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Süße EindringlingeWenn ein Wildtier durch die Katzenklappe kommt: Waschbären verbreiten sich in Luxemburg

Süße Eindringlinge / Wenn ein Wildtier durch die Katzenklappe kommt: Waschbären verbreiten sich in Luxemburg
Egal, wie süß die Waschbären aussehen: Sie sind keine geeigneten Haustiere Foto: Cédric Feyereisen

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Waschbären gelten in Europa als invasive Art. Die Säugetiere sind in Luxemburg allerdings immer öfter anzutreffen. Und: Immer mehr Menschen versuchen, die süßen Wildtiere als Haustiere zu halten. Das ist allerdings nicht nur illegal, sondern geht auch oft „schief“, wie Tierpflegerin Jill Gaasch dem Tageblatt erklärt.

Wilde Waschbären nisten gerne in Bäumen
Wilde Waschbären nisten gerne in Bäumen Foto: Laurent Schley

Sie haben Hände, können hervorragend klettern und sind relativ intelligent: Waschbären. Die süßen Allesfresser gelten allerdings als invasive Tierart und sind immer öfter in Luxemburg anzutreffen. Das Problem: Sie sind geschickt und clever genug, um sich Lebensmittel von Menschen zu besorgen. So können die Säugetiere beispielsweise Mülltonnen öffnen, durch Fenster steigen – und Katzenklappen benutzen. „Wir bekommen regelmäßig Anrufe, dass sie durch die Katzenklappe ins Haus kommen und das Katzenfutter fressen“, sagt Jill Gaasch gegenüber dem Tageblatt. Sie ist Direktorin der Wildtier-Auffangstation „Centre de soins pour la faune sauvage“ in Düdelingen und kennt sich mit den Waschbären aus.

Der Waschbär

Kopf-Rumpf-Länge: 65 cm
Gewicht: bis zu 7 kg
Der Name: Aufgrund seines sehr ausgeprägten Tastsinns kann der Waschbär mit seinen Vorderpfoten kleinste Beutetiere ergreifen. Da dies oft im seichten Wasser von kleinen Bächen stattfindet, sieht es so aus, als ob er seine Beute waschen würde. Dieses Verhalten hat dem Waschbären seinen Namen gebracht.
(Quelle: Säugetiere Luxemburgs von Jan Schley und Jan Herr)

„Wenn sie herausfinden, dass irgendwo Katzenfutter steht, dann wird man sie nicht mehr los“, erklärt die Pflegerin. Deswegen soll man die Tiere auch auf keinen Fall füttern – „ganz egal, wie süß sie sind“. Es ist dann auch dieses süße Aussehen der pelzigen Allesfresser, das verschiedene Menschen dazu verführt, Baby-Waschbären bei sich zu Hause als Haustiere zu halten. Doch: „Das ist illegal“, so Gaasch. „Und das geht oft schief und es hilft dem Tier nicht.“

Denn die Tiere bleiben nicht so klein – sie können bis zu sieben Kilogramm schwer werden. Hinzu kommt, dass sie irgendwann anfangen zu stinken, und da die Haltung eines Waschbären illegal ist, kann man mit dem Tier auch nicht zum Tierarzt gehen. Doch das größte Problem ist, dass sie alle Schubladen und Schränke öffnen können. „Das ist kein Tier, das man zu Hause allein in der Küche lässt. Dann kommt man zurück und die haben alles ausgeräumt – auch den Kühlschrank“, meint Gaasch.

Sonderstatus in der Pflegestation

Jill Gaasch, Direktorin der Wildtier-Auffangstation „Centre de soins pour la faune sauvage“ in Düdelingen
Jill Gaasch, Direktorin der Wildtier-Auffangstation „Centre de soins pour la faune sauvage“ in Düdelingen Foto: Editpress/Alain Rischard

Die Pflegestation kümmerte sich vergangenes Jahr um etwa 15 Waschbären, im Vorjahr waren es knapp 30. Momentan hausen sieben Jungtiere in der Düdelinger Einrichtung. Die Exemplare, die in der Auffangstation ankommen, sind normalerweise jung und gesund. Die Menschen würden die Jungen finden und annehmen, dass sie verlassen wurden, was allerdings meistens nicht der Fall sei. Ein- bis zweimal pro Jahr würden auch Waschbären beim „Centre de soins pour la faune sauvage“ landen, bei denen aufgrund ihrer Freundlichkeit sofort klar ist, dass sie schon mehrere Wochen bei Privatpersonen verbracht haben.

Waschbären gelten in Luxemburg als invasive Spezies – laut Gesetz müssten sie beseitigt werden. „Unsere Mission ist eigentlich, wilde Tiere zu pflegen und dann wieder freizulassen, aber bei den Waschbären dürfen wir das nicht – sie haben einen Sonderstatus bei uns“, sagt Gaasch. Die sieben Jungtiere, die im Frühjahr bei der Station abgegeben wurden, bleiben noch bis zum Herbst in Düdelingen. Dann werden sie kastriert und an einen Park weitergegeben, erklärt die Pflegerin.

Allerdings werde es immer schwieriger, Parks zu finden, die Waschbären aufnehmen können. Die Tiere können in Gefangenschaft etwa 16 Jahre alt werden. Heißt: Wenn ein Park eine Gruppe hat, kann er für die nächsten 16 Jahre keine neuen Waschbären aufnehmen. „Es wird immer schwieriger, Parks zu finden – wir schicken sie durch ganz Europa, aber wir werden in Zukunft das Problem bekommen, dass wir nicht mehr wissen, wohin wir sie geben können“, sagt Gaasch.

Die Pflegestation nimmt über das Jahr verteilt mehr als 170 verschiedene Tierarten auf. Momentan befinden sich etwa 400 Tiere in der Pflegestation, während der Hauptsaison können es bis zu 600 sein. Aktuell arbeiten 16 Menschen in der Pflegestation, in der Wintersaison sind es etwa acht – hinzukommen dann noch die Freiwilligen. Der Kontakt mit den Wildtieren wird normalerweise auf ein Minimum reduziert. Sie sollen sich nicht zu viel an Menschen gewöhnen, damit sie, wenn sie wieder gesund sind, ihr Leben in der Wildnis weiterführen können. Die Waschbären seien laut Gaasch die einzigen Tiere, bei denen die Pfleger versuchen würden, sie an den Kontakt mit Menschen zu gewöhnen. „Damit sie dann nachher stressfrei in Gefangenschaft leben können“, sagt Gaasch.

Waschbären kommen bis ins Minett

Der Waschbär hat in Luxemburg keine natürlichen Feinde – es gehe ihm in der Luxemburger Wildnis also gut. „Mittlerweile haben wir wirklich viele davon in unserer Region – anfangs tauchten sie vor allem im Ösling auf, aber jetzt findet man sie im ganzen Land“, sagt Gaasch. Schaut man sich die Jagdstatistik der vergangenen zehn Jahre an, wird nicht nur klar, dass der Bestand enorm gewachsen ist, sondern auch, dass die Waschbären sich mittlerweile auch im Süden verbreiten. „Der Waschbär breitet sich nach Süden aus und die Abschusszahlen steigen beträchtlich an“, steht im technischen Bericht der Naturverwaltung betreffend Wildtiermanagement und Jagd aus dem Jahr 2022. Seit 2011 gelten Waschbären als „Wild“, das geschossen werden darf. Im Jagdjahr 2021/2022 wurden 1.347 Waschbären geschossen, in der Saison 2020/2021 waren es 1.193 und 2012/2013 nur 565.

Laut Jill Gaasch greifen die Waschbären, wie alle wilden Tiere, nicht ohne Vorwarnung an. Um Tollwut müsse man sich auch keine Sorgen machen, die gebe es schon seit etwa 15 bis 20 Jahren nicht mehr in unserer Region. Es sei allerdings möglich, dass sie aggressiv werden, wenn sie sich in die Enge getrieben fühlen. Und: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein zahmer Waschbär aggressiv wird, ist größer als bei einem wilden. „Ein wildes Tier greift nicht an, weil es Angst vor Menschen hat“, sagt Gaasch. „Wenn ein zahmer Waschbär genug Respekt hat, dann ist er lieb – aber wenn er keinen Respekt hat, dann kann es sein, dass er ,queesch‘ wird, wenn etwas nicht so läuft, wie er will.“

Geschossene Waschbären pro Quadratkilometer während des Jagdjahres 2011/2012
Geschossene Waschbären pro Quadratkilometer während des Jagdjahres 2011/2012 Screenshot: Technischer Bericht der Naturverwaltung betreffend Wildtiermanagement und Jagd aus dem Jahr 2014
Geschossene Waschbären pro Quadratkilometer während des Jagdjahres 2021/2022
Geschossene Waschbären pro Quadratkilometer während des Jagdjahres 2021/2022 Screenshot: Technischer Bericht der Naturverwaltung betreffend Wildtiermanagement und Jagd aus dem Jahr 2022

Spenden und freiwillige Helfer benötigt

Das „Centre de soins pour la faune sauvage“ in Düdelingen pflegt jedes Jahr mehr als 3.700 verletzte oder kranke Tiere. Dabei ist das Zentrum zu 70 Prozent von privaten Spenden abhängig. Die Auffangstation benötigt außerdem weitere freiwillige Helfer, die sie bei ihrer Arbeit unterstützen.
IBAN LU13 0099 7800 0090 0894
BIC CCRALULL