(Aktualisierung: Marc Henri Reckinger ist in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag gestorben. LINK)
Pünktlich zum Anfang der letzten August-Woche hat das Kulturministerium den Träger des zweiten Luxemburger „Konschtpräis“ bekannt gegeben. Mit Marc Henri Reckinger hat die im Vergleich zur ersten Auflage erneuerte Jury einen Ausnahmekünstler für sein Lebenswerk geehrt. Zahlreiche Solo-Ausstellungen, aber auch Performances runden seinen Kunstweg ab. 2023 hat er sich an einer Expo Luxemburger Künstler in Saarbrücken beteiligt. Die Ausstellung „Übergreifende Positionen“ mit Luxemburger Künstlern1) geht an diesem Freitag zu Ende.
Anlässlich der Vernissage Mitte Juni hat Paul Bertemes in seiner Laudatio zu Marc Reckinger und seinem Werk unter anderem ausgeführt: „Er ist wohl der Künstler, der sich in seinem umfangreichen Lebenswerk am konsequentesten mit gesellschafts- und kulturpolitischen Themen auseinandergesetzt hat und weiter auseinandersetzt. Gleichzeitig zeugt sein Werk von einer stetigen Hinterfragung des Wertes von Kunst und Kunstschaffen an sich. Der formale Aspekt war und ist dabei eine gewichtige Komponente.“ Nach Hinweisen auf seine künstlerische Entwicklung hat Bertemes Reckingers jüngste Arbeiten, die in Saarbrücken zu sehen sind, so kommentiert: „Er konfrontiert uns mit einer furchtbaren Alltäglichkeit aus Krieg, Flüchtlingselend, Ausbeutung, Machtgier und Menschenverachtung, die nur noch wenige persönliche Rückzugsmomente erlaubt – auch wenn wir dieses Umfeld derzeit ja gerne zum Normalfall erklären. Dabei verweist der Künstler schonungslos auf die Opfer, die den verheerenden Folgen von Krieg und Entrechtung wehrlos ausgesetzt sind, insbesondere die Frauen und Kinder. Ausgestellt ist eine serielle Folge präzise aufgearbeiteter, tagebuchartiger Notizen zwischen Fiktion und Realität, eine bemerkenswert umgesetzte Bild-Geschichte des Grauens.“2)
Anlässlich der Preisverleihung im Oktober im National-Museum wird auf das künstlerische Werk von Marc Henri Reckinger zurückzukommen sein.
Saytour-Monografie zum Abschied
Die Galerie Ceysson & Bénétière, die Mitte September mit einer neuen Schau des Stahlbildhauers Bernar Venet ihre neue Ausstellungssaison einläuten wird, hat im Juli kurz vor den Sommerferien die Herausgabe einer Saytour-Monografie angekündigt. Es ist die erste Publikation dieser Art von Patrick Saytour, einer der Kernfiguren der „Support/Surfaces“-Strömung, die Bernard Ceysson so am Herzen liegt. Wohl ungewollt ist dies eine Abschiedsgeste für einen großen französischen Künstler – der 1935 in Nice geborene Patrick Saytour verstarb am 15. August 2023 in Aubais/Frankreich. Bernard Ceysson erklärte u.a. zu Saytours Tod auf Instagram: „Son travail sans concession, d’une grande efficacité visuelle neuve, radicale, a grandement contribué à transformer le cours de l’art français et international à la fin des années 1960.“
Die Galerie C & B wird 2024 eine Retrospektive seiner Werke in Saint-Etienne organisieren. Besagter Monografie soll eine zweite Publikation folgen. Neben dem Beitrag „Non pas être ceci pour être cela“ von Ines Champey und der Analyse „La Rigueur fantasque“ von Frédéric Bonnet beinhaltet das Opus u.a. ein Gespräch von Clara Guislain mit dem Künstler sowie Notizen von Saytour zu seiner Arbeitsweise. Das Buch umfasst 498 Seiten, ist reich illustriert, im Format 270×300 mm, in limitierter Auflage gar mit einem Saytour-Original und zu bestellen bei den Ceysson éditions d’Art in Saint-Etienne oder bei der Galerie in Luxemburg. Seine noch zu Lebzeiten verfasste erste Monografie ist nun nach seinem überraschenden Tod fast zu einem Abschiedsgeschenk an seine Sammler geworden.
Land Art, Kunstmesse und Expos
Abgesehen vom „Rentrée“-Wochenende der Galerie Valerius, die mit einer kurzen Wiederaufnahme der Expo „Boundless, Bounderies“ mit Arbeiten von Anni Mertens und Alexandre Clanis heuer auftrumpft, sowie der Papier-Expo in der Galerie Reuter in der rue Notre Dame – zwei Schauen, mit denen die Herbstwelle in den Galerien eingeläutet wird – gilt unser Augenmerk ab diesem Freitag vor allem dem Künstlerkollektiv Cueva, das mit seiner neuartigen Land Art im Ellergronn in Esch/Alzette nicht nur 38 Künstler in einem anschaulichen Skulpturenweg zu einer außergewöhnlichen Performance verleitet, sondern darüber hinaus durch die Einbeziehung des Cockerill-Museums, das auf dem Parcours liegt, die Brücke zur Stahlindustrie schlägt. Vernissage ist an diesem 1. September.
Mitte September kommt es dann zu weiteren großen Kunstevents, u.a. der Kollektivschau mit Fuelbox VIII in den Paul-Wurth-Hallen, 32, rue d’Alsace in Luxemburg-Gare, und der international angelegten Kunstmesse „art3f Luxembourg“ vom 15. bis 17. September in den Ausstellungshallen auf Kirchberg. Es handelt sich hierbei um eine importierte Messe ohne echten Bezug zur heimischen Kunstszene, auch wenn einige Künstler dort bereits präsent waren und vielleicht wieder sind. Dass diese „International Contemporary Art Fair“ seit Jahren jedoch nach Luxemburg kommt, zeigt, dass ein gewisses Interesse an einer solchen Kunstmesse besteht. Für die bereits traditionelle ARTWeek im November soll dies aber kein Schaden sein, betonen die Verantwortlichen dieser Organisation.
Der Sommer neigt sich dem Ende zu. Die Ferien in Schulen, Justiz und in der Politik sind vorbei. Die Herbstsaison im Kunstbetrieb beginnt zaghaft, verspricht jedoch interessante Höhepunkte.
1) „Übergreifende Positionen“: Claire Weides-Coos, Hubert Wurth, Marc Henri Reckinger, Rol Steimes und Henri Goergen, bis 1.9. in der vhs in Saarbrücken.
2) Zitate aus der Laudatio von Paul Bertemes, hier mit Genehmigung des Autors.
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