Mit musikalischen Einflüssen ist das ja oft so eine Sache. Beim dritten Studioalbum der australischen Sängerin Julia Jacklin könnte man auf Fleetwood Mac, Cat Power oder auch die etwa gleichaltrige Angel Olsen kommen. Aber: „Eine Menge große Popmusik wie Celine Dion, Robyn und Luther Vandross“, mit großen Gefühlen und großer Produktion – das habe sie davor mit Wonne gehört, sagt Jacklin in den Anmerkungen zur neuen Platte „Pre Pleasure“.
Eine kanadische Las-Vegas-Diva, eine schwedische Discopop-Sängerin und ein US-Soul-Crooner also. Wer Jacklin mit ihren Alben „Don’t Let the Kids Win“ (2016) und „Crushing“ (2019) kennengelernt hat, muss sich nun aber trotzdem nicht sorgen. Denn „Pre Pleasure“ ist doch wieder feiner, leicht schüchterner Singer-Songwriter-Stoff. Letztlich musste Jacklin nach den vergangenen beiden Jahren wohl wieder zu sich finden, und dabei halfen ihr die Bombastpop-Kraftriegel.
Sie nahm ihr Album, das den Aufbruch aus der engen Indie-Nische markieren könnte, in Montreal mit Co-Produzent Marcus Paquin (The National) und anderen kanadischen Musikern auf. Herausgekommen sind hauchzarte Lieder wie „Love, Try Not To Let Go“, das an die Fleetwood Mac der mittleren 1970er-Jahre erinnert, oder die etwas raueren Gitarrenpop-Songs „I Was Neon“ und „Be Careful With Yourself“.
Als „Australicana“ wurde Jacklins Sound im Magazin plattentests.de mal bezeichnet, als australische Americana. Auch auf ihre gereifte Musik passt die originelle Wortschöpfung noch ganz gut. Melbourne meets Montreal: „Pre Pleasure“ verbindet Gutes aus zwei Welten.
Wer sich für Jacklins Musik begeistern kann (und zudem für die Singer-Songwriter-Ikone Aimee Mann), wird auch bei der US-Sängerin Misty Boyce fündig. Ihr Album „Genesis“ verknüpft zarten Pop („Bros“, „I Do“) mit auch mal zupackenderen Gitarrenrock-Tracks wie „Charades“. Boyce hat bereits an der Seite von Sara Bareilles oder Sting gespielt, hier präsentiert sie sich als sehr eigenständige Musikerin zwischen Folk, charmanten LoFi-Sounds und Psychedelia.
Während die Alben von Jacklin und Boyce eher sparsam produziert sind, tendiert der Americana-Rockpop von Amanda Shires auf „Take It Like A Man“ zum Dramatischen. Dem gefeierten neuen Werk von Angel Olsen nicht unähnlich, wird hier ausgiebig die Country- und Folk-Historie von Dolly Parton bis Emmylou Harris beliehen. Die emotionale Stimme der 40-jährigen Shires ist auch auf dieser Platte die halbe Miete, das tolle Gitarrenspiel ihres Ehemanns Jason Isball besorgt den Rest.
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