Tageblatt: Herr Wildschutz, der „Circus Crone“ hat in den vergangenen Wochen für Schlagzeilen gesorgt. Wie haben Sie von den Plänen der Schausteller erfahren?
Félix Wildschutz: Wenn ein Zirkus Tiere dabeihat, dann muss er uns zwei Wochen im Voraus Bescheid geben. Das steht im Tierschutzgesetz. Dann können wir entscheiden, ob wir eine Kontrolle machen oder nicht. Wir haben von den Betreibern keine Benachrichtigung erhalten – die Gemeinde hat uns später kontaktiert.
Die Veterinärverwaltung hat den Zirkus kontrolliert. Was haben Sie dabei festgestellt?
Wenn man in der EU Tiere transportiert, dann benötigt man eine Genehmigung, die hier allerdings nicht vorgezeigt werden konnte. Diese wird normalerweise vom Ursprungsland des Zirkus ausgestellt, in diesem Fall Frankreich. Zudem sind verschiedene Dokumente notwendig, die unter anderem die Identifikation der Tiere festhalten und ob sie geimpft sind. All diese Bescheinigungen fehlten. Laut den Betreibern waren die Tiere alle geimpft, die jeweiligen Dokumente konnten sie uns aber nicht vorzeigen. Dazu muss man aber sagen, dass der Gesundheitszustand der Tiere in Ordnung war und dass sie korrekt gehalten und gefüttert wurden.
Der Piraten-Politiker Daniel Frères hat allerdings kritisiert, dass die Tiere nur mit Stroh gefüttert wurden.
Es ist schwierig, das nötige Futter dabei zu haben, wenn man mit Tieren zirkuliert. Es ist nicht ideal, die Tiere nur mit Stroh zu füttern, sie müssen auch Heu und solche Sachen bekommen. Aber die Tiere waren nicht in einem katastrophalen Zustand.
Der Zirkus hatte Kamele, Dromedare und Lamas dabei. Diese sind in Luxemburg nicht als Zirkustiere genehmigt. Warum sind Hunde, Katzen und Pferde erlaubt und exotischere Arten nicht?
Die Tiere, die man in Luxemburg als Haus- bzw. Nutztiere halten kann, sind erlaubt. Bei diesen Arten ist es möglich, sie korrekt zu halten und zu transportieren. Wir wollten vermeiden, dass ein Zirkus mit wilden Tieren wie Löwen oder Giraffen auftritt.
Die Zirkusleute sagten anfangs, dass sie die wilden Tiere nur dabeihatten und nicht mit ihnen auftreten würden. Die Betreiber haben sich letzten Endes nicht daran gehalten. Aber wäre das erlaubt gewesen?
Nein.
Welche Strafen fallen jetzt für die Zirkusbetreiber an?
Wir haben keine Strafen verhängt. Es sind zwar eventuelle Strafen vorgesehen, aber dann hätten wir das Dossier an die Staatsanwaltschaft weiterreichen müssen. Wenn der Zirkus nicht hierzulande angemeldet ist, ist es für die Staatsanwaltschaft schwierig, dagegen vorzugehen. Wir haben den Betreibern gesagt, dass sie nicht mehr in Luxemburg bleiben dürfen. Zwar hatten sie versucht, noch einmal zurückzukommen, aber auch hier wurden sie zurückgewiesen.
Wenn die Gemeinden Zirkussen mit Tieren eine Genehmigung erteilen, dann sollen sie sich auch vergewissern, dass wir die nötigen Informationen erhalten haben bzw. sollen sie uns Bescheid geben
Vor Remich hatte der Zirkus auch schon Auftritte in Grevenmacher.
Genau. Das hatten wir allerdings nicht mitbekommen, sodass wir das nicht kontrollieren konnten. Deswegen ist im Tierschutzgesetz vorgesehen, dass die Betreiber uns zwei Wochen im Voraus benachrichtigen. Wenn die Gemeinden Zirkussen mit Tieren eine Genehmigung erteilen, dann sollen sie sich auch vergewissern, dass wir die nötigen Informationen erhalten haben bzw. sollen sie uns Bescheid geben. Aber es gibt immer mehr Kommunen, die Zirkustiere in ihrem Reglement verbieten.
Wie sinnvoll ist es denn überhaupt noch, Zirkusse mit Tieren zu erlauben?
Wir sind der Meinung, dass das der modernen Auffassung des Tierwohls nicht mehr gerecht wird. Es geht auch ohne. Wir sind davon nicht begeistert – aber wir wollten nicht sofort sagen, dass wir gar keine Zirkustiere mehr erlauben. Hunde oder kleinere Tiere wollten wir nicht zu hundert Prozent verbieten.
Was sieht das Tierschutzgesetz beim Trainieren der Tiere vor?
Man darf Tiere nicht zu einer Handlung zwingen, die gegen ihre physiologischen Gegebenheiten geht oder ihnen Schmerz zufügt.
Das Gesetz betrifft auch die Landwirtschaftsbetriebe. Wie oft werden diese von der Veterinärverwaltung kontrolliert?
Wir müssen jedes Jahr mindestens fünf Prozent der Betriebe kontrollieren. Verschiedene Unternehmen werden per Zufall bestimmt. Andere, weil sie in der Vergangenheit negativ aufgefallen sind.
Kann man überhaupt von Tierschutz reden, wenn vorgesehen ist, die Tiere umzubringen?
In dem Fall ist es nicht Tierschutz, das nennen wir „bien-être des animaux à l’abattage“. Wir haben Regeln für das Schlachten der Tiere. Sie müssen vorher betäubt werden und der Schlachthof muss sicherstellen, dass die Betäubung wirksam ist. Man kann zwar nicht von Tierschutz reden, aber man kann versuchen, das so schmerzfrei wie möglich zu machen. Dazu gibt es ein europäisches Reglement und das ist über das Tierschutzgesetz abgesichert.
Die Haltung von wilden und exotischen Tieren ist im Gesetzestext ebenfalls geregelt.
In Luxemburg gibt es eine Liste mit Tieren, die man halten darf. Giftige Tiere sind prinzipiell verboten. Bei ungelisteten Arten muss man eine spezielle Erlaubnis anfragen. Dabei muss angegeben werden, welche Tiere es sind, wie sie gehalten werden und welche relevanten Ausbildungen absolviert wurden. Wenn unsere Auswertung positiv ausfällt, dann schlagen wir dem Landwirtschaftsministerium vor, die Erlaubnis auszustellen. Die Tierhalter werden danach regelmäßig kontrolliert.
Wie oft kommt es vor, dass Menschen exotische Tiere ohne Genehmigung halten?
Nicht oft. Das fällt natürlich nicht immer auf. Wir hatten einmal den Fall, dass der Halter von seiner Schlange gebissen wurde und ins Krankenhaus geliefert werden musste. Das haben wir uns danach vor Ort angeschaut und eine Beschlagnahmung bei der Staatsanwaltschaft angeordnet, weil die Tiere nicht artgerecht gehalten wurden und der Mann keine Erfahrung hatte.
Wie gut ist der Tierschutz in Luxemburg im Vergleich mit dem Ausland?
Da wir in Luxemburg eigentlich keine Massentierhaltung haben, wird der Tierschutz bei uns besser respektiert. Aber es gibt natürlich immer Probleme – zum Beispiel beim Tiertransport. Wir erhalten relativ viele Beschwerden wegen Haustieren. Es gibt immer wieder Menschen, die ihre Tiere zwar nicht quälen, aber sie nicht artgerecht halten.
Was passiert, wenn Ihre Verwaltung auf so einen Fall aufmerksam wird?
Meistens versuchen wir den Besitzern zu erklären, wie sie ihre Tiere halten sollen. Wenn wir merken, dass sie nicht darauf reagieren, dann haben wir auch schon die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Sie kann dann entscheiden, dem Besitzer seine Tiere wegzunehmen. Wenn man sich ein Haustier anschafft, sollte man die nötige Zeit und Mittel haben, um die Tiere anständig halten zu können.
Das Gesetz spielt also eine wichtige Rolle in Ihrem Alltag. Wie bewerten Sie die momentane Fassung des Textes?
Sie ist extrem gut. Das Tier ist kein Objekt mehr, sondern ein Lebewesen – das haben wir gut hinbekommen. Mit der Aktualisierung von 2018 haben wir viele neue Mittel bekommen und es wurde auch viel präzisiert. Aber nach fünf Jahren stellen wir fest, dass uns noch verschiedene Sachen fehlen. Wir sind dabei, an Modifikationen zu arbeiten. Wir verbessern unser Gesetz allerdings laufend, damit es den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen entspricht. Zurzeit liegt noch kein fertiges Projekt auf dem Tisch.
Was kann noch verbessert werden?
Momentan müssen wir bei Strafen über die Staatsanwaltschaft gehen und das ist eine langwierige Prozedur. Wir beabsichtigen, administrative Geldstrafen einzuführen, die wir dann über unsere Verwaltung erteilen können. Beim Fall „Crone“ hätten wir dann sagen können, das kostet jetzt 1.000 oder 2.000 Euro. Das Geld hätten wir dann sofort vor Ort einziehen können.
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