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EditorialWenn sich Freunde trennen: Wieso die FLAM-Neustrukturierung funktionieren muss

Editorial / Wenn sich Freunde trennen: Wieso die FLAM-Neustrukturierung funktionieren muss
 Foto: Editpress-Archiv/Isabella Finzi

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„Gute Freunde kann niemand trennen“, sang einst Fußballikone Franz Beckenbauer. Bei der FLAM, dem nationalen Kampfsportverband, scheinen die Zeiten eines geeinten Kollektivs allerdings auf ihr Ende zuzusteuern. Hinter der Fassade eines starken Teams sind die unterschiedlichen Erwartungen zur Zerreißprobe geworden. Selbst auf der außersportlichen Bühne war zuletzt wenig Einigkeit zu spüren – und wäre es nur das Beispiel des Karate oder der forcierten Neuwahlen im April dieses Jahres. 

Die große Decke, die der Dachverband seit den 60er-Jahren über seine (aktuell rund 7.000) Schäfchen geworfen hat, ist besonders in den vergangenen Jahren in unterschiedliche Richtungen gezerrt worden. Auf der einen Seite soll die Professionalisierung der „Großen“ vorangetrieben werden – auf der anderen Seite fordern die „unsichtbaren Kleinen“ mehr Mitspracherecht. Denn am längeren Hebel saß ein übermächtiges Trio.

Ein Jahr ist es inzwischen her, dass Präsident Serge Schaul die Katze offiziell aus dem Sack ließ – und den Verbandsmitgliedern konkrete Pläne für diese „Neustrukturierung“ unterbreitete: Judo, Karate und Teakwondo wollen aus der FLAM austreten und fortan als eigenständige Sportarten funktionieren, alle kleineren Disziplinen könnten gemeinsam unter der Obhut der FLAM weiterarbeiten. 

Geht es nach dem Willen des Generalvorstands, kommt es am Mittwochabend zu einer historischen Scheidung. Zumindest wenn die Stimmberechtigten den Argumenten der „großen Drei“ folgen und dem Präsidenten bei der Wahl eine Grundsatzvereinbarung liefern. Glaubt man dem aktuellen Verbandsoberhaupt, gäbe es kaum Nachteile: mehr Eigenregie für die einzelnen Sportarten, kürzere Wege bei Entscheidungen und mehr Medienaufmerksamkeit für bislang unscheinbare Disziplinen. 

Während man sich auf organisatorischer Ebene um die Zukunft des Judo und Taekwondo wohl nicht sorgen muss, stellt sich die Frage, wie der Solo-Lauf bei den Karatekas aussehen wird. Noch müssen rund 40.000 Euro Schulden beglichen werden. Immerhin bescheinigt der aktuelle FLAM-Präsident den Nachfolgern sehr großes Engagement. Doch ob die Interessenskonflikte und Uneinsichtigkeit, welche die Vorstandsriege des Karate über Jahre hinweg in ein schlechtes Licht gerückt haben, definitiv der Vergangenheit angehören, kann nur die Zukunft zeigen. 

Einen Weg zurück gibt es nach dieser Trennung nicht mehr – die Konsequenzen für unüberlegte Handlungen und Ausgaben trägt jeder Verband dann selbst. Das Sicherheitsnetz, das zuvor die FLAM darstellte, entfällt.

Trotz aller Risiken überwiegen die Argumente für diese Neustrukturierung. Zumindest trennen sich die Wege jetzt noch „im Guten“. Letztendlich geht es um das Wohl der Sportler, deren Vorstandsmitglieder sich nun einzig und allein auf die Entwicklung der eigenen Disziplin konzentrieren können. Mehr Eigenverantwortung geht oft mit überlegteren Entscheidungen einher, sodass hausgemachte Skandale möglicherweise seltener werden.