«Die Medien können frei berichten», meint Reporter ohne Grenzen in seinem Länderbericht zu Luxemburg. Ist demnach jegliche (selbst)kritische Reflexion überflüssig? Kann sich die Presse im Großherzogtum frei entfalten und zurücklehnen? Blickt man einerseits auf die Besitzverhältnisse in Luxemburgs Medienlandschaft und andererseits auf die Versuche der mal offenen, mal verdeckten Einflussnahme durch Politiker und Interessenvertreter, ergibt sich ein wesentlich differenzierteres Bild. Die Pressefreiheit mag in Luxemburg per Gesetz garantiert sein – sie ist jedoch auch bei uns stets in Gefahr, wenn auch auf einer anderen Ebene als in autoritären Staaten, die Journalisten verhaften und in Gefängniszellen verrecken lassen. Es wird in Luxemburg ebenfalls niemand mundtot gemacht, geschweige denn wegen kritischer Recherchen getötet. Es sei hier nur an die gewaltsamen Morde der Journalisten Daphne Caruana Galizia und Ján Kuciak erinnert.
Nein, all dies muss man in Luxemburg nicht fürchten. Politiker, Wirtschaftsvertreter und einflussreiche Player in Verwaltungsräten von Medienhäusern sind gerissener – oder glauben zumindest, es zu sein. Nicht ohne Grund weist der luxemburgische Presserat zu Recht darauf hin, dass jene Journalisten, die wirklich kritisch berichten, im Zweifelsfall «gerichtliche Prozesse und Einschüchterung fürchten» müssen. Gerade deswegen sind die Abwehrreaktionen der Zivilbevölkerung, wenn es zum Beispiel um LuxLeaks geht, so verstörend. Anstatt die für Journalisten wichtigen Quellen wie «Whistleblower» schützen zu lassen, werden sie zum Teil als «dreckegen Déif» verunglimpft. Nicht weniger relevant ist der Hinweis des Presserats, dass die «Chamberleaks», die von den Kollegen von Radio 100,7 aufgedeckt wurden, mit Drohungen aus der Politik gekontert wurden. Statt sich mit dieser haarsträubenden Datenschutzaffäre auseinanderzusetzen, wurde auf die Journalisten Druck ausgeübt. Dabei braucht ein Land wie Luxemburg allein wegen seiner finanzpolitischen Geschichte, Skandale und völligen Intransparenz das längst überfällige Whistleblower-Schutzgesetz. Also einen gesetzlichen Rahmen, der Menschen zu Zivilcourage ermutigt, um auf Missstände in ihrem eigenen Lebensumfeld hinzuweisen. Denn ohne diese Hinweise führen die meisten Recherchen hierzulande oft nur in eine Richtung: und zwar in die Sackgasse.
Will man sich mit dem Mitarbeiter einer staatlichen Verwaltung unterhalten, verlieren Journalisten wegen der sogenannten «Circulaire Bettel» ihre Zeit und den direkten Zugang zu Beamten, weil diese nur noch über Pressesprecher kommunizieren dürfen. Deren Jobprofil widerspricht wiederum dem professionellen Journalismus: Nicht die Wahrheitssuche ist die Aufgabe der wachsenden PR-Armadas aus Politik und Wirtschaft, sondern die professionelle Interessenvertretung mit der Lizenz zum Verschweigen, Verdrehen, Vereinfachen – und wenn nötig zum Lügen. Auch beliebt: Bei kritischen Anfragen werden Interviews und Reaktionen von Ministern ganz einfach abgelehnt oder weniger als hungrige fünf Minuten Gesprächszeit bewilligt. Denn niemand traut sich etwa mit Blick auf den Luxemburger Finanzplatz, auch nur ein Wort zu viel zu sagen. Selbst ein rechtlich festgeschriebener Informationszugang für Journalisten (und für alle anderen Bürger) bleibt Zukunftsmusik. Besonders in einem Wahljahr sollte sich Luxemburgs Presse deswegen mehr denn je mit Händen und Füßen gegen jegliche Versuche außerredaktioneller Einflussnahme wehren – die viel zu lange geduldet wurden – und auf ihre Rechte pochen.
Werter „Metti“:
Sie fragen „Wéi ass et da mat der Pressefräiheet?“: Nun, die Pressefreiheit besteht im Wesentlichen aus zwei Teilen:
1) Die Presse darf alles veröffentlichen, was sie veröffentlichen will.
2) Die Presse muss nichts veröffentlichen, was sie nicht veröffentlichen will.
Aus Punkt zwei ergibt sich u.a., dass für uns keinerlei Verpflichtung versteht, die Wahlpropaganda von politischen und sonstigen Organisationen, deren Ziele und Ansichten wir nicht teilen, gratis zu verbreiten.
Dann fragen Sie, wie es um Meinungsfreiheit bestellt ist? Nun, in Luxemburg dürfen Sie Ihre Meinung im Rahmen der geltenden Gesetzgebung frei äußern, was aber (siehe oben) nicht heißt, dass Sie ein Presseorgan dazu zwingen könnten, sich Ihnen als Sprachrohr zur Verfügung zu stellen.
Pressematdeelungen a Kommentarer vu méi klenge Parteien, déi net etabléiert si, ginn oftmools einfach ignoréiert. Wéi ass et da mat der Pressefräiheet, Meenungsfräiheet an investigativem Journalismus, deen ëmmer esou héisch gehale gëtt? (...)
D'Gericht an/oder de Conseil d'Administration/Direkter an ASistentin/Direktriss vum Medienhaus oder esou Eppes, op Affekot/Verteidegung gestallt/bezuelt gett oder net méi... bis op Stroossbuerg oder Den Haag. Déi Aller-Läscht-Instanz kennt fir Jidderéen. Versprach ; )
Eleng wéinst àren schlecht rechercheierten Artikelen misst dir op d'Fangeren geklappt kréien...
Eng US-Billion ass eng Milliard an keng Billioun ( T-Artikel )
E KircheFong ass kee KircheBAUfong ( T- Artikel )
dëst nëmmen haut fonnt..... Schummt Iech fir déi schlecht Recherchen.
Für eine unabhängige Presse sind schon zuviele Ihrer Kollegen „politisch aktiv“. Wer soll da noch an die nötige Unabhängigkeit glauben....
Zitat."Nicht die Wahrheitssuche ist die Aufgabe der wachsenden PR-Armadas aus Politik und Wirtschaft, sondern die professionelle Interessenvertretung mit der Lizenz zum Verschweigen, Verdrehen, Vereinfachen – und wenn nötig zum Lügen." Komisch, auf RTL hat die Präsidentin des Presserats, immerhin Journalistin bei einer sich seriös gebenden Wochenzeitung, am Donnerstagmorgen bedauert, dass es im Vorfeld von Pressebriefings keine - genau von diesen Leuten und mit diesem vermeintlichen Ziel gefertigte - Pressedossiers gibt ... Irgendwie scheint man denn doch dankbar für derlei "gefilterte" Informationen. Manche Medien profitieren, wenn es doch mal solche Vorab-Infos gibt sogar davon, daraus eine Prime-Nachricht zu machen, noch bevor das Pressebriefing - einschließlich kritischer Nachfragemöglichkeit überhaupt stattgefunden hat.
N. B.
WikiLeaks, Guantànamo Files, Panama Papers, LUX Leak I & II.
Da gett vu "Chamber-Leak" geschwaat.
Beim "Chamber-Leak", goufen mat Nodrock Daten gelueden,
der Öffentlechkeet nie zougänglech gemach. Vertraulech zerëckbehal ?
E Skandal gesinn ech do net. Keng Opdëckung.
Et gouf gelueden an zerëckbehal. Keng omineis Praktiken, "ent-schléiert"!
Einfach streng vertraulech Donéen, hätte kenne mëssbraucht ginn.
Sinn menges Wessens awer net, "mëssbraucht" ginn.
Dofir as de "Chamber Leak", keen klasseschen LEAK.
Et ass eppes anescht, woufir et nach keen Numm gëtt.
Ein unabhängige Presse müsste staatliche Fördergelder ablehnen. Ist dem nicht so beim kritischen Feierkrop ? Zudem finde ich auch eine redaktionnelle (Zwangs)Festlegung wie sie anscheinend bei der Referendumsdiskussion in TB und Wort aktiv war, sehr schädigend für eine freie Berichterstattung. Zudem ist die Abhängigkeit vom Narrativ der wenigen Presseagenturen dpa, afp,reuters kritikwürdig. Zudem wirkt in vielen Themenbereichen oft eine innerer Maulkorb (PC) wie eine Schere im Kopf.
Allerdings ass d'Ausso: "im Zweifelsfall gerichtliche Prozesse und Einschüchterung fürchten müssen" dach e beschen einfach. Et gehéiert eben och zu engem Rechtstaat, dass jiddereen verklot ka ginn, an sech den Fall gesatt viru Gericht verätweren muss. Daat ass jo och keng Verurteelung. D'Gericht decidéiert doriwwer.
"Lizenz zum Verschweigen, Verdrehen, Vereinfachen – und wenn nötig zum Lügen." Och d'Journalisten hunn eng politesch A'stellung an setzen sech oft fier politesch Zieler an. Och sie vereinfachen (waat een gudd oder schlecht ka machen), ginn Fakten falsch erëm (bewosst oder well se eepes net richteg verstann hunn), ouni iwwert d'Konsequenzen nozedenken (sou Geschichten fallen dann awer fréier oder spéider op - an daat ass Waasser op d'Milen vun den Rietspopulisten die iwwerall eng Lügenpresse gesinn...) oder sie huelen éischter "technesch" Problematiken aus dem Gesamtkontext, well et dann die jeweileg Administratioun schlecht do stoen léisst, fier dem jeweilegen Minister eng auszewëschen, deen eben eng anner politesch Richtung wie die jeweileg Zeitung oder Journalist vertrëtt.
Sehr guter Artikel Herr Sabharwal, allerdings solange die Presse abhängig ist von staatlichen Fördergelder sprich Pressehilfe, trägt sie selber Mitschuld, dass sie angreifbar wurde, ihren Aufgaben zur Aufdeckung von Skandalen, freier Information nicht mehr gerecht werden zu können. Die Politik hat hier eindeutig ein Werkzeug geschaffen , bei gegebenen Situationen, die Presse zu gängeln.