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Cahen im InterviewWieso viel mehr Väter Elternurlaub nehmen

Cahen im Interview / Wieso viel mehr Väter Elternurlaub nehmen
Die Idee zu einer Reform des Elternurlaubs entstand laut Familienministerin Corinne Cahen im Sinne der Gleichberechtigung zwischen Müttern und Vätern Foto: Editpress/Julien Garroy

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Ende Februar hat Familienministerin Corinne Cahen in der Parlamentskommission die Begutachtung der Reform des „Congé parental“ vorgestellt. „Ihr Baby“, wie es Pressesprecherin Stéphanie Goerens formulierte, soll der Ministerin zufolge vor allem zur Gleichberechtigung von Müttern und Vätern beitragen. Ein Interview.

Tageblatt: Nach der Reform 2016 sind die Anfragen für den zweiten „Congé parental“, insbesondere bei den Vätern, kräftig gestiegen. Wie erklären Sie sich das?

Corinne Cahen: Ich glaube, wir brauchen ein wenig mehr Distanz, um die Zahlen noch genauer zu analysieren. Dennoch ist jetzt bereits klar, dass seit der Reform viel mehr Väter den Elternurlaub genommen haben. Das hat einerseits damit zu tun, dass man jetzt eine Entschädigung von bis zu circa 3.400 Euro monatlich ausgezahlt bekommt. Viele Väter entscheiden sich zudem für den flexiblen „Congé parental“, zum Beispiel ein Tag pro Woche oder viermal einen Monat. Das vorherige Regime war ihnen wahrscheinlich zu rigide. Deshalb haben wir die Reform auch gemacht. Es ist ganz klar, dass diese zwei Sachen die Ursachen sind, wieso jetzt viel mehr Väter den „Congé parental“ nehmen. Weil sie es sich nun sowohl zeitlich wie auch finanziell leisten können.

Sind Sie zufrieden damit?

Ich bin sehr zufrieden damit. Weil wir das erreicht haben, was wir wollten. Weil wir jetzt quasi die Fifty-Fifty-Quote erreicht haben. Wenn wir sehen, dass früher von den 100 Prozent Elternurlaub 75 Prozent von den Frauen genommen wurden, dann sind die Zahlen heute sehr gestiegen. Ich glaube, dass dadurch die Männer nun auch mehr Verantwortung zu Hause übernehmen, gegenüber den Kindern, und dass sich die Bindung zwischen den Vätern und den Kindern dadurch ganz klar verbessert.

Gibt es Sachen, die man besser machen kann? Was ist bei dem Begutachtungsbericht herausgekommen?

Da kam nicht wirklich etwas heraus. Das man hätte besser machen können, weil wir noch nicht genug Abstand haben. Da man den zweiten Elternurlaub nehmen kann, bis das Kind 6 Jahre alt ist, müssen wir nun abwarten, bis wir alle Väter von Kindern, die den neuen „Congé parental“ beantragt haben, erfassen können. Wir sind sehr zufrieden, weil die regelmäßigen Umfragen, die wir bei den Eltern gemacht haben, uns ein extrem positives Feedback einbrachten. Die Reform wurde vor Ort gut akzeptiert.

Was sagen die Arbeitgeber dazu?

Das Liser („Luxembourg Institute of Socio-Economic Research“; Anm. d. Red.) hat im Rahmen der „évaluation intermédiaire“, also des Begutachtungsberichts, mit 18 Arbeitgebern gesprochen, die es nach bestimmten Kriterien ausgesucht hat. Das Institut hat gezielt Arbeitgeber kontaktiert, die wenige Anfragen für Elternurlaub hatten, um sie nach der Ursache zu fragen. Das ist eine qualitative und keine quantitative Umfrage, die auch nicht repräsentativ ist. Fazit ist, dass wir mehr in die Kommunikation stecken müssen und die Arbeitgeber mehr über ihre Rechte – sie haben welche – und Pflichten informieren müssen. Ich glaube, da müssen wir noch mehr tun.

Die Gleichberechtigung zwischen Müttern und Vätern bedeutet, dass die Väter auch ihre Verantwortung gegenüber den Kindern übernehmen

Corinne Cahen, Familienministerin

Wie kam es eigentlich zu der Idee für eine Reform des „Congé parental“? War das eher im Sinne einer Gleichberechtigung zwischen Vater und Mutter oder eher im Sinne von mehr Flexibilität für die Eltern, damit diese eine bessere Work-Life-Balance haben?

Um ganz ehrlich zu sein, wenn Sie mich jetzt über die Entstehungsidee befragen, für die ich seit 2009 kämpfe – da war ich noch nicht einmal in der DP, sondern Mitglied in der „Chambre de commerce“, wo ich mit zahlreichen Männern dasaß –, so nenne ich Ihnen den ersten Grund. Die Gleichberechtigung zwischen Müttern und Vätern bedeutet, dass die Väter auch ihre Verantwortung gegenüber den Kindern übernehmen. Wir sind der Meinung, dass junge Eltern, die beide berufstätig sind, ein bisschen weniger arbeiten sollten. Wir glauben, dass es besser ist, wenn jeder einen Fuß im Berufsleben behält, statt dass einer zu 100 Prozent arbeiten geht und der andere gar nicht mehr.

Die Reform war auch, um den Frauen zu sagen: „Hört nicht auf, arbeiten zu gehen, wir geben euch Alternativen!“ Im Rahmen der Work-Life-Balance-Direktive arbeiten wir zusammen mit Dan Kersch. Wir sagen den Frauen und Männern, sie sollten statt 100 Prozent eben nur 80 oder 70 Prozent arbeiten und in der Arbeitswelt bleiben, damit sie sich von niemandem finanziell abhängig machen.

Wie lautet Ihr Fazit zur Reform?

Eine Reform ist immer nur so gut, wie sie auf dem Terrain auch ankommt. Und diese ist gut angekommen.

„Es ist Cahens Baby“

Pressesprecherin Stéphanie Goerens vom Familienministerium sagte gegenüber Tageblatt: „Es ist Cahens Baby.“ Damit meinte sie, dass die Familienministerin Corinne Cahen die Reform zum „Congé parental“ vorangetrieben hat und dass ihr das sehr wichtig sei. Ende Februar stellte Cahen in der Parlamentskommission eine Begutachtung der Reform des Elternurlaubs vor, die von mehreren Mitarbeitern des Liser („Luxembourg Institute of Socio-Economic Research“) aufgearbeitet wurde.

Steckbrief

Ein Elternteil muss den Elternurlaub (2. „Congé parental“) sofort nach dem Mutterschaftsurlaub (1. „Congé parental“) nehmen, da ansonsten das Recht auf Elternurlaub sowie auf die Entschädigung verfällt. Der andere Elternteil kann ihn zur gleichen Zeit wie sein Partner oder bis zum Erreichen des 6. Lebensjahres des Kindes beantragen.

Wer 40 Stunden die Woche arbeitet, kann beim 2. Elternurlaub zwischen folgenden Modellen wählen:
– einem Vollzeit-Elternurlaub von 4 oder 6 Monaten,
– einem Halbzeit-Elternurlaub von 8 oder 12 Monaten,
– einem Teilzeit-Elternurlaub: 4 Monate während einer Gesamtperiode von 20 Monaten,
– einem Teilzeit-Elternurlaub: 1 Tag pro Woche während einer Gesamtperiode von 20 Monaten.

Wer 20 Stunden die Woche arbeitet, kann nur zwischen dem Vollzeit-Elternurlaub von 4 oder 6 Monaten und dem Halbzeit-Elternurlaub von 8 oder 12 Monaten auswählen. Das Ersatzeinkommen wird berechnet auf der Basis des in den 12 Monaten vor dem Elternurlaub vom Arbeitgeber bei der Sozialversicherung deklarierten Einkommens. Es liegt zwischen einer Untergrenze, die dem Mindestlohn entspricht, und einer Obergrenze, die 5/3 des Mindestlohnes entspricht (für einen Vollzeitarbeitsvertrag). Für einen Vollzeit-Elternurlaub liegt die Untergrenze demnach aktuell bei rund 2.100 Euro brutto, die Obergrenze bei rund 3.500 Euro brutto. Wer den zweiten Elternurlaub beantragen will, muss dem Arbeitgeber spätestens 4 Monate vor Beginn des „Congé parental“ das gewünschte Datum per eingeschriebenem Brief mit Empfangsbestätigung zukommen lassen. Der Arbeitgeber darf den Vollzeit-Elternurlaub in der Regel nicht ablehnen. Es gibt allerdings einige Ausnahmen. Mehr dazu finden Sie auf der Webseite der „Zukunftskeess“.

Weltverbesserer
11. März 2020 - 8.00

.. und dabei das "2.Congé parental" verbieten falls die Eltern während der Geburt des Kindes im Ausland gearbeitet hatten (also nicht in Luxemburg eine "affiliation obligatoire" hatten). Wenn die Eltern sich dann entscheiden nach Luxemburg zurückzuziehen wo sie dann auch jahrelang arbeiten und Steuern zahlen, haben sie immer noch kein Recht auf die "2.Congé parental" ... Wo bleibt hier dir Gleichberechtigung? Das Gesetz von 2016 muss ergänzt werden!