Von der wissenschaftlich umstrittenen Aussage, dass Kinder sich selber eher weniger anstecken als Erwachsene und auch tendenziell andere Menschen weniger anstecken können, hat Bildungsminister Claude Meisch seit einiger Zeit wieder Abstand genommen. Zumindest hat er keine Behauptungen mehr in diese Richtung aufgestellt. Wissenschaftliche Belege gibt es zwar im internationalen Kontext für beide Tendenzen, doch jene, an der Meisch noch bis zur aktuellen Rentrée festhielt, hat sich eher nicht durchgesetzt. Auch der vom Bildungsministerium selbst in Auftrag gegebene Bericht „L’école face à la Covid-19 au Luxembourg“, der Mitte August vorgestellt wurde, zeigt, dass Kinder sich nicht unbedingt weniger anstecken beziehungsweise ansteckend sind als Erwachsene.
Spätestens seit den zahlreichen Infektionen an der Grundschule in Steinsel, bei der sich laut letzten verfügbaren Informationen acht Erwachsene und zwei Schüler infiziert hatten, steht eine neue Hypothese im Raum: Das Infektionsrisiko zwischen Erwachsenen könnte höher sein als jenes zwischen Erwachsenen und Kindern. Im wöchentlichen „Bilan chiffré“ vom vergangenen Mittwoch, in dem das Bildungsministerium weitere Details zum Fall Steinsel nannte, steht: „La situation à l’école fondamentale de Steinsel sera l’occasion pour l’inspection sanitaire (…) de vérifier l’hypothèse que le virus se transmet plus facilement entre adultes qu’entre élèves et adultes.“ Und weiter heißt es im Bericht: „Cette analyse fera l’objet d’un rapport qui sera rendu public le moment venu.“
Folglich gehen Bildungsministerium und „Santé“ bereits der Hypothese nach, dass sich Erwachsene untereinander eher anstecken, als dies der Fall zwischen Kindern und Erwachsenen ist. Wie uns Flore Schank, Koordinatorin der „Cellule de coordination“, der Schnittstelle zwischen Bildungs- und Gesundheitsministerium, im Tageblatt-Gespräch erklärte, kommt bei solch wissenschaftlichen Thesen stets das „Comité de pilotage“ ins Spiel. Dieses setzt sich aus leitenden Personen aus dem Bildungs- und Gesundheitsministerium zusammen. Es ist unter anderem für die wissenschaftliche Einschätzung solcher Thesen zuständig. Dabei werden die internationale Studienlage sowie jene Ergebnisse aus den eigenen Zahlen betrachtet. „Einerseits haben wir unsere Daten, die wir erhoben haben, und andererseits können wir die belegen, mit sicheren Erkenntnissen“, sagt Schank. Im Grunde ist das Verfahren also das gleiche wie beim Bericht, der Mitte August veröffentlicht wurde.
Der Bericht über die Infektionszahlen bei Erwachsenen in den Schulen soll demnach als wissenschaftliche Grundlage dienen, um entweder die aktuellen sanitären Maßnahmen in den Schulen in ihrer Effizienz zu bestätigen oder aber diese anzuzweifeln. In letzterem Fall müssten neue Regeln erlassen werden, die dem Bericht Folge leisten.
Wo aber bleibt der Bericht? Gerade jetzt, wo wieder neue Maßnahmen Einzug in die Schulen finden, wäre es wichtig, auf wissenschaftliche Belege zurückgreifen zu können. Claude Meisch versprach auf der letzten Pressekonferenz, diesen Bericht nachreichen zu wollen. Wann dies sein soll, ist allerdings unklar. Auf Nachfrage sagte uns die Sprecherin des Bildungsministers, dass die Arbeiten am Bericht „amgaang“ sind. Eine solche Analyse würde viel Zeit in Anspruch nehmen. Einen genauen Zeitpunkt könne man noch nicht nennen.
Auch bei Flore Schank, deren Schnittstelle die Daten zum Bericht liefert und an der Mitarbeit beteiligt ist, konnten wir keinen genauen Zeitpunkt erfahren. Sie sagt, dass man die Analyse nicht übers Knie brechen wolle. Der Fall Steinsel sei noch nicht abgeschlossen. Analysen mit der „Santé“ würden noch laufen. Laut Schank kommen immer noch Testresultate zum Steinseler Fall herein. Man könne jetzt nicht sagen, dass so und so viele Personen positiv getestet wurden, wohl wissend, dass noch Resultate offenstehen. Man wolle sich ein klares Bild von der Situation in Steinsel verschaffen, aber vor allem die Rolle der Erwachsenen bei Covid-Infektionen im Schulkontext verstehen.
Firwat net:
„Welche Rolle spielen Kinder bei der Verbreitung von Covid19?“
Och wann dei keng Symptomer weisen,
verbreeden se de Virus trotzdem doheem...