Olinger spielt einen Schauspieler, der in seiner Theatergarderobe auf seinen letzten Auftritt wartet und sich so seine Gedanken macht über sein künstlerisches und privates Leben.
Solo für Marc Olinger. Der luxemburgische Autor und Kabarettist Jemp Schuster hat den wehmütigen, aber auch witzigen Text geschrieben, den Olinger ohne Selbstmitleid und mit einer guten Portion Bauchgrummeln variantenreich in Szene setzt. Voll besetzt ist der Zuschauerraum des Merscher Kulturhauses, aber, so sagt es Olingers Bühnenfigur, im Theater wird dann gespielt, wenn eine Person mehr im Zuschauerraum sitzt als Schauspieler auf der Bühne stehen.
Roter Faden: Essen
Ihm ist es egal, er spielt lieber vor wenigen Interessierten als vor großem Publikum, das gelangweilt zuschaut. Früher war das Publikum eh besser. Heute wird gehustet, geraschelt und moderne Eltern bringen sogar ihre kleinen Kinder mit. Im Laufe des Abends kriegt so mancher sein Fett weg, ob es die Zuschauer sind oder die Kritiker, die eh glauben, sie wären die besseren Schauspieler. Mit der richtigen Mischung aus Empörung, dosierter Rage und einer großen Portion Spielwitz stattet Olinger seine Rolle aus und umwickelt seine kritische Bilanz mit Komik, damit sie nicht gar zu harsch klingt.
Da sind die Kulturredaktionen der Zeitungen, die ihren Namen nicht mehr verdienen, die Journalisten, die immer die gleichen langweiligen Fragen stellen, die Sparmaßnahmen an den Theatern, die jungen Regisseure, die das Theater neu erfinden wollen, oder Politiker, die schauspielern, deren Spiel aber nicht, wie beim Theater, der Wahrheit verpflichtet ist. Das Thema Essen zieht sich wie ein roter Faden durch das Stück. «Wir Schauspieler kriegen fast nichts zu essen», sagt der Protagonist traurig. Zwischen Proben und Vorstellung bleibt kaum Zeit und abends nach der Aufführung sind die Restaurants schon geschlossen, «das Land lässt seine Künstler hängen». Über das Motiv des Essens verbindet der Text auf witzige Weise Gedankensprünge. Gedanken macht sich der Protagonist zu unzähligen Aspekten des Schauspielerlebens, sei es zu Film, Theater, der Rolle des Schauspielers oder dem Privatleben. Was hat er sich gewünscht im Berufsleben? Eine Filmrolle oder seine Traumrolle auf der Bühne spielen zu dürfen? Damals vielleicht. Jetzt sieht er den Schauspielerberuf eher als Handwerk, wie ein Schreiner, der einmal Großes bauen wollte, «heute bin ich froh, wenn am Ende der Vorstellung ein Puppenhaus herauskommt».
Applaus
Gott oder den Teufel, so eine Rolle würde er gerne spielen, dann könnte er abrechnen mit den Regisseuren, Kulturministern und neidischen Kollegen. Was kann Theater heute leisten? Früher, so resümiert er, haben Theaterstücke und Opern Skandale ausgelöst, heute bleiben immer mehr Stühle im Theater leer. Wer geht noch für seine Überzeugung auf die Straße?
«Das Volk ist satt und lethargisch, nicht nur auf der Straße, auch im Theater.» Das klingt düster, dennoch haben Jemp Schusters vielschichtiger Text und Marc Olingers engagiertes Spiel für einen vergnüglichen Theaterabend gesorgt. Olinger kann sogar auf der Bühne Krümel spuckend ein Wurstbrot essen, ohne etwas von seinem Charisma zu verlieren. «Applaus ist das Fieberthermometer vom Abend», sagt der Schauspieler auf der Bühne, er zeige, ob das Publikum zufrieden war. «Anstandsapplaus ist das Schlimmste, pfeifen, Bravo rufen oder aufstehen ist ganz rar.» Anstandsapplaus musste Marc Olinger an diesem Abend nicht fürchten.
Zu Demaart
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