Blondes Haar, verführerischer Augenaufschlag und ihre vollen, roten Lippen hauchen «I Wanna Be Loved By You»: Marilyn Monroe. Sie war eine der am meisten fotografierten Frauen des 20. Jahrhunderts und wurde als Sex-Symbol Ikone für ein ganzes Zeitalter. «MM» starb vor 50 Jahren, aber der Mythos Marilyn ist lebendiger denn je. Ihr früher Tod 1962 schuf die Basis. «Andere Stars wurden älter, aber die Monroe blieb das Gesicht, das wir aus ihren Filmen kennen», sagt Peter Schnug, Filmhistoriker aus Düsseldorf.
Der 49 Jahre alte Sammler («Seit meinem zwölften Lebensjahr liebe ich Marilyn») hat ein Archiv aus rund 80 000 Drehbüchern, Fotos, Büchern, persönlichen Dokumenten, privaten Film- und Tonaufnahmen der Schauspielerin zusammengestellt. Mit dem «Marilyn Monroe Information Center» ist Schnug zudem seit 15 Jahren im Internet präsent.
Der amerikanische Traum
«Marilyn verkörperte den amerikanischen Traum und ließ das Märchen vom Aschenputtel wahr werden. Sie kam aus einfachen Verhältnissen, wurde zum Filmstar in Hollywood und damit schon zu Lebzeiten eine Legende», erzählt Schnug. Ihre größte Rolle war die der Marilyn, denn die Flitter-Fee war ein Kunstprodukt, «die reine Maske».
Geboren als Norma Jeane Mortenson (und getauft als «Norma Jean Baker», also mit einem anderen Nachnamen wegen unterschiedlicher Partner ihrer Mutter; und auch der zweite Vorname wurde in verschiedenen Dokumenten anders geschrieben) hat sie Ende der 40er Jahre – damals schon ein erfolgreiches Model – zusammen mit einem Visagisten den «Monroe-Look» entwickelt: den blonden Vamp, naiv und sexy. «Das wurde ihr nicht nur von der Filmgesellschaft übergestülpt, zu drei Vierteln hat sie es selbst getan». Anfangs zumindest, dann kämpfte sie lange gegen das Image vom personifizierten Blondinenwitz.
Biografie wurde Image angepasst
Zum Mythos gehört auch, dass Norma Jeanes Biografie dem Marilyn-Bild angepasst wurde. Für das Image vom blütenreinen Star wurde vertuscht und gelogen. Die psychisch kranke Mutter wurde ebenso verschwiegen wie Marilyns chronisches Frauenleiden Endometriose (Erkrankung der Gebärmutterschleimhaut) – unpassend in der sauberen Glanzwelt Hollywoods, das die Kunstfigur gnadenlos vermarktete.
Bei der Beschreibung ihres Lebens verschwammen Realität und Fiktion immer mehr. Fakt ist: Sie hatte drei Ehemänner, darunter der Dramatiker Arthur Miller («Hexenjagd»). Filme hinterließ sie 32 an der Zahl, darunter «Manche mögen’s heiß» als größter Erfolg.
Verhältnis mit JFK?
Doch angeblich hatte sie auch mehrere prominente Liebhaber. Weltweit die Fantasie beflügeln vor allem langlebige Legenden wie ihr angebliches Verhältnis zum US-Präsidenten John F. Kennedy und dessen Bruder Robert. Sie trugen ebenso zur Mystifizierung bei wie Marilyns früher Tod mit nur 36 Jahren.
Hat sie sich mit Schlaftabletten vergiftet, weil sie den Zwiespalt ihres Lebens nicht mehr ertragen hat? «Als Sex-Symbol hat man eine schwere Last zu tragen. Vor allem wenn man müde, verletzt und enttäuscht ist», klagte sie und schrieb Monate vor ihrem Tod: «Ich wünschte, ich wäre tot – gar nicht vorhanden – fort von hier – von überall.» War es Selbstmord oder wurde sie getötet? Etwa von den Kennedys, weil sie das Verhältnis beenden wollte, oder von der CIA, weil sie das Verhältnis nicht beenden wollte?
«MM» bringt Geld
Der Kontrast vom Leben im Rampenlicht und düsteren Verschwörungstheorien schufen die Basis für eine Popularität, die bis heute ungebrochen ist. Im Laufe der Jahrzehnte sind rund 2000 Biografien, Romane und Bildbände über die Monroe erschienen. Einige wurden verfilmt, zuletzt «My Week with Marilyn». Dazu kommt ein schwunghafter Devotionalienhandel, bei dem neben Fotos und Briefen auch Kleidungsstücke und profane Gegenstände wie Töpfe und Pfannen oder Kassenzettel aus einem Kosmetikladen den Besitzer wechseln. Schnug: «Bei der Monroe kostet jeder Schiet viel Geld.»
So wurde im April ein 70 Jahre altes Schulzeugnis von Norma Jeane im kalifornischen Beverly Hills für 21 250 Dollar (etwa 16 000 Euro) versteigert. Für drei Röntgenbilder aus dem Jahr 1954 zahlten Sammler in Las Vegas im Jahr 2010 rund 45 000 Dollar. 1999 verschuldete sich ein Ehepaar aus der Schweiz, um in New York Sandaletten des Stars für mehr als 34 000 Dollar zu kaufen. «Man erkennt sogar noch Schweißränder darin und ihren Fußabdruck», verrieten sie – ruiniert, aber begeistert.
2011 wechselte für 4,6 Millionen Dollar das weiße Kleid den Besitzer, das die Monroe 1955 in der Komödie «Das verflixte siebte Jahr» von der heißen Luft eines U-Bahn-Schachtes hochflattern ließ. 2009 ersteigerte ein japanischer Bieter im Internet sogar die Grabstelle über ihrer letzten Ruhestätte – Motto der Auktion: «Bis in alle Ewigkeit mit Marilyn Monroe schlafen». Allerdings hatte sich der Käufer dabei – finanziell – übernommen: Er konnte die mehr als 4,6 Millionen Dollar nicht aufbringen.
An ihrem Grab im Westwood Memorial Park bei Los Angeles wollen am 5. August rund 2000 Menschen ihres Idols gedenken. Auch Schnug wird zur Fangemeinde auf dem Friedhof sprechen. «Ihr früher Tod vor 50 Jahren ist das offene Ende ihres Lebens», heißt es in seinem Rede-Manuskript. Und: «Die Legende lebt weiter.»
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