Der 9. Mai, auch bekannt als Europatag, war 2019 erstmals in Luxemburg ein Feiertag. Trotz schlechten Wetters zog es viele Leute auf die place d’Armes in der Hauptstadt, um an den Feierlichkeiten teilzunehmen.
Von Jil Simon
Luxemburg ist das erste EU-Land, das den 9. Mai offiziell als Feiertag begeht. Für Yuriko Backes, Direktorin der Vertretung der Europäischen Kommission in Luxemburg, geht das Großherzogtum damit mit gutem Beispiel voran.
Luxemburg, die «Europa-Hauptstadt»
Backes bezeichnete Luxemburg als eine «Europa-Hauptstadt» und appellierte an die Leute, «vereint in Diversität» zu sein, denn «zusammen sind wir stärker». Angesichts zunehmender nationalistischer Bewegungen in Europa solle man «nicht in die Falle nationalistischer Ideologie» tappen. Denn Nationalismus habe in der Vergangenheit nie Probleme gelöst. Außenminister Jean Asselborn schloss sich dieser Aussage an: «Die Geschichte hat bewiesen, dass nationalistische Ideologie Europa noch nie etwas Gutes gebracht hat.»
Deshalb sei es sehr wichtig, am 26. Mai wählen zu gehen, «idealerweise» für eine Partei, die die «europäische Integration» unterstützt. Denn «Fragen des Klimawandels, des Terrorismus, des Handels und der Migration» zum Beispiel seien alles Probleme, die selbst die stärksten Länder Europas nicht mithilfe nationalistischer Ideologien lösen könnten.
Angesichts des Ursprung des europäischen Integrationsprozesses erinnerte Jean Asselborn daran, dass die Benelux-Länder bereits 1944, vor Kriegsende, eine gemeinsame Zollunion gegründet hatten, die 1958 zu einer Wirtschaftsunion wurde. «Dies war der Vorläufer der Europäischen Union und der Vorläufer von Schengen», so Asselborn. Heute hat die EU 28 Mitglieder. Der Außenminister betont zudem, dass wir «in allen Ländern und auf allen Kontinenten wegen des Handels und des visafreien Reisens beneidet werden». Deshalb sollte man sich für die EU engagieren, «nicht nur als Luxemburger, sondern auch als Europäer», so Asselborn.
70 Jahre Frieden
Für Asselborn soll das «Einmaleins» der EU auf «Solidarität, Gemeinschaftlichkeit und Verantwortung» beruhen. Denn Länder, die solche Werte nicht respektierten, seien «keine würdigen Mitglieder der EU». Zudem müsse nach den Wahlen am 26. Mai ein «Neustart für Europa» stattfinden.
Das kulturelle Programm des Europafests spiegelte die Vielfalt der EU-Länder wider. Es gab Stände aller Mitgliedsländer und Informationsstände der europäischen Institutionen in Luxemburg. Musik- und Tanzgruppen sorgten mit ihren Darbietungen für Unterhaltung. Politiker durften so kurz vor der Wahl natürlich nicht fehlen. Was Europa für sie bedeute, verriet die Spitzenkandidatin der Grünen, Tilly Metz: «Zusammen und grenzüberschreitend arbeiten.» Für sie ist Europa aber auch «eine gewaltige Chance, große Herausforderung und großartiges Abenteuer». Zudem solle man Frieden nie als selbstverständlich ansehen, so die Grünen-Politikerin.
Tilly Metz meinte des Weiteren, dass Luxemburg gar eine kleine Version Europas sei, und bezeichnete Europa als «die beste Idee, die Europa je hatte».
Eine Garantie für Solidarität
Für Marc Angel, ebenfalls Kandidat bei der Europawahl, bedeutet Europa 70 Jahre Frieden nach Jahren grausamer Kriege. Der LSAP-Politiker sieht sich selbst auch als überzeugten Europäer, denn Europa habe ihm und seinen Mitbürgern sehr viel Gutes gegeben und er könne sich «nicht vorstellen, in Nationalstaaten zu leben, wo jeder gegen jeden ist». «Ich bin ein Patriot, ein luxemburgischer Patriot, aber auch ein europäischer Patriot», so Angel.
Unter den Besuchern des Europafestes war auch Carlo Feiereisen, ein begeisterter Europäer: «Europa ist eine Garantie für Frieden, für Solidarität.» Aber Europa bedeute für ihn auch das gemeinsame Leben und die gemeinsame Arbeit sowie grenzenloses Reisen. «Ohne Europa wäre man hier sicherlich mehr zerstritten als ohne Europa», so der 42-Jährige.
Für ihn haben der Europatag und das damit verbundene Fest ihre Wichtigkeit. Denn man spüre, dass die Leute nicht immer so pro-europäisch eingestellt seien. Deshalb sei es wichtig, sie regelmäßig über Europa und seine Kulturen zu informieren. «Denn die Angst vor Europa kommt auch von der vielen Unwissenheit über unsere Kulturen», so Carlo Feiereisen.
Europatag in Schengen
Von Guy Kemp
Wo anders könnte in Luxemburg der 9. Mai erstmals als Feiertag begangen werden als in Schengen, der Ortschaft, die seit 1985 zum Sinnbild einer Erfolgsgeschichte im europäischen Integrationsprozess geworden ist und weltweit wegen der Schengen-Visa bekannt wurde? Gemeinderat und Regierung hatten zum Apéro ans Moselufer geladen, wo während der Mittagsstunden edle Tropfen aus den Weinbergen der Gegend kredenzt wurden.
Doch es half alles nichts: Es war wohl das nass-kalte Wetter, das viele davor abschreckte, sich auf den Weg in die beschauliche Moselortschaft zu machen. Der eigens für den Anlass bereitgestellte Pendeldienst zwischen den nahe gelegenen Baggerweihern und dem „Musée de l’Europe“, auf dessen Vorplatz der gesellige Teil der Veranstaltung über die Bühne gehen sollte, dürfte kaum in Anspruch genommen worden sein.
Manche trotzten dennoch dem unwirtlichen Wetter und ließen es sich nicht nehmen, unter den aufgespannten Sonnenschirmen mit dem Regenschirm in der einen, einem Glas Sekt oder Weißwein in der anderen Hand, auf die EU anzustoßen. Offizielle Reden waren ohnehin keine vorgesehen, weshalb die Gelegenheit umso mehr genutzt wurde, mit anwesenden Regierungsmitgliedern und Kandidaten, die am 26. Mai zu den Europawahlen antreten, ins Gespräch zu kommen.
Dazwischen tummelten sich Schüler aus dem nahen Ausland, für die am Europatag ein Ausflug in das Schengener Museum auf dem Programm stand. Dort fanden sie neben der Ausstellung über den Schengenraum auch die Musiker eines Jazzensembles vor, die sich mit ihren Instrumenten zum Schutz vor dem nassen Wetter in den Ausstellungsraum verzogen hatten.
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