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EditorialZu Viktor Orbans Streit mit der EU

Editorial / Zu Viktor Orbans Streit mit der EU
Ungarns Regierungschef Viktor Orban Foto: dpa/AP Pool/Olivier Matthys

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Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban hat diese Woche den Streit mit der Europäischen Kommission intensiviert. Das nicht nur von der Brüsseler Behörde, sondern von den meisten EU-Staaten beanstandete sogenannte ungarische LGBTQ-Gesetz, das unter anderem „Werbung für“ Homosexualität bei Minderjährigen verbietet, soll einem Referendum unterworfen werden. Damit reagiert Orban auf ein Vertragsverletzungsverfahren, das die EU-Kommission vergangene Woche gegen Ungarn eingeleitet hat. Es ist die Vorgehensweise eines Populisten, der einer vermeintlichen Bevormundung aus Brüssel die Stimme des Volkes entgegensetzen will. Unter dem Motto: Die Wähler sollen entscheiden, ob es ein gutes Gesetz für das Land ist, nicht die EU-Juristen in Brüssel. Wohl wissend, dass dies nicht der Weg ist, wie solche Konflikte in der EU geregelt werden. Doch darum geht es Orban nicht. Er muss polarisieren, muss Stimmung machen für das, was noch bevorsteht.

Da ist zum einen die EU-Wiederaufbauhilfe, mit der die Wirtschaft in den Mitgliedstaaten nach den tiefgehenden Einschnitten während der Corona-Krise wieder in Schwung gebracht werden soll. Viele EU-Staaten haben bereits die erste Auszahlung, wenn noch nicht erhalten, so doch zugesichert bekommen. Im Falle Ungarns ist die Kommission noch dabei, die eingereichten Pläne zu prüfen, weshalb eine Entscheidung über eine Zusage an Budapest wiederholt vertagt wurde. Orban selbst rechnet damit, wie er gestern erklärte, dass es erst in zwei Monaten zu einer Einigung über die immerhin 7,2 Milliarden Euro Hilfe kommt. Dass es so lange dauert, bevor Brüssel die Gelder freigibt, hänge an dem beanstandeten Gesetz, behauptet der Ungar. Was selbstredend nicht stimmt. Die Kommission ist vielmehr um die korrekte Verwendung der Finanzhilfen besorgt. Denn Orban droht ein weiteres.

Seit Monaten bereits fordert das Europäische Parlament (EP), dass Kommissionschefin Ursula von der Leyen endlich den seit Anfang des Jahres in Kraft getretenen Rechtsstaatsmechanismus gegen die Regierung in Ungarn anwendet. Dieser sieht vor, dass einem Mitgliedstaat EU-Gelder vorenthalten werden, wenn Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit negative Auswirkungen auf das EU-Budget haben. Was durchaus der Fall sein dürfte. Denn laut einer Studie internationaler Wissenschaftler fehlt es in Ungarn nicht nur an Transparenz, was den Umgang mit EU-Geldern angeht. Es fehle auch an einer effizienten Verfolgung von mutmaßlichen Betrugsfällen und es gebe keine Garantie, dass unabhängige Gerichte in Ungarn EU-Recht verlässlich durchsetzten, so die Wissenschaftler. Die EU-Kommission versprach im Streit mit den EP-Abgeordneten, im Herbst die ersten Fälle anzugehen.

Die Aussicht, nicht nur viel Geld nicht zu bekommen, sondern auch weiteres Geld entzogen zu bekommen, ist nicht gut für einen Regierungschef, dessen Macht auch darauf gründet, dass er seine Unterstützer mit EU-Geldern versorgt. Und da im Frühjahr kommenden Jahres Wahlen in Ungarn anstehen, könnte die Frage des Geldes eine entscheidende Rolle spielen. Es sei denn, Orban gelingt sein Ablenkungsmanöver mit der Volksbefragung über das LGBTQ-Gesetz.

Insofern tut die EU-Kommission gut daran, den Rechtsstaatsmechanismus erst in einigen Monaten zu aktivieren und im Zuge dessen den von vielen behaupteten Korruptionssumpf in Ungarn trockenzulegen. Ein grundsätzliches Problem in der EU wird damit aber nicht angegangen: dass es zunehmend unterschiedliche Ansichten darüber gibt, inwieweit die EU auch eine Wertegemeinschaft ist, und gemeinsame, in den Verträgen verankerte Werte und Regeln in der Praxis immer mehr infrage gestellt werden. Auf die Dauer nagt das an den Grundfesten der Union.

Fröllerich
29. Juli 2021 - 8.19

Der Diktator will nicht die Werte der EU, das Geld der europäischen Steuerzahler schon. Einen Geniestreich ist es schon, dass er das ganze zur Volksabstimmung ausschreibt, da er dann die Werte der EU (in diesem Fall Demokratie) gegen die EU selbst benutzen kann. Eine Lösung sehe ich nicht.

Ras le bol
25. Juli 2021 - 12.52

Ist Demokratie , ein Wahlversprechen ein Referendum zur Verfassungsreform abzuhalten nicht eingehalten wird oder ein in die Kritik geratenes Gesetz zu LGBTQ durch Referendum eingeführt werden soll?