstig. Auch dies könnte sich positiv auf die Wirtschaftlichkeit und damit auf den Aufschwung von E-Autos auswirken.
Ein Stromzähler fürs E-Auto. So einfach ist das.
Nein, die Haare zu Berge stehen uns nur bei den Artikeln des Herrn Schonckert wo er gegen die Elektroautos stänkert.