StaatsfinanzenZölle und Akzisen: Die ungeliebte Geldquelle

Staatsfinanzen / Zölle und Akzisen: Die ungeliebte Geldquelle
Die Steuereinnahmen von den Tankstellen sind der Regierung ein Dorn im Auge: Jeder verkaufte Liter Kraftstoff verschlechtert Luxemburgs Klimabilanz Foto: Tageblatt-Archiv

Jetzt weiterlesen! !

Für 0,59 € können Sie diesen Artikel erwerben.

Sie sind bereits Kunde?

Dass die Besteuerung von Produkten wie Alkohol, Benzin oder Zigaretten ein wichtiger Bestandteil für die Finanzen der Luxemburger Regierung ist, zählt zum Allgemeinwissen. Doch seit nunmehr 20 Jahren verliert diese Einnahmequelle (Zölle und Akzisen) an Gewicht. Laut den Wünschen der Regierung soll ihr Anteil an den Steuereinnahmen in Zukunft weiter schrumpfen.

Zölle und Akzisen sind Arten der Besteuerung, die Europas Bürger bereits seit vielen Jahrhunderten kennen. Es sind relativ sichere Einnahmen für die Staaten. Das Volumen des Verbrauchs von Benzin, Zigaretten oder Alkohol ist nur wenig abhängig von der Wirtschaftslage. Auch Steuererhöhungen lassen sich in diesem Bereich oftmals einfach durchsetzen. Werden sie nicht so sehr in die Höhe getrieben, dass die Menschen protestieren oder dass ein Schwarzmarkt entsteht, dann braucht der Staat einfach nur auf sein Mehr an Einnahmen zu warten.

In Luxemburg haben Zölle und Akzisen als Anteil an den jährlichen Einnahmen des Staates eine interessante Entwicklung hinter sich: Vor 50 Jahren standen sie für neun Prozent der Einnahmen des Staates. Danach wurde diese Geldquelle stetig wichtiger. 2000 stand sie für satte 17 Prozent aller staatlichen Einnahmen – fast so viel wie die Mehrwertsteuer, die in dem Jahr einen Anteil von 19 Prozent an allen Steuern hatte. Im Jahr 2004 waren es rekordträchtige 18 Prozent aller Steuereinnahmen.

Anteil an den Gesamteinnahmen schrumpft

Seit 2005 hat das Gewicht der Einnahmen aus Zöllen und Akzisen jedoch stetig abgenommen. Im Jahr 2018 standen sie wieder für 9,2 Prozent der Einnahmen. Das waren 1,57 Milliarden Euro. Diese Einnahmequelle reagiert im Normalfall empfindlich auf Veränderungen in der Besteuerung. Je günstiger – im Vergleich zu den Nachbarländern – die Produkte sind, desto mehr wird verkauft (und hierzulande besteuert).

Jahrzehntelang lautete das Ziel, für die Kundschaft aus der Grenzregion preislich attraktiv zu bleiben. Das ist seit spätestens vergangenem Jahr nicht mehr der Fall. Die Regierung ist der Überzeugung, dass Luxemburg seine Klimaziele nur erreichen kann, wenn der Lkw-Tanktourismus schrumpft. Mit einer höheren Besteuerung wird nun versucht, die Kunden zu vertreiben.

Mit der Erhöhung der Besteuerung der Kraftstoffe im Mai 2019 funktionierte der Trick jedoch nicht. In den ersten neun Monaten des Jahres 2019 stiegen die Einnahmen durch Zölle und Akzisen um mehr als sieben Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum, schreibt die Zentralbank in ihrem „Avis de budget“. Am Ende des Jahres könnte es sein, dass 45 Prozent mehr Geld eingenommen wurde als geplant, so die BCL. Statt dem geplanten Zuwachs von 2,8 Prozent könnte es ein Wachstum von 5,4 Prozent sein.

Wachstum trotz höherer Steuer

Alle Komponenten dieses Einnahmebereichs sind in den ersten neun Monaten des vergangenen Jahres gestiegen. Erlöse aus dem Verkauf von Zigaretten und Tabakwaren stiegen um mehr als 6 Prozent. Steuern aus dem Verkauf von Alkohol verzeichneten ein Wachstum von fast 9 Prozent. Auch die Einnahmen aus der Besteuerung von Kraftstoffen legten in den ersten neun Monaten des Jahres um fast 9 Prozent zu.

Ohne die Erhöhung der Besteuerung wäre der Zuwachs noch viel deutlicher ausgefallen, schätzt die Zentralbank. Es wären mehrere Millionen Euro zusätzlich in die Staatskasse geflossen – die Klimabilanz würde noch schlechter aussehen. Der Preisunterschied bei dem Lkw-Diesel sei immer noch vorteilhaft für Luxemburg.

Auch die Regierung sieht sich auf Kurs: Die Erhöhung der Besteuerung im Mai 2019 habe den seit 2017 anhaltenden Aufwärtstrend gestoppt, schrieb sie im Dezember. Von Mai bis November seien die Verkäufe im Vergleich zum Vorjahreszeitraum leicht rückläufig. Wegen hoher Verkaufszahlen in den ersten Monaten des Jahres rechnet man im Gesamtjahr 2019 jedoch auch erneut mit einem Anstieg der Einnahmen.

Freude im Saarland

Die Besteuerung der Kraftstoffe wurde zu Beginn dieses Jahres noch einmal angehoben. Die Regierung will die Abgaben auf dem Treibstoff (Diesel für Lkw) schrittweise so lange weiter erhöhen, bis die Preise für Transitfahrer uninteressant werden. Funktionieren wird die Taktik jedoch nur, wenn nun die Nachbarländer nicht nachziehen und ihrerseits ebenfalls die Besteuerung von Kraftstoffen erhöhen.

Die Anzeichen deuten darauf hin, dass das Ziel erreicht wird. So berichtet Bild Saarland beispielsweise diese Woche: „Man tankt wieder Deutsch. (…) Noch vor knapp einem Jahr betrug der Preisunterschied 40 Cent pro Liter. Jetzt liegt er je nach Tageszeit zeitweise bei 5 Cent. (…) Bei einem solch kleinen Preisunterschied haben viele Saarländer keine Lust mehr, die knapp 25 Kilometer über die Grenze zum Tanken zu fahren.“ Die Tankstellenbetreiber im Saarland freue das.

Unterm Strich wird Luxemburg mit dem langfristigen Wegfall des Lkw-Tanktourismus bisher sichere Steuereinnahmen verlieren – oder zumindest auf mögliche Mehreinnahmen verzichten. Ihr Anteil an den gesamten Steuereinnahmen wird schrumpfen.

Im laufenden Jahr rechnet die Regierung laut Haushaltsentwurf mit Einnahmen aus Zöllen und Akzisen in Höhe von 1,77 Milliarden. Laut Berechnungen der Zentralbank sei das im Vergleich zu den 2019 tatsächlich eingezogenen Einnahmen ein Anstieg von nur 1,7 Prozent. Für die Jahre 2021 bis 2023 sieht die Regierung eine anhaltende Verlangsamung des Wachstums vor. Im Schnitt sollen diese Einnahmen nur noch um 1,3 Prozent zulegen.

Mit der Legalisierung des Cannabis könnte in diesem Bereich eine weitere, bisher dem Schwarzmarkt überlassene Einnahmequelle hinzukommen. Der Cannabiskonsum ist in Luxemburg bereits seit Juli 2018 für die medizinische Verwendung zugelassen. Der Koalitionsvertrag der Regierung sieht eine Cannabis-Freigabe ebenfalls für Freizeitzwecke vor. Europäische Vorgaben wie Mindeststeuersätze gibt es in dem Bereich nicht. Die Cannabis-Produkte, die derzeit verkauft werden dürfen, werden seit Anfang dieses Jahres besteuert wie Tabak.

Im Rahmen der Serie über die Einnahmen des Staates sind erschienen: 
Abhängig von immer mehr Arbeitsplätzen: 2.1.2020
Die bedeutendste Geldquelle des Landes: 3.1.2020
Die schwankende Geldquelle: 9.1.2020
Die sichere Geldquelle: 11.1.2020
Die ungeliebte Geldquelle: 16.1.2020
Unterschätzte Investmentfonds 17.1.2020

Jacques Zeyen
16. Januar 2020 - 15.10

@le méchant genau.Das ist reine Statistik und hat mit Frischluft überhaupt nichts zu tun.

Jacques Zeyen
16. Januar 2020 - 15.09

"Ungeliebte Geldquelle" Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Co2-Bilanz steht vor Einnahmen,klingt schon einmal gut.Als würde der getankte Diesel ausschließlich in Luxemburg verbrannt oder dadurch weniger gefahren.Was haben Zigaretten und Alk mit CO2_Bilanzen zu tun. Denn allein deswegen werden die Touristen kommen,auch wenn der Sprit teurer wird.Aber wohl dem Staate der auf Einnahmen verzichten kann. Bleibt zu hoffen,dass wir nach der grünen Welle nicht wieder auf den Bäumen sitzen. A propos Bäume. Die Luft,nicht die Bilanz, könnte durch massives Pflanzen von Laubbäumen ( nicht Abholzen )verbessert werden. Statt dessen wird geteert und betoniert was das Zeug hält.Auch schlecht für die Bilanz.

Le méchant
16. Januar 2020 - 14.22

"Klimaziele in Luxemburg werden so erreicht", aber dann wird man im Ausland eben wieder mehr tanken, so dass die Gesamtbilanz die selbe ist...nur Luxemburg kann behaupten etwas erreicht zu haben. Das ist doch Schwachsinn, denn Kraftstoff muss eben weiter getankt werden, nur dass die Akzisen für Luxemburg wegfallen und wir in Luxemburg eben dann mehr zahlen müssen für Kraftstoff und Heizung...diese Regierung ist doch wirklich meschugge geworden grüner Wahnsinn pur..

Jemp
16. Januar 2020 - 12.34

Kurz gesot, et geet drems d'Mettelklass verschwannen ze doen, well dat déi eenzeg sinn, denen een nach méi Steiere kann ofkneppen. Déi Arm kenne nämlech keng bezuelen, an déi richteg Räich welle keng bezuelen, soss ginn se einfach hirer Wee. Hätt mech jo och net gewonnert, wa mer net géifen déi selwecht Dommheete nomache wéi eis däitsch, franséisch a belsch Noperen, wou z.B. d'Rentner bal erhingeren an an den Dreckskeschte wulle mussen, fir eidel Fläschen ze sammelen.

DanV
16. Januar 2020 - 11.00

@ BillieTH Comment ce sera financé? Mais bien sûr par une augmentation d'une taxe encaissée auprès des habitants du pays. Après tout, les routes nous appartiennent, même si elles sont abîmées par les camions étrangers. Peut-être de nouveau une augmentation de la TVA sur les biens et services ainsi qu'une diminution de l'avantage TVA logement comme en 2015 ...? Après tout, les prix flamboyants dans le domaine du logement sont à l'avantage des finances de l'Etat: recettes fiscales augmentées sur les spéculations immobilières, sur les actes notariés, sur les locations, ...

BillieTH
16. Januar 2020 - 9.50

et comment le gouvernement va financer la manque d’accises qui sera le resultat de sa lutte ideologique contre les automobilistes (et son soutien implicite a la surtaxation ds les pays voisins) ? la question aux elections suivantes aux parties s’ils sont prêts a defaire la politique Bettel/Gramegna/Bausch/Turmes sera ouvertement posée.