Miles to PerditionZwischen Dystopie und falscher Stimulation

Miles to Perdition / Zwischen Dystopie und falscher Stimulation
 Foto: Emile Hengen

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Nachdem vergangene Woche mit Fallen Lies die erste Luxemburger Rockband des Jahres ihr neues Album „Confusion“ in der Rockhal präsentierte, kam am vergangenen Freitag bereits die zweite Neuvorstellung des Jahres heraus: Miles to Perdition stellten in der Kufa, vor ausverkauftem Haus, ihr neues Album „2084“ vor. Das Tageblatt durfte sich mit Sänger Ken über das Album, die Metal-Szene und die Zukunft unterhalten.

Tageblatt: Miles to Perdition wurden 2007 gegründet und haben inzwischen für mehrere große Bands (Sepulture, Arch Enemy etc.) als Vorband gespielt, zudem auch auf dem großen Wacken Open Air. Wie fühlen sich für euch die letzten Jahre an? Was hat sich verändert?

Ken: Die Jahre verfliegen, um ganz ehrlich zu sein, sehr schnell. Wir haben in den letzten zwei Jahren die Band neu zusammengeformt und -geschliffen mit dem Einstieg von Drummer Dany. Es wurde sehr intensiv an neuen Songs gefeilt, diskutiert und gestritten, um dieses neue Album zu produzieren, auf das wir, zugegebenermaßen, sehr stolz sind. Wir wollten die Mucke eingängiger gestalten, mehr auf Melodien setzen anstatt auf hektischen Riffs. Wir konnten uns in den letzten Jahren weiter pushen und unser eigenes Niveau heben. Es steckt sehr viel Fleiß in der Band, nicht nur musikalisch, sondern auch organisatorisch. Eine Release entsteht ja schließlich nicht nur im Proberaum …

Das Album „2084“ ist eure neuste Scheibe. Klar denken einige nun an George Orwells „1984“ und in diesem Zusammenhang auch an Aldous Huxleys „Brave New World“. Was hat euch an Orwell oder auch Huxley inspiriert? Sind hier Stichwörter wie Kontrolle, Angst, Druck richtig gewählt?

Wir stellen mit diesem Konzept bewusst die Zukunftsfrage: Wie wird die Gesellschaft in der weiten Zukunft aussehen, sprich in 100 Jahren, und welche Elemente passen aus diesen beiden Büchern auf die Zeit, in der wir heute leben, genauso wie Orwell es getan hat. In der heutigen Zeit gibt es viele Ähnlichkeiten zwischen der absoluten dystopischen Kontrolle (wie z.B. in China) und der von „Stimulanten“ geprägten utopischen Konsumgesellschaft. Man kauft sich ja heutzutage viele Dinge, die man möchte, die man jedoch eigentlich gar nicht braucht. Man nutzt das Smartphone öfter nur zum Scrollen, anstatt zum Smarterwerden. Zudem betäuben sich die Leute regelmäßig mit irgendwelchen Medikamenten oder Drogen. Lyrisch wurde viel mit diversen Zitaten aus den Büchern gearbeitet wie z.B. „War is peace, freedom is slavery, ignorance is strength“ (Orwell) und es wurden verschiedene globale Phänomene thematisiert. „Terror of Lies“, „Divide et Impera“, „To the Guns“ sind alle Songtitel, die schon quasi selbstredend sind. Ich versuche, die Welt immer von oben zu sehen und zu analysieren, als wäre ich eine Wolke, die versucht, die Menschen und deren Dynamiken und Dränge zu verstehen.

(Es sei an dieser Stelle auch auf das unglaubliche Musikvideo zum Song S.O.M.A verwiesen, das sicherlich die oben beschriebenen Themenkomplexe auch visuell widerspiegelt und durch eine bildliche Kraft zu bestärken weiß. Sicherlich gehört dieses aufwendig produzierte Video zu den besten Musikvideos der letzten Jahre – ein Blick lohnt sich.)

Das Konzert in der Kufa war ausverkauft. Zusammen mit drei anderen Bands habt ihr die Kufa zum Kochen gebracht. Die Aufregung der letzten Wochen hat sich hier somit wahrlich entladen. Wie ist euer Gefühl nach dem Konzert?

Eine Sold-out-Show zu erreichen, ist so richtig nice. Vergangene Woche haben sich die Ticket Sales verdoppelt. Es ging ganz plötzlich so rasant, dass wir mit Privatnachrichten überflutet worden sind, weil alle noch unbedingt eine Karte haben wollten. Auf der Bühne haben wir die ganze Energie aus dem letzten Jahr gebündelt und platzen lassen, uns stressfrei durch das Set geprügelt mit regelrechtem Genuss an der eigenen Musik. Dieses Gefühl ist einzigartig, und wenn dieses dann noch mit hunderten Personen geteilt wird, kann man danach einfach nur glücklich sein.

Metal und Luxemburg: das passt. Die hiesige Metal-Szene boomt, Opening Acts, Festival-Shows … Wie sehen Sie die Entwicklung der Metal-Szene und des Genres und was wünschen Sie sich vielleicht auch für die Zukunft des Genres?

Die Musiksszene in Luxemburg hat „Ups and Downs“ und wir spüren so langsam wieder das „Up“. Neue Bands gründen sich und ältere bringen neue Alben raus. Wichtig für die Szene ist, dass sich die Akteure gegenseitig unterstützen und für die Musikszene aktiv werben. Wir sind hier echt nur zusammen stark. Eine Szene kann nur überleben, wenn die Leute, die darin agieren, auch für diese einstehen. Auf jeden Fall haben wir eine sehr hohe Qualität an Bands, die ein richtig professionelles Niveau haben. Hier gibt’s schon was zu entdecken.

Wie sehen Sie im Allgemeinen die Unterstützung für Bands in Luxemburg? Aufnahme, Konzerte, Werbung etc. Wird genug getan oder mangelt es noch an manchem?

Es gibt definitiv genug Anlaufstellen, wie z.B. das Kulturministerium, Focuna, Sacem oder music:LX, die einen unterstützen. Man muss nur bereit sein, sich zu bemühen und den entsprechenden Papierkram ausfüllen. Dann springt sogar was für Metalbands heraus. (lacht) Man kommt aber trotzdem nicht an Selbstinvestitionen in das Projekt vorbei, wenn man es gerne so richtig ankurbeln möchte.

Das „Power Metal-Magazine“ hat euch gelobt und hofft, dass ihr den Sprung aus dem „Luxemburger Untergrund“ schafft. Was kommt nun als Nächstes? Habt ihr Konzerte und Projekte schon in Planung?

Wir schließen uns zurzeit mit diversen Akteuren aus dem professionellen Bereich zusammen, um eine größere Masse ansprechen zu können und die Aufmerksamkeit noch stärker auf die Band lenken zu können und somit mehr Möglichkeiten zu bekommen. Wir legen zudem mehr Acht auf unsere Onlinepräsenz und haben Bock, weiter kreativ zu sein und zu liefern. Das nächste Konzert ist am 22. Februar in der MK-Bar auf Belval, wo wir wiederum, zusammen mit Dreadnought, die Newcomers von Theopagist auf deren Release-Show unterstützen. Wir haben ja soeben bereits über gegenseitigen Support gesprochen. (lacht)

Info

Wer nun mehr über das Genre Hardcore/Deathmetal mit Luxemburger Beteiligung erfahren möchte, der kann die Facebook-Seite von Miles to Perdition besuchen und sich ihr neues Musikvideo zu S.O.M.A anschauen oder eben das nächste Konzert am 22. Februar auf Belval besuchen.