Weltweit sind laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) fast sieben Millionen Menschen an Covid-19 gestorben. Während die Viruserkrankung manche Menschen tötet, haben andere Infizierte nicht einmal Symptome. Mindestens jeder fünfte Infizierte ist asymptomatisch – das heißt, er ist infiziert, fühlt sich aber nicht krank und hat keines der gängigen Symptome wie Husten, Fieber, Schnupfen, Unwohlsein und Geruchs- und/oder Geschmacksverlust.
Wissenschaftlern ist es nun gelungen, dieses Phänomen besser zu verstehen. Bei der australischen Forschung, die Teil einer globalen Studie ist, durchforsteten die australischen Wissenschaftler eine große Datenbank registrierter Knochenmarkspender. Sie untersuchten dabei die Genetik und Covid-19-Symptome von fast 30.000 registrierten Knochenmarkspendern.
Genetischer Zusammenhang nachgewiesen
Dabei fanden die Forschenden heraus, dass von 1.428 ungeimpften Spendern mit positiven Testergebnissen 136 keine Symptome hatten. Ein Großteil dieser asymptomatischen Spender trug das sogenannte HLA-B15-Gen. Die HLA-Gene – wobei HLA für Human Leukocyte Antigen System steht – ist eine Gruppe menschlicher Gene, die für die Funktion des Immunsystems zentral sind.
Besagtes Gen scheint dem menschlichen Körper dabei zu helfen, SARS-CoV-2 zu bekämpfen. SARS-CoV-2 ist das Coronavirus, das Anfang 2020 als Auslöser von Covid-19 identifiziert wurde. Menschen mit dem HLA-B15-Gen verspüren bei einer Infizierung möglicherweise keine Covid-Symptome, da ihre T-Zellen, eine Art weiße Blutkörperchen, die Infektionen bekämpfen, eine besonders starke Immunantwort auf SARS-CoV-2 zeigen.
Ein Fünftel hat keine Symptome
Laut Stephanie Gras von der La Trobe University in Melbourne, die an der Studie mitgearbeitet hat, haben etwa 20 Prozent aller Menschen, die positiv auf das Virus getestet werden, keinerlei Symptome. Dank der Untersuchung könnten die Forscher nun versuchen, „diesen Immunschutz nachzuahmen, der bei Personen beobachtet wird, die Covid-19 aus dem Weg gehen können“, meinte Gras.
Die Studie, die in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht wurde, könnte also beispielsweise dabei helfen, die am Markt vorhandenen Impfstoffe weiter zu verbessern. „Wenn man eine Armee hat, die in der Lage ist, den Feind frühzeitig zu erkennen, ist das ein großer Vorteil“, erklärte Jill Hollenbach, die die Studie vonseiten der University of California San Francisco (UCSF) leitet. „Es ist, als hätte man Soldaten, die auf den Kampf vorbereitet sind und bereits wissen, wonach sie suchen müssen, und die an der Uniform erkennen können, dass es sich um die Bösewichte handelt.“
Ivo Müller, ein Schweizer Epidemiologe, der am medizinischen Forschungsinstitut WEHI in Melbourne arbeitet und nicht an der Studie beteiligt war, erklärte, dass derartige Forschungen aber nicht nur deswegen „sehr viel“ Sinn machen würden, um Behandlungsmethoden für Covid-19 zu verbessern. „Diese Forschungen sind auch wichtig in der Vorbereitung auf eine neue Pandemie“, meinte er.
Denn ein Virus könne jederzeit wieder vom Tier auf den Menschen überspringen. Akute respiratorische Syndrome wie MERS und SARS oder die Vogelgrippe seien nicht genug an den Menschen angepasst gewesen, um eine globale Pandemie auszulösen, erklärte der Forscher. Herauszufinden, warum manche Viren für den Menschen gefährlicher seien als andere und dabei auch gleichzeitig mehr über das menschliche Immunsystem zu lernen, dies sei sehr wichtig für die Wissenschaft.
Immunsystem kampfbereit gemacht
Während der Studie stießen die australischen Wissenschaftler aber noch auf ein weiteres interessantes Indiz. Sie fanden, dass die Gruppe mit dem besagten Gen auch eine starke Immunantwort auf saisonale Coronaviren hatte, die Erkältungen verursachen. Die Forschenden stellten fest, dass die Wahrscheinlichkeit, nach einer Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus asymptomatisch zu bleiben, bei einer Person, die eine Kopie des schützenden HLA-B15-Gens trägt, doppelt so hoch ist, während sie bei einer Person, die zwei Kopien des Gens trägt, sogar achtmal höher ist.
Die Wissenschaftler kamen zu dem Schluss, dass die Genträger, die in der Vergangenheit schon häufiger ein Erkältungsvirus überstanden hatten, ihr Immunsystem damit besonders kampfbereit gemacht hatten. Eine absolute Garantie gibt jedoch auch dieser genetische Schutzschild nicht: So hatten einige der Probanden trotz des Gens eine ernsthafte Covid-Erkrankung durchgemacht. Genetik kann aber als eine der Begründungen angesehen werden, warum manche Menschen sich zwar anstecken, dabei aber nicht wirklich krank werden.
Sie müssen angemeldet sein um kommentieren zu können