Sie nimmt den Luxemburger Pavillon in der Sale d’Armi im Arsenal-Bereich unter dem Motto „Faraway So Close“ in Beschlag. Es ist dies ein Ort mit geschichtlichem Hintergrund, kein Platz, um auf traditionelle Weise Bilder an die Wand zu hängen, vielmehr geht Tina Gillen mit ihrer von Architektur geprägten Kunst in den Raum hinein, sie will diesen ehrwürdigen Ort beleben. Wer erinnert sich da nicht an erste Ausstellungen der Künstlerin, die in der Galerie Nosbaum Reding, der sie über all die Jahre treu geblieben ist, ihre Inspirationen in situ an Wände und Decke der Galerie angebracht hat. Damals war die Galerie noch am Straßburger Platz angesiedelt, heute firmiert sie bekanntlich am Fischmarkt gegenüber dem nationalen Museum für Kunst und Geschichte.
Die 59. Kunstbiennale von Venedig öffnet am 23. April ihre Tore und schließt am 27. November, kurzum ein langer Zeitraum auch für einen individuellen Abstecher an den Markusplatz mit seinen Terrassen und Tauben, aber natürlich auch, um die zahlreichen Länderpavillons in den Giardini zu besuchen, sich alle Schaus im Arsenale anzusehen und dauerhaft ansässige Museen zu bestaunen. Die 59. Biennale steht unter dem Sammeltitel „The Milk of Dreams“, ergo ein Ausflug in eine Traumwelt der besonderen Art, für die Kuratorin Cecilia Alemani aus New York verantwortlich ist.
Ein Besuch bedarf der Planung
Einzelne Länder haben ihre Beteiligung bereits öffentlich vorgestellt, doch das Geheimnis einer Biennale wie die von Venedig liegt wohl im Erlebnis der einzelnen Kunstperformances, eingebettet in das Ensemble „Kunstbiennale Venedig“. Wer Venedig von seiner ganz speziellen Stadtstruktur her kennt, dem sei ein hoher Kunstgenuss neben italienischer Gastfreundschaft vergönnt. Wem der Weg durch geheimnisvolle Gassen und unzählige Brücken über kleine und größere Kanäle nicht vertraut ist, der sollte sich ausgiebig auf die Stippvisite in dieser speziellen Stadt auf dem Wasser vorbereiten. Gängige Touristenführer und Sonderausgaben der bekanntesten Kunstmagazine sorgen für die erforderlichen Informationen. Ein Besuch will geplant sein.
Venedig ist seit jeher ein Ort, der Romantiker anzieht, eine Gondelfahrt im Mondschein, eine italienische Spezialität in einem kleinen Restaurant, einen überteuerten Espresso auf dem Markusplatz – das Spielfeld ist breit gefächert, die Erwartungen stets hochgeschraubt, doch am Ende steht stets die Kardinalfrage: War die Kunstbiennale diesmal besser als vor zwei Jahren? Auf Luxemburg bezogen ist die Antwort delikat. Es ist gewusst, dass Su-Mei Tse 2003 mit dem Luxemburger Pavillon in der Ca-del Duca den Goldenen Löwen gewonnen hat, eine Trophäe, die damals für Euphorie sorgte und den Befürwortern der sogenannten „zeitgenössischen Kunst“ Auftrieb gegeben hat. Das war vor fast 20 Jahren. In der Zwischenzeit konnte diese Performance nicht wiederholt werden.
Goldener Löwe als Katalysator
Ob besagte Hochstimmung heute noch so ist, sei dahingestellt. Die Meinungen dürften jedoch geteilt sein, auch wenn es im Ministerium beispielsweise nach wie vor eine Begeisterung für die Fokussierung auf Venedig gibt. Mit der neuen Direktorin im Mudam – ein erstes Zeitungsinterview klang nicht besonders überzeugend – bleibt abzuwarten, wie sich das Museum für moderne Kunst nach seinen ersten Lehrjahren und unterschiedlichen Erfahrungen mit drei Direktoren nun positionieren wird. Die „Neue“ hat zugegeben, sie muss sich erst einmal in die Luxemburger Kunstszene, mitsamt ihren Trägern, ihren Strippenziehern, Künstlern und Umgangspraktiken mit guter Kunst, einarbeiten. Ihre Überzeugungen und Orientierungen werden sich dann wohl ab 2023/24 im Ausstellungsprogramm ihres Hauses offenbaren.
Kunstfreunden, die nicht nach Venedig ins Reich der „Milk of Dreams“ reisen wollen oder können, sei allemal nebst vielen anderen interessanten Kunstterminen ein Abstecher zur „Art Basel“ (die vom 16. bis 19. Juni läuft) empfohlen. Viel spannende und variationsreiche Kunst auf engem Zeitraum kompakt präsentiert und leicht zugänglich. Bei all diesen Begegnungen mit bildender Kunst in voller Blüte und Reichhaltigkeit sei den Kunstfreunden ein uneingeschränktes Erlebnis – bitte auch nicht durch Pandemie-Einschränkungen gestört – vergönnt.
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