Das Pfeifen der Murmeltiere verrät, dass wir uns der 2.000-Meter-Marke nähern. Nach weiterem Kurbeln am Lenkrad ist die «Départementale 5» schließlich zu Ende, wir befinden uns am Eingang von Saint Véran, der höchstgelegenen Gemeinde Europas, 2.040 Meter über dem Meeresniveau.
Von hier aus lotsen enge Gassen zum alten Dorfkern zu seinen schmuck renovierten Häusern, an deren Fassaden noch so einige Wandsonnenuhren aus der Renaissancezeit zu bewundern sind. Sehenswert sind vor allem die Holzbauten, die sogenannten «Fustes», und die unter Denkmalschutz stehende von zwei steinernen Löwen bewachte Dorfkirche. Aufmerksame Betrachter merken sofort, dass einer der Löwen ein Kind, schützend zwischen seinen Vorderpfoten, birgt.
Neben den gut erhaltenen Architekturerben ist es die verblüffende hier herrschende Ruhe und vor allem die Gastfreundlichkeit der knapp 300 Bewohner, die zum Charme des idyllischen Bergdorfes beitragen und das tägliche Leben von Hirten und Bauern einer längst vergangenen Zeit widerspiegeln. Den Besucher wird es kaum wundern, dass Saint-Véran sich zu den «plus beaux villages de France» zählen darf. Hier, inmitten imposanter «Dreitausender», wo Gämse, Murmeltier und Hase sich, vom Wanderer ungestört, begrüßen, liegt der ideale Ausgangspunkt um die faszinierenden Landschaften und die noch zum Teil unberührte Natur des rund 65.000 Quadratkilometer fassenden Regionalparks des Queyras mit seiner umfangreichen Fauna und Flora zu erkunden.
Rad- und Wanderwege
Der Regionalpark des Queyras, am Fuße des «Mont Viso» in den französischen Hautes-Alpes, zwischen dem «Col Izoard» und Staint-Véran, ist eine außergewöhnliche Bergwelt: Während in den Wintermonaten den Ski- und Schneefreunden keine Wünsche unerfüllt bleiben, schätzen von Frühlingsanfang bis zum Herbst eher Wanderer und Liebhaber diverser Sportarten den Queyras. Bequem kann man hier auf Schusters Rappen etwa 600 Kilometern auf gut markierten Wanderwegen, welche über 28 Dreitausendergipfel führen, marschieren.
Bergwanderungen in den Südalpen des Queyras haben keine echten Schwierigkeitsgrade und sind somit allen Wanderern zugänglich. Eine Herausforderung für Radfahrer sind der mythische Col Izoard mit seinen 2.361 Metern sowie der Col Agnel, der bis zu 2.744 Meter hoch führt, wobei der 3.385 Meter hohe Pic de la Font Sancte am Mont Viso den Höhepunkt dieser beeindruckenden Berglandschaft sein dürfte. Für Montainbike-Freaks stehen 160 Pistenkilometer auf zwölf verschiedenen Rundwegen, wovon sogar acht mit dem Sessellift erreichbar sind, zur Verfügung. Auf dem Guil können Wasserratten sich 14 Kilometer flussabwärts beim rasanten Rafting austoben, während Waghalsige an vier gesicherten „Via Ferratas“ durch die engen Schluchten klettern können.
Wer es gemütlicher und romantischer angehen will, sollte unbedingt eine „Eseltour“ durch die atemberaubendsten Landschaften bis hin zu den schönsten Gipfeln des Queyras mit seinen prächtigen Gebirgsseen unternehmen. Die Expeditionen werden natürlich von einem erfahrenen Bergführer begleitet.
Licht- und Schattenspiele
Hervé kennt jeden Steg und Schleichweg des Queyras. Seit nunmehr 13 Jahren führen seine Wanderungen abwechselnd über Bergwiesen durch schattige Wälder, vorbei an reißenden Bächen, über schmale Trampelpfade bis hin zu den abgelegensten Gipfeln mit den verzauberndsten Bergseen wie zum Beispiel der Lac Miroir. Es versteht sich von selbst, dass bei solch einem Abenteuer die putzigen Esel im Mittelpunkt stehen. Während die Langohrtruppe um Genepi, Baptiste und Co. das Reisegepäck, welches fest in Trägersäcken an ihren Seiten hängen, im Galopp hochtragen und die Bewunderung der Wanderer immer wieder auf sich ziehen, gibt der umtriebige Hervé wichtige Anweisungen und nützliche Tipps für eine unvergessliche Bergwandertour, die je nach Wunsch auch über mehrere Tage mit Übernachtungen im „Freien“ geplant werden können.
Eine Augenweide für jeden Fotografen bietet die imposante Bergwelt des Queyras. Das praktisch im Minutentakt wechselnde Licht- und Schattenspiel von Mutter Natur, die farbenprächtigen Blüten sowie die schimmernden, zum Teil vom Schnee bedeckten Bergspitzen sind kontrastreiche Motive, die Netzhaut und Linse prägen.
Wenn nun bei einem Genepi (regionales Kräuterlikör) ein erlebnisreicher Tag ausklingt, der Mond die engen Gassen der romantischen Bergdörfer sanft erleuchtet, Himmel und funkelnde Sterne zum Greifen nah erscheinen, dann weiß man, dass dies wohl nicht ein letzter Besuch war, in diesem traumhaft schönen Queyras.
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