Gentlemanlike nimmt er mir die Jacke ab, möchte sie aufhängen und sagt: «Ich bin noch von der alten Schule.» Auch im Theater?
Blick in die nächste Saison im TNL
– Der Revisor / Nikolai Gogol
Regie: Frank Hoffmann
Es spielen: Jevgenij Sitochin, Bernd Michael Lade, Tatjana Pasztor, Larisa Faber, Rolf Mautz, Georg Marin, Steve Karier, Georg Luibl, Jean-Paul Maes, Marc Baum, Raoul Schlechter
Aufführungen: 21., 22. Januar + 2. Februar 2013– Abendschau / George Tabori
Regie: Frank Hoffmann
Es spielen: Luc Feit, Ulrich Kuhlmann, Wolfram Koch, Jacqueline Macaulay, Christiane Rausch, Roger Seimetz
Aufführungen: 8., 10., 11., 12. März 2013– Zu schwankender Zeit und an schwankendem Ort / Nico Helminger
Regie: Anne Simon
Es spielen: Nickel Bösenberg, Yannick Géraud, Ulrich Kuhlmann, Gintare Parulyte, Christiane Rausch, Brigitte Urhausen
Aufführungen: 7., 9., 10., 13., 14., 16. Oktober 2012Infos: www.tnl.lu
Nein, im Theater doch nicht. Schließlich hat er sich immer als Vertreter des Neuen empfunden, der der Gefahr, in die Mittelmäßigkeit abzurutschen, entgegenwirken möchte. Der Schlüssel zum Neuen liegt für ihn in der Internationalisierung des Theaters. Nur durch Koproduktionen mit Theatern im Ausland könne sich auch das Theater in Luxemburg entwickeln. Als das TNL als Nachhaltigkeitsgarant für das Kulturjahr 1997 gegründet wurde, war sein Auftrag, das Theater in Luxemburg dadurch zu fördern, indem es verstärkt luxemburgische Theaterschaffende in andere Länder schickt und ausländische Schauspieler und Regisseure nach Luxemburg holt. Hoffmanns Doppelfunktion als Leiter des TNL und der Ruhrfestspiele hilft ihm, genau dies zu tun. In diesem Jahr wurde zum Beispiel das Stück «Zu schwankender Zeit und an schwankendem Ort» von Nico Helminger und in einer Inszenierung von Anne Simon in Recklinghausen uraufgeführt. «Es war sehr interessant zu sehen, wie ein Luxemburger Autor in Recklinghausen aufgenommen wurde», sagt Frank Hoffmann. Denn auch wenn Nico Helminger keinen «luxemburgtypischen Text» geschrieben habe, weder durch seine Themen noch durch seine Sprache, glaubt Frank Hoffmann an nationale Spezifika – auch im Theater.
«Es gibt zum Beispiel so etwas wie den Luxemburger Humor. Über den lacht in Deutschland kein Mensch», sagt er. Dies merke er immer wieder, auch bei seinen eigenen Inszenierungen stolpere er darüber. «Wir sind nicht alle gleich, und das ist auch gut so. Sonst gäbe es nur noch einen langweiligen Einheitsbrei.»
Innere Stärke
Dem Luxemburger Theater fehle es manchmal an innerer Stärke, meint Frank Hoffmann. «Wir haben ein Problem, wir Luxemburger“, sagt er, obwohl er das Pronomen „wir» in diesem Zusammenhang eigentlich nicht mag. Doch sehe er immer wieder, dass die Luxemburger sich nicht genug zutrauten. Der oft gehörte Satz «für einen Luxemburger war das doch gar nicht mal so schlecht» macht ihn wahnsinnig. Nur durch den Blick über die Grenzen und die Zusammenarbeit mit Künstlern in anderen Ländern könne sich die Selbstwahrnehmung Luxemburger Theaterschaffender verändern. «Du siehst, dass alle nur mit Wasser kochen und dass alle zu genialen Leistungen in der Kunst fähig sein können.»
Es gibt Aufführungen, die sind gut gemacht, weil alle Beteiligten ihr Handwerk verstehen. Und es gibt Aufführungen, die braucht kein Mensch. Manchmal gibt es aber auch Theaterszenen, die wirklich berühren. Für diese Szenen lohnt es sich, die Bühne immer und immer wieder aufs Neue zu nutzen, um zu versuchen, in das Innenleben der Menschen vorzustoßen. Frank Hoffmann hat ein paar solcher Szenen in Recklinghausen erlebt. Zum Beispiel bei «Krieg und Frieden» in einer Inszenierung von Sebastian Hartmann.
Er erzählte von einer riesigen Bühne mit zwei Ebenen, die sich ständig bewegten. Und von einer Frau, die sich aus gefühlten zwanzig Metern Höhe immer wieder aufs Neue herunterpurzeln ließ, um dann, unten angekommen, ruhig und reflektiert über die großen, Tolstoi’schen Fragen der Menschheit zu philosophieren. Es mag schwer sein, sich Theaterszenen vorzustellen, die man nicht gesehen hat. Wenn man aber eine sieht, die wirklich berührt, dann vergisst man sie nie wieder.
Drei Stücke
Für die kommende Saison im TNL bringt Frank Hoffmann auch drei Stücke aus Recklinghausen mit (Kasten). Das Programm soll wieder politisch werden, am Puls der Zeit sein: «Ich verstehe nur die Hälfte von dem, was Juncker sagt. Wir sitzen hier ganz gemütlich und anscheinend bricht gerade alles zusammen.» Aus dieser Stimmung heraus wird er die Saison gestalten.
Sein Vertrag in Recklinghausen wurde übrigens bis 2015 verlängert. Er freut sich, denn «Festival ist Luxus, wie ein Rausch. Ein Glück».
Zu Demaart
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