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Ein Befreiungsschlag

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Wie ein Staatsgeheimnis wurde sein Name gehütet. Nur wenige stichhaltige Angaben drangen nach außen. Monatelang wurde spekuliert und gemutmaßt.

Wer wird es sein? Wer ist derjenige mit dem „geschulten Blick“, der Luxemburgs neu gegründetes Exportbüro leiten wird?

Am 16. Februar die Enthüllung: Patrice Hourbette, Mitbegründer des französischen Exportbüros, wird ab September dieses Jahres die Zügel in die Hand nehmen und möglichst vielen einheimischen Musikern in ihrer Karriereplanung mit Rat und Tat zur Seite stehen. „Doch es gibt klare Richtlinien“, sagt John Rech, Mitglied des Verwaltungsrats von „music:LX“. „Über Monate hinweg haben wir Konzepte ausgearbeitet und Kriterien festgelegt. Nur diejenigen Künstler, die diese auch erfüllen, werden von uns unterstützt“, verdeutlicht John Rech.

Fakt ist, dass „music:LX“ keine weitere Geldquelle sein mag, aus der man sich nach Belieben und Bedarf bedient. „Wir sind kein Wohlfahrtsverein!“ Das sagt auch Patrice Hourbette, der seine Stelle als Leiter des französischen Exportbüros in London aufgegeben hat, um hier, im klitzekleinen Großherzogtum, die Weichen für die Zukunft neu zu stellen. „Ein Exportbüro ist ein unentbehrliches Instrument für alle Musiker, die sowohl Ambitionen als auch erfolgversprechende Zukunftsperspektiven haben“, verkündet Patrice Hourbette und schiebt mit dieser Aussage all denjenigen einen Riegel vor, die Musik lediglich als Freizeitbeschäftigung betreiben.

Ein unentbehrliches Instrument

Zugegeben, die kulturpolitische Entscheidung, die Professionalisierung unserer Musiker anzuvisieren und zu fördern, wurde im Vergleich zu unseren direkten Nachbarn erschreckend spät gefällt. „Doch besser spät als nie“, denken wir uns und begrüßen mit versöhnlichen Worten die Gründung eines Exportbüros, das auf internationaler Ebene agiert.

Doch viele Kritiker sind der Ansicht, dass das Großherzogtum den Ansprüchen eines professionellen Musikers nie und nimmer gerecht wird, da sich die Musikindustrie in Europas Kulturhauptstädten eingenistet hat und es in Luxemburg weder Labels noch Manager gibt, die die Musiker in ihrer Arbeit unterstützen könnten.

Zwangläufig muss sich der luxemburgische Künstler ins Ausland absetzen, um auch nur den Hauch einer Chance zu haben, sich zu etablieren.

Doch dem ist nicht so. Südlich des nördlichen Polarkreises treibt eine kleine Vulkaninsel, die noch weniger Einwohner zählt als das Großherzogtum: Island. Auch dort gibt es keine Musikindustrie, wie sie beispielsweise in London, Brüssel, Paris oder New York aufzufinden ist. Und doch hat das Land der Elfen und heißen Quellen überaus hervorragende Musiker – Mezzoforte, The Sugarcubes, Sigur Rós, Björk, Múm und Gus Gus sind nur einige schillernde Namen isländischer Tonkunst – hervorgebracht, die ihrer verwunschenen Insel, ihrer Inspirationsquelle schlechthin, niemals den Rücken kehren würden.

Isländische Elfen tanzen es vor

Der beispiellose Erfolg dieser Musiker, die wie Islands Botschafter durch die Welt reisen und ihre Visitenkarten hinterlegen, ermöglichte vielen weiteren isländischen Musikern, im Ausland Fuß zu fassen und ebnete ihnen den Weg in die europäischen und US-amerikanischen Konzerthäuser.

„Back in 2003 we decided that an export office should be one of the aim and goals for the music industry in Iceland based on increased popularity and request for Icelandic music. This was due to the success of acts such as Sigur Rós or Björk. It took three years to lobby for this and negotiate with the government. The real incentive came when a private bank committed to an annual contribution“, verdeutlicht Anna Hildur Hildibrandsdóttir, Leiterin des isländischen Exportbüros, auf unsere Frage, welche die ausschlaggebenden Impulse waren, die dazu führten, dass das in Reykjavík ansässige Exportbüro aus der Taufe gehoben wurde.

Jahr für Jahr unterstützt es bis zu 20 Bands und finanziert für seine Zunft Showcases im Ausland („By:Larm“, „Spot“, „jazzahead!“ u.v.a.). Im vergangenen Jahr übernahm das isländische Exportbüro die Verantwortung des weltweit renommierten Festivals „Iceland Airwaives“, das von Saison zu Saison Tausende von Musikliebhabern, Managern und einflussreichen Persönlichkeiten aus der Musikbranche in die isländische Hauptstadt lockt. Von solch fabelhaften Errungenschaften im Dienste des Musikexports können Bob Krieps, Raoul Nadalet, John Rech, Olivier Toth, Marco Battistella und Gast Waltzing, Initiatoren von „music:LX“, nur träumen. Sie stehen erst am Anfang dieser kolossalen Baustelle und steinigen Wegs.

Ein steiniger Weg

Doch seit geraumer Zeit bewegt sich was. Bereits vor der offiziellen Betriebsaufnahme von „music:LX“ im September wurde hinter den Kulissen ehrgeizig gearbeitet und erste Bands zielstrebig ins Ausland gesandt oder finanziell unterstützt.

Pascal Schumacher tourte im März des vergangenen Jahrs durch Mexiko, Maxime Bender trat im Rahmen des großregionalen Musikfestivals „Nancy Jazz Pulsations“ auf die Bühne, Eternal Tango reisten mehrere Tage lang durch die Bundesrepublik und Mutiny on the Bounty quer über die britische Insel. Doch Geld spielt keine Rolle. Mit einem Budget von rund 230.000 Euro lässt es sich zwar arbeiten, Berge versetzen tut man damit jedoch nicht.

Der Haushalt eines skandinavischen Exportbüros hingegen ist millionenschwer. Vielmehr besteht die Arbeit von „music:LX“, Kontakte zu knüpfen und diese gezielt an luxemburgische Musiker weiter zu vermitteln. „Networking ist das A und O des Musikgeschäfts. Nur wer über die nötigen Kontakte verfügt, ist auch ein erfolgreicher Vermittler“, verdeutlichte Olivier Toth im vergangenen November im Rahmen des „Sonic Visions“-Festivals, das die großen Ambitionen hegt, zu einem Showcase-Festival von internationalem Renommee heranzuwachsen.

Und vermutlich fiel gerade aus diesem Grund die Wahl auf Patrice Hourbette, ein bewanderter Sachverständiger, der im Laufe seiner langjährigen Karriere, weltweit zahllose Verträge erfolgreich abgeschlossen hat. Er suchte nach einer neuen Herausforderung. Und er hat sie in „music:LX“ gefunden, in einem arbeitswilligen Projekt, das vom Kulturministerium und der Sacem bedingungslose Unterstützung und Zuspruch erhält.

Nur private Sponsoren scheinen noch zu zögern. Doch wie lautet ein festgefahrenes Sprichwort? Das lukrativste Geschäft auf dieser Welt ist die Musik. „Das wird eines Tages auch das Wirtschaftsministerium raffen“, sagt Patrice Hourbette, der die „Herausforderung von Herzen“ annimmt.

WEB: www.musiclx.lu