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Die Furcht vor der Furcht

Die Furcht vor der Furcht
(Tanja Feller)

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Pulsrasen, Schweißausbrüche, gefühlter Kontrollverlust - Paul Thillmann kennt dies nur zu gut. Heute ist er Präsident von Panik.lu, einer Selbsthilfegruppe für Menschen mit Angststörungen.

Mit 23 Jahren wurde Paul Thillmann Opfer einer Panikattacke. Seine Karriere hatte steil angefangen: Mit
17 Jahren war er bereits Vorarbeiter mit dem Glauben, ihn könnte nichts aus der Bahn werfen. Er hat für seinen Erfolg hart gearbeitet, wollte immer besser und schneller sein, bis ihm die Panikattacke einen Strich durch die Rechnung machte. Heute ist er Präsident der Panik.lu asbl.

Paul Thillmann

Pulsrasen, Schweißausbrüche, Schwindelgefühle, weiche Knie sowie das Gefühl, nicht mehr Herr über seinen Willen zu sein, begleiteten Paul Thillmann jahrelang. Er stand vor einem Kontrollverlust, eine regelrechte Odyssee zu den Ärzten begann. Er glaubte, organisch krank zu sein. Von Panikattacken war allerdings noch nicht die Rede. Bis zu dem Zeitpunkt, als ein Psychiater die Diagnose Herzphobie stellte, also die Angst vor dem Sterben durch einen Herzinfarkt.

Medikamente wollte der heute 57-Jährige nicht einnehmen. Die Konfrontationsstrategie sowie Entspannungs- und Atemtechniken haben ihm ermöglicht, seine Panikattacken zu überstehen. Er nahm sich fortan Zeit für sich, musste lernen, seine Angst vor der Angst zu überwinden, indem er sich der Situation einer aufkommenden Panikattacke stellte.
Mithilfe von Autosuggestions-Übungen und Bauchatmungen begann er, Schritt für Schritt wieder Vertrauen in seinen Körper und sich selbst zu gewinnen. Jede überwundene Attacke war ein Schritt aus der Phobie.

Seinen Perfektionismus sowie seine Kontrolle hat er so gut er konnte hinter sich gelassen. „Trotzdem muss man täglich seine Übungen machen. Nur wer regelmäßig übt, kann mit seinen Panikattacken richtig umgehen und sie bekämpfen“, sagt Thillmann.Später stellte ihn das Leben erneut auf die Probe. Er erlitt einen Herzinfarkt. Dank Eigentherapie überstand er diese Phase, in der er sehr anfällig war, in alte Muster zurückzufallen.

Seit er 40 ist, begleitet er Leute mit Panikattacken und versucht ihnen beizustehen. Letztes Jahr wurde die Panik.lu asbl., eine gemeinnützige Organisation für Leute mit Angststörungen, gegründet. „Nicht selten stehen die Betroffenen unwissend vor den Auslösern ihrer Ängste und Panik, sodass der Umgang damit schwierig wird. Auch für Lebenspartner kann die Situation sehr belastend sein. Jemand, der Angst hat, ist sehr auf sich fokussiert“, erklärt Thillmann.

Die Abwärtsspirale

Diese Unsicherheit kann schlussendlich psychosoziale Folgen wie Rückzug und Isolation mit sich bringen. Eine Abwärtsspirale setzt sich in Gang, die zu familiären Konflikten und beruflichen Schwierigkeiten führen kann. Auch verwandte Krankheitsbilder können auftreten. „Angst gehört zum Leben. Sie hat eine notwendige Schutzfunktion und sichert uns damit vor eventuellen Gefahren. Leute, die eine krankhafte Angst entwickeln, sollten aber Hilfe aufsuchen. Das Leben wird unerträglich und die Lebensqualität sinkt deutlich“, fügt er hinzu.

„Sobald Ängste den Alltag dauerhaft dominieren und die Gefühlswelt belasten, ist es Zeit, ihnen auf den Grund zu gehen. Denn Ängste können sich auch verselbstständigen. Wenn jemand sich ohne nachweisbaren Grund vor Personen, Sachen oder Situationen fürchtet, kann dies zu einem störenden und belastbaren Faktor im Alltag werden“, so Thillmann weiter.

„Bei begründeter Furcht verschafft sie uns die nötigen Energien und mobilisiert unsere Kräfte, damit wir die Herausforderung annehmen können. Nach überstandener Gefahr legt sich die Stressphase wieder und Entspannung stellt sich ein. Bei Angstpatienten ist dies nicht der Fall. Es kommt zur Überreaktion, die Gedanken sind nicht mehr unter Kontrolle und die Person verfällt in ein Gedankenkarussell, das schwierig zu stoppen ist. Oftmals kommt es nicht nur zu bedrückenden und einengenden Gefühlen, sondern der Körper reagiert mit den entsprechenden Panikreaktionen. Von Herzrasen, Schwitzen, Atemnot, Übelkeit bis hin zu Kopfschmerzen, Schwindel oder Missempfindungen ist alles dabei“, erklärt Thillmann.

Man spricht von der krankhaften Angst. Auslöser können Hitze, Gerüche, etwas Gehörtes oder etwas Gesehenes sein.
„Angststörungen sind häufig verbunden mit einer leichten Depression, Medikamentenmissbrauch und Abhängigkeit“, sagt Thillmann. „Bei den meisten Menschen dauert es lange, bis die Krankheit Angst diagnostiziert wird.“ Das Wahrnehmungsvermögen verändere sich. Körperliche Reaktionen wie Herzrasen, Erstickungsanfall, Atembeschwerden, Schwindel, weiche Knie, trockener Mund, Tunnelblick, Sehstörungen, Schwitzen und feuchte Hände könnten bei betroffenen Personen aufkommen.

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Ursachen

In der heutigen Gesellschaft mit zunehmendem Leistungsdruck nehmen Angststörungen zu. Die Ursachen für Angststörungen können bedingt sein durch:

• Veranlagung und Erziehung
• Lebensereignisse
• psychische und soziale Belastung
• lange Stressbelastung
• übertriebene körperliche Selbstbeobachtung
• einschneidende Angsterlebnisse
• Suchtmittel
• Lebensführung
• Krankheiten, Stoffwechselstörungen, Verletzungen

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Ausprägungen

Panikattacken kommen meist aus heiterem Himmel. Von einem Moment auf den anderen überfallen sie einen.

Agoraphobie: Der Betroffene, der unter dieser Störung leidet, hat Angst vor Situationen, aus denen er nicht flüchten kann.Im schlimmsten Fall glaubt er, die Kontrolle über sich zu verlieren. Die Situationen und Orte, die diese Ängste hervorrufen, werden zunehmend gemieden. Somit verlagern sich die Ängste auf Orte, die bisher keine Angstgefühle auslösten. So entsteht die Angst vor der Angst.

Soziale Phobie ist eine ausgeprägte Angst vor Situationen, in denen man von anderen Personen beurteilt werden könnte. Meist wird sie unter intensiver Angst oder Unwohlsein ertragen.

Generalisierte Angst: Andauernde innere Unruhe und Anspannung, ständiges Grübeln über mögliche Gefahren oder Unglücksfälle. Die Angst ist ein ständiger Begleiter.

Zwang: Bei der Zwangsstörung fühlen sich die Betroffenen gezwungen, Handlungen und/oder Gedanken häufig zu wiederholen.

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Hilfe für Betroffene

Die Panik.lu asbl. ermöglicht Menschen, die an krankhaften, irrationalen Ängsten leiden, sich zu treffen, um offen mit anderen Betroffenen darüber zu sprechen. „Es sind Menschen, die den Entschluss gefasst haben, etwas gegen diesen Teufelskreis zu tun“, sagt Paul Thillmann. Die Teilnehmer treffen sich wöchentlich in Limpach.
„Es wird dann über die Problematik diskutiert und man bemüht sich, gegenseitige Hilfestellung zu leisten. Die Selbsthilfegruppe kann jedoch keine Therapie ersetzen. Kontakte zu Professionellen zu suchen und zu pflegen, ist uns deshalb besonders wichtig“, ergänzt er.

„Für viele Betroffene sind der Zusammenhalt und das Vertrauen in der Gruppe wichtig, um sich ihren Ängsten zu stellen und damit ihre Lebensqualität verbessern zu können. Mit der Einsicht, dass in der Gruppe Leidensgenossen zu finden sind, bekommen die Gruppenteilnehmer Sicherheit und neue Hoffnung“, so Thillmann weiter. Regelmäßig werden Spaziergänge, Bus- und Bahnfahrten unternommen. „Außerdem werden Entspannungs- sowie Atemtechniken bei uns durchgeführt“, erläutert Paul Thillmann.

Weitere Infos gibt es auf www.panik.lu