Sonntag28. Dezember 2025

Demaart Zu Demaart

Headlines

Kopf des TagesDer Täglichtalker: Hans Meiser ist 75 Jahre alt geworden

Kopf des Tages / Der Täglichtalker: Hans Meiser ist 75 Jahre alt geworden
 Foto: dpa/Markus Scholz

Jetzt weiterlesen !

Für 0,99 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Oder schließen Sie ein Abo ab.

ZU DEN ABOS

Sie sind bereits Kunde?

Er telefonierte mit einem der Geiselnehmer von Gladbeck, brachte David Copperfield exklusiv ins deutsche Fernsehen und galt schließlich als Vater der täglichen Talkshow: Aus dem Nachmittagsprogramm der 90er Jahre ist Hans Meiser nicht wegzudenken. Am Freitag feierte das TV-Urgestein seinen 75. Geburtstag.

Seine Karriere begann der Sohn eines Piloten aus Bad Rothenfelde im Teutoburger Wald beim Radio, genauer beim Südwestrundfunk in Baden-Baden. 1971 wechselte Meiser als Nachrichtenredakteur zu Radio Luxemburg, für das er ein Europamagazin entwickelte. Einmal in der Woche moderierte er außerdem das Unterhaltungsprogramm „Hans im Glück“ nach einer Idee der Entertainmentlegende Frank Elstner.

Ab dann ging es für den Moderator, dem bald der Ruf eines Workaholics anhaftete, steil bergauf. Bereits 1984 stieg er zu einem der Hauptverantwortlichen für die Programmentwicklung des neuen Senders RTL Plus auf. Den RTL-Vorläufer konnten damals rund 200.000 Haushalte auf einer luxemburgischen Frequenz empfangen. Nach dem Vorbild von US-Nachrichtenformaten moderierte er als Anchorman die RTL-Nachrichten „Die Bilder des Tages“, flankiert von zwei weiteren Studiomoderatoren.

Aus dieser Zeit stammt auch sein wohl umstrittenstes Interview. Als das später als Gladbecker Geiseldrama bekannte Verbrechen gerade seinen Anfang nahm, rief Meiser in der Bankfiliale an, in der die beiden Haupttäter zwei Angestellte als Geiseln hielten.

„Wer sind Sie denn bitte?“, fragte Meiser höflich, als der Hörer abgehoben wurde. „Na, wer wohl? Der Bankräuber“, erwiderte der Geiselnehmer Dieter Degowski. Für den nur wenige Sekunden langen Anruf erntete der Moderator im Nachhinein viel Kritik. In einem Interview mit dem Spiegel räumte Meiser später ein, dass das Gespräch vielleicht eine „blöde Idee“ gewesen sei.

Der endgültige Durchbruch gelang Meiser spätestens 1992, als er zuerst die Moderation der Rettungssendung „Notruf“ übernahm und schließlich seine eigene Nachmittagstalkshow „Hans Meiser“ auf RTL bekam. Beide Formate entwickelten sich zu Quotenhits. Mit „kleinen Leuten“ sprach Meiser über umso größere Themen.

In seine Sendung kamen bekennende Scientologen, Angehörige von Alkoholabhängigen und Menschen, die glaubten, mit Toten sprechen zu können. Meisers Gäste stammten aus allen Teilen der Gesellschaft. Sie verdienten ihr Geld als Elektroinstallateure, Pfarrer oder Psychotherapeuten.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung attestierte Meiser damals, bei ihm zuweilen mehr über die deutsche Wirklichkeit zu erfahren „als in gutgemeinten Sozialreportagen“. Für die Sendung erhielten Meiser und sein Team unter anderem eine Goldene Kamera und einen Bambi.

Gegen Ende des Jahrtausends musste Meiser herbe Quotenverluste verschmerzen. 1998 verlor er innerhalb eines Jahres rund 660.000 Zuschauer. Der Sender reagierte und zog 2001 die Reißleine. Am 17. Januar 2001 trat Meiser zum letzten Mal live auf.

Danach war Schluss – nach 1.700 Talks und rund 14.000 Gästen. Nach einigen weniger erfolgreichen Sendungen in den darauffolgenden Jahren verlängerte RTL seinen Vertrag mit Meiser im Jahr 2010 erstmals seit 26 Jahren nicht mehr.

Danach war der Vater von zwei Töchtern und einem Sohn nur noch gelegentlich im Fernsehen zu sehen. Ab 2015 gab er etwa in der Satiresendung „Neo Magazin Royale“ mit Jan Böhmermann einen Wutbürger, der sich nach einer charismatischen Führerfigur sehnt. Auch ein fiktives Alter Ego von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier namens Hans-Meiser Steinmeiser mimte er, auf dem Schreibtisch vor sich stets ein Porträtfoto des SPD-Politikers Martin Schulz.

Die Zusammenarbeit mit Meiser beendete die Produktionsfirma der Sendung im Jahr 2017, als bekannt wurde, dass der Moderator für das verschwörungsideologische Portal „Watergate.tv“ arbeitete. Meiser wies Verschwörungsvorwürfe zurück und versicherte, lediglich drei „wasserdicht“ recherchierte Beiträge für das Portal verfasst zu haben. Böhmermann und Meiser gehen seitdem getrennte Wege.

Mittlerweile wurde es um Meiser ruhiger. Medienberichten zufolge ist er zum dritten Mal verheiratet und lebt an der Ostsee. Ob er nochmal zum Fernsehen zurückkehrt, ist ungewiss. Doch wenn er sich noch einen Interviewpartner aussuchen könnte, wäre es der Papst, wie er im vergangenen Jahr dem Portal „t-online“ verriet. „Ein Gespräch unter Männern“ wünsche er sich mit ihm, sagte der Protestant. „Nicht von Reporter zu Papst.“ (AFP)