Neben freischaffenden Malerinnen und Bildhauerinnen präsentierte die Serie Grafikerinnen, Illustratorinnen, Produkt- und Textildesignerinnen, sowie eine Glasbläserin und eine Goldschmiedin. Allerdings genügen 52 Porträts nicht, um auch nur annähernd alle visuellen Künstlerinnen aus Luxemburg vorzustellen. Es gibt noch viele etablierte Künstlerinnen und Newcomerinnen, die ihren Platz in dieser Serie ebenso verdient hätten. Manche von ihnen wurden von den porträtierten Künstlerinnen empfohlen, wie Aline Bouvy, Su-Mei Tse oder Michèle Lawniczak.
Sexismus auf allen Ebenen
Doch 52 Porträts reichen aus, um Missstände in der Kunstwelt aus Sicht der Frauen festzustellen. Denn auch wenn es zahlreiche Künstlerinnen gibt und laut dem Magazin Katapult mehr als 6 von 10 Kunststudierenden weiblich sind, sind weniger als ein Viertel der Kunstwerke in Galerien und rund 13% der Werke in deutschen Museen von Frauen. In der Kollektion des Pariser Louvre sind es nur rund 30 von den insgesamt 35.000 Werken, weniger als eins von tausend. Dieses ungleiche Verhältnis spiegelt sich auch im Programm der Kunstsektion in den luxemburgischen Gymnasien wider, wo in der Kunstgeschichte fast ausschließlich Männer behandelt werden. Das Fehlen von Vorbildern erschwert es jungen Frauen, sich eine Karriere als Künstlerin vorstellen zu können. Das bewirkt, dass manche ihre Leidenschaft nur als Hobby ausleben.
Nahezu alle interviewten professionellen Künstlerinnen haben in ihrer Karriere schon impliziten oder expliziten Sexismus erlebt. Dieser reicht von abfälligen Kommentaren bis hin zur sexualisierten Ausnutzung von Machtpositionen durch Männer und ungleichen Bezahlung für gleiche Arbeit. Regelmäßig ist die Diskriminierung an das Alter gebunden: Künstlerinnen werden Möglichkeiten verwehrt, weil man sie als zu jung und unseriös oder als zu alt und unattraktiv abtut. Auch Mutterschaft bleibt schwer vereinbar mit dem Beruf der freischaffenden Künstlerin: Wenn sie Kinder bekommen, bleibt vielen Künstlerinnen weniger Zeit für die Ausübung ihres Berufs.
Ein weiterer Aspekt des Sexismus in der Kunstwelt ist die negative Konnotation, die weiblich gelesene Kunstwerke mit sich tragen. Sehe man einem Werk an, dass es von einer Frau geschaffen wurde, sinke sein Wert. Einige Künstlerinnen verspürten Druck, universale oder neutrale Kunst zu machen, obwohl das nicht ihrer Natur entspreche. Dabei seien „Frauen (…) die wahren Schöpferinnen, weil sie neues Leben gebären können“, erklärte die Bildhauerin Rita Sajeva.
Nur finanziell wird es auch für Frauen in der luxemburgischen Kunstszene einfacherer. Während es vor 30 Jahren noch fast keiner Frau gelang, sich als Künstlerin selbstständig zu machen, ist das heute anders. Professionelle Künstlerinnen begrüßen in der Regel die Bemühungen des Kulturministeriums und insbesondere der aktuellen Ministerin Sam Tanson, Kunstschaffenden mehr finanzielle Sicherheit zu bieten. Besonders im Vergleich mit dem Ausland gebe es hier eine starke öffentliche Unterstützung.
Verlangen nach einer öffentlichen Kunstschule
In den Interviews wurde allerdings ein gewisser Infrastrukturmangel zu Tage gelegt. Erstens beklagen viele Künstlerinnen die hohen Immobilienpreise in Luxemburg. Dadurch fehle es an Ateliers, was wiederum die Installierung von jungen Künstlerinnen erschwere. Dafür würde auch die finanzielle Unterstützung vom Staat nicht reichen. Zweitens fehle es an Strukturen, wo unkommerzielle, unkonventionelle und junge Kunst aus Luxemburg gezeigt werden kann. Museen und Galerien würden ihren Fokus zu viel auf internationale Mainstreamkunst legen.
Der Wunsch nach einer öffentlichen Kunstschule oder -universität wurde ebenfalls von fast allen Künstlerinnen geäußert. Nur so könne man das gesellschaftliche Ansehen der Kunstschaffenden verbessern, handwerkliches Können weitergeben und ausländische Kunststudierende anziehen.
Durch den Mangel an Infrastrukturen und insbesondere einer Kunsthochschule entscheiden sich viele luxemburgische Künstlerinnen dazu, zumindest zeitweilig im Ausland zu leben. Oft beginnt das mit dem Studium. Viele bleiben auch danach im Ausland, um vom kulturellen Angebot größerer Städte wie Berlin, Brüssel oder Paris zu profitieren. Viele pflegen allerdings eine Verbindung zu der luxemburgischen Kunstszene, zum Beispiel durch die Teilnahme an Ausstellungen, künstlerischen Projekten oder durch politische Einbringung.
Eine Auswahl an Fotos und Interviews aus der FR.A.RT-Serie wird im Rahmen von „Women in March“ im „Aalt Stadhaus“ in Differdingen vom 7. bis zum 21. März ausgestellt werden.
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