Für seine 1.-Mai-Feier hatte der LCGB am Montag nach Remich eingeladen, bereits zum fünften Mal seit 2017. 1.300 Menschen hatten sich zum Essen angemeldet. Die ersten Besucher nahmen bereits gegen viertel nach neun Platz im Saal.
Als Patrick Dury kurz nach halb 11 zu seiner Rede ansetzte, hatte der Saal Betriebstemperatur erreicht. Der vorher leicht angespannt wirkende Präsident des christlichen Gewerkschaftsbundes ebenfalls. Rund 45 Minuten lang sollte er sprechen.
Dury ging auf die sozialen, wirtschaftlichen und politischen Herausforderungen unserer Zeit ein. Vieles laufe schief, gab er zu verstehen, manches steuere in eine Sackgasse. Dass in Luxemburg einiges noch die Straße halte, sei Verdienst der Gewerkschaften, allen voran des LCGB. Den OGBL erwähnte er nicht beim Namen. Wirklich neu war das alles nicht, aber die passend zum 1. Mai zugespitzten Formulierungen gefielen dem Publikum. Es gab viel Applaus, begleitet von Trillerpfeifen und einer Tröte.
Botschaft an Cargolux
Die Gewerkschaften seien laut Dury die Verteidiger des Luxemburger Sozialmodells. Der soziale Frieden im Land beruhe nach wie vor auf der Tripartite, dem engen Austausch zwischen Gewerkschaften, Arbeitgebern und Regierung. Wer dagegen ankämpfe, mache das System kaputt, meinte Dury und schickte diese Botschaft mit Ankündigung eines vollumfänglichen Sozialkonflikts vor allem auch an die Adresse der Flugtransport-Gesellschaft Cargolux.
Der LCGB-Chef sprach dann von allgemeinen strukturellen Problemen im Land. Das Gesundheitswesen nahm in dem Kontext viel Platz ein in seiner Rede. Es mangele an Medikamenten und Behandlungsmöglichkeiten. Dury sprach von sozialistischer Ideologie, und dass man aus solchen Träumen erwachen müsse. Die Gesundheitskasse CNS sei eigentlich nicht mehr zu reformieren, sondern müsse komplett neu strukturiert werden. Nicht Direktionsposten sollten im Mittelpunkt stehen, sondern die Versicherten und ihre Bedürfnisse.
Zweites Strukturproblem: Auch bei der Wohnungsfrage würden die falschen Akzente gesetzt und Entwicklungen verschlafen. Es müsse mehr in das Angebot investiert werden, um der Nachfrage gerecht zu werden. Dury wünschte sich den „Fonds de logement“ in einer stärkeren Rolle, um kommende, „sehr schwierige Zeiten“ zu meistern.
Neoliberale EU-Kommission
An allen Schwierigkeiten, die es im Land gebe, sei die Regierung nicht unschuldig, ließ Patrick Dury durchblicken. Aber auch die Europäische Kommission trage eine Mitschuld. Die „Von der Leyen-EU-Kommission“ sei eine Bankrotterklärung, „neoliberal“ nannte er sie. „Et geet ëm de Fric“, nicht um die Menschen. Dabei gebe es keine Alternative zu einem geeinten Europa, so der LCGB-Präsident. Es bedürfe keiner Sonntagsreden, sondern einer vollumfänglichen Neuausrichtung der Politik, die im Interesse der Arbeitsplätze und der Bürger sei.
Während Durys Rede waren die Prominentenränge gut gefüllt. Zur Trillerpfeife hatte dort aber niemand gegriffen. Gesehen haben wir die Minister Bausch, Bettel, Delles, Kox, Lenert, Tanson und Turmes, nebst vielen anderen Politikern der Grünen, der CSV und der DP. Die meisten zogen sich fürs Mittagessen vornehm zurück. Sie seien wahrscheinlich zur OGBL-Feier in die Abtei Neumünster gefahren, sagte ein CSV-Vertreter.
Für Patrick Dury seien soziale Gerechtigkeit und sozialer Zusammenhalt in Luxemburg nicht mehr garantiert, wenn man dauerhaft einen Teil der Bevölkerung abhänge – besonders im Bereich der Bildung, der Digitalisierung oder der Wohnmöglichkeiten. Über alle konjunkturellen wie strukturellen Unzulänglichkeiten müsse geredet werden, gab der Gewerkschaftspräsident zu verstehen. Auf den LCGB könne, solle und müsse man dabei zählen, so Dury. Als Vertreter des Salariats nehme er alle Herausforderungen an, gemäß dem Motto „Muer e Schrëtt viraus“. Dazu gehörte dann wohl auch, dass der LCGB in seinem 102. Gründungsjahr eine App vorstellte. „DeinLCGB“, heißt sie und soll allen Mitgliedern einen besseren Dienst leisten. Funktioniert hat die App allerdings gestern um 16.46 Uhr noch nicht. Fortschritt braucht vielleicht eben manchmal etwas länger.
Warnung? LOL
Wéi der op de Foto gesitt, sinn déi all an der Pensioun.