In gut zwei Wochen sind Kommunalwahlen. Im Oktober folgen die Landeswahlen. Zwei spannende Termine, die eigentlich jeden beschäftigen sollten, der in unserer Demokratie und unserer Freiheit leben darf, sie schätzt und sie bewahren möchte. Nein, perfekt ist unser System nicht. Aber es ist, wie irgendjemand irgendwann sagte, von allen schlechten Möglichkeiten immer noch die wahrscheinlich beste. Sicher aber ist sie besser als das Leben in einer wahren Diktatur, zumindest für Demokraten – für Bürger und Bürgerinnen des Großherzogtums, ganz gleich, woher sie kommen.
Es ist deshalb nicht wirklich nachvollziehbar, dass sich viele am Stammtisch oder in den sozialen Netzwerken damit brüsten, nicht wählen zu gehen. Weder im Juni noch im Oktober. Die Zahl ungültiger Stimmzettel bei vergangenen Wahlen zeigt, dass zudem einige wohl ihrer Pflicht nachkommen, sich bis ins Wahlbüro zu bewegen, dort aber dann einen ungültigen Stimmzettel in die Urne werfen – versehentlich oder wissentlich. Schade!
Streng genommen herrscht Wahlpflicht in Luxemburg. Von Bürgern und Bürgerinnen wird erwartet, dass sie sich entscheiden. Für eine Partei oder Parteivertreter. Wer sich dem sonntäglichen Spaziergang entzieht und sich auch nicht für die Briefwahl entscheidet, dem drohen im Prinzip ohne begründete Entschuldigung bis zu 1.000 Euro Strafe. Seit den 60er-Jahren aber wird deswegen niemand mehr belangt. Wahlverweigerer zu bestrafen, bedeute zu viel Aufwand, so die Staatsanwaltschaft in einer Stellungnahme vor Jahren. Das heißt, dass jene rund 30.000 Menschen, die 2017, bei den letzten Gemeindewahlen, geschwänzt haben, nicht belangt wurden. Sie wurden nicht einmal erfasst oder kontaktiert und auf ihr Vergehen hingewiesen.
Daran wird sich in Luxemburg wohl auch in Zukunft nichts ändern. Denn sollte jemand auf die Idee kommen, Wahlabstinenz zu sanktionieren, würde er schnell mit dem Begriff des Gewohnheitsrechts konfrontiert. Justiz oder Staat dürften und könnten also überhaupt nicht aus dem Nichts heraus bestrafen, was sie nunmehr seit rund 60 Jahren stillschweigend hinnehmen. Darüber könnte man nun lange diskutieren, ohne Aussicht auf Erfolg – wie auch immer man in diesem Fall Erfolg definieren würde.
Grundsätzlich geht es ja auch nicht um Bestrafung, sondern darum, das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass Wahlen wichtig sind und halt eben nicht nur eine Bürgerpflicht, sondern vor allem auch ein Bürgerrecht sind. Ein Recht, für das in Luxemburg lange gekämpft wurde und in vielen Teilen der Welt immer noch hart gekämpft wird.
Wenn Staat, Justiz und politische Parteien seit Jahren nicht auf die Einhaltung der Wahlpflicht pochen, ist das bedenklich. Dass sie es nicht tun, dürfte viele Gründe haben. Einer könnte sein, dass sie sich vor den Konsequenzen fürchten. Wer unter Androhung schwerer Strafen gezwungen wird, wählen zu gehen, könnte ja seine Wut in der Wahlkabine irgendwie zum Ausdruck bringen.
Wählen heißt wählen, auswählen, mitbestimmen. Nicht wählen bedeutet, andere wählen zu lassen. Wer so handelt, gibt das Heft aus der Hand, mitzuentscheiden. Schlimmer ist, dass jene, die damit prahlen, nicht zu wählen, oft jene sind, die das Ergebnis von Gemeinde- oder Landeswahlen kritisieren, gar infrage stellen. Alle Jahre wieder, bis zur nächsten Wahl. Nicht wählen ist in jedem Fall eine schlechte Wahl – vor allem aber eine verlorene.
...damit am Ende nicht wieder die Grünen dabei sind?
Ich bin 81 und habe bis zu einem gewissen Zeitpunkt genau Ihre Meinung geteilt. Für mich gab es früher nur eine Partei, der ich mein Vertrauen schenkte. Nach und nach habe ich Politiker gefunden, die auf mich einen guten Eindruck machten, also habe ich meine Stimmen quer durch den Garten verteilt. Als dann der Bombenlegerprozeß begann und ich sah mit welcher Selbstverständlichkeit ein Teil meiner Kandidaten in aller Öffentlichkeit vor dem Gericht ungestraft einen Meineid ablegten, habe ich angewidert beschlossen, diese Affenspiele von nichts gesehen, nichts gehört und nichts zu sagen, nicht mehr mitzumachen. Ich möchte mich nie mehr schuldig fühlen, korrupten Politiker eine Gelegenheit zu geben, ein ganzes Volk für dumm zu verkaufen, deshalb bin ich seitdem den Wahlen ferngeblieben.
Auf Wahlpflicht achten ist nicht bedenklich. Den Zirkus in vielen Gemeinden mache ich nicht mehr mit. In die eigene Tasche wirtschaften (in wenigen Gemeinden) ist eine kriminelle Tatsache. Dieses mache ich auch nicht mit.
Nicht wählen bedeutet den Leuten die Entscheidung zu geben ob sie noch irgendwen wählen wollen.
Här Goetz, hutt dir Iech schonn d'fro gestallt wisou dass esou vill Leit net wëllen wielen goen?? Wann een ëmmer nëmmen belunn a bedrunn gëtt, dann verléiert een eben den Intressen drun. Ausserdeem sinn et dach meeschtens ignorant an arrogant gesteiert Marionetten déi vun baussen gesot kréien wéi se hier Aarbecht ze maachen hunn. Also, wisou wielen goen???