The Smashing Pumpkins zählten in den 90er-Jahren zu den bekanntesten Vertretern des Alternative-Rock. Es gab Zeiten, da flimmerten ihre Videos von morgens bis abends über alle Musiksender – etwa ab September 1993 das Eiscreme-Truck-Video zu „Today“. Leider ist der Band von Billy Corgan die musikalische Brillanz vor längerem abhandengekommen. 2020 versuchten es Corgan, James Iha, Jeff Schroeder und Jimmy Chamberlin auf „Cyr“ mit Synthie- und Electropop. Der kommt auch auf „Atum“, einer Rockoper in drei Akten, zum Einsatz. Gerade ist Teil drei erschienen; „Act 1“ und „Act 2“ kamen im November 2022 bzw. im Januar 2023 auf den Markt.
Weder diese Teile noch „Act 3“, können an frühere Glanzzeiten anknüpfen. Die Abkehr vom reinen Alternative-Rock mag für Corgan und Co. Sinn ergeben, um sich nicht zu wiederholen und um Neues auszuprobieren. Aber qualitativ gesehen ist das aktuelle Songmaterial für einen Fan der frühen Stunden, ergo die Jahre 1991 bis 2000, weitestgehend enttäuschend. Waren die Songs früher gewaltig und kamen mit breiter Brust daher, erscheinen die heutigen blass. Das soll nicht heißen: Nur wer dicke Arme macht, weiß zu gefallen. Aber die Songs lassen die Raffinesse vermissen, die die Band mal auszeichnete. Geradezu symptomatisch ist, dass man sofort hellhörig und glücklich wird, wenn die Gitarren auch wie Gitarren klingen: „In Lieu Of Failure“ ist das mit Abstand beste Stück dieses enttäuschenden dritten Aktes einer insgesamt vernachlässigbaren Rockoper. Schade.
Depression und Alkoholsucht
Der US-Musiker BC Camplight, der mit bürgerlichem Namen Brian Christinzio heißt, lebt schon eine Weile in Liverpool und hat bereits ein paar tolle Alben veröffentlicht. In Großbritannien wird er gern gehört. Allerdings von einer Berühmtheit zu sprechen, wäre stark übertrieben. Wahrscheinlich ist seine Musik zu eigenwillig oder er zu offen hinsichtlich seines Seelenlebens. Er verheimlicht nicht, wie es ihm geht. Hinter ihm liegen eine Alkoholsucht, eine schmerzhafte Trennung von seiner Verlobten und Depressionen. BC Camplight hat viele Päckchen zu tragen (gehabt). In Marc Rileys „BBC 6Music“-Radioshow erklärte er dieser Tage, auch wenn es nach außen nicht so wirkt, er breche privat ständig zusammen. Er ist eine ehrliche Haut und das macht ihn so sympathisch.
Die Sympathien fliegen auf der Insel gerade wieder seiner Musik zu, wo seinem Album „The Last Rotation Of Earth“ (8 Punkte) eine gute Chartplatzierung vorhergesagt wird (bei Redaktionsschluss war es ein Top-Ten-Platz in den Midweek-Albumcharts). Dessen Entstehung ging die erwähnte Trennung nach neunjähriger Beziehung voraus und das Verwerfen der ersten Version des Albums. Der 43-Jährige nahm es nahezu komplett neu auf und versah die Songs mit wundervollen Melodien – siehe das eröffnende Titelstück. Seinen Songs wohnt immer ein gewisser Grad an Spinnerei, Verschrobenheit und Melancholie inne. Der Auftaktsong endet beispielsweise mit einer Explosion und „The Movie“ ist so schrill wie eine Folge der alten britischen Comedy-Show „Monthy Python’s Flying Circus“.
Es hilft, dieses Album zwischen Synthiepop und Psychedelic Rock als Gesamtkunstwerk zu verstehen, als BC Camplights Ventil in einer mal wieder herausfordernden Phase seines Lebens. Nun wird es Zeit, dass ihm auch außerhalb des UK die Anerkennung entgegengebracht wird, die ihm gebührt. Er selbst erwartet derweil jederzeit, dass alles implodiert. Hoffentlich tritt dies nie ein. Dafür ist er einfach zu begnadet.
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