Mehr Stop als Go im festgefahrenen Kosovo-Dialog: Auch die jüngste Runde der von der EU moderierten Verhandlungen zwischen Kosovo und Serbien zur Normalisierung endete mit gegenseitigen Vorwürfen und keinerlei Fortschritten. Das von Brüssel geforderte Nachbarschaftsabkommen scheint in immer weitere Ferne zu rücken.
Von unserem Korrespondenten Thomas Roser
Ein Foto sagt mehr als alle Worte. Unwillig, genervt und restlos bedient stellten sich Kosovos Präsident Hashim Thaci und sein serbischer Amtskollege Aleksandar Vucic nach ihrem nur 60 Minuten kurzen Treffen gemeinsam mit der erschöpft wirkenden EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini in Brüssel dem Blitzlichtgewitter der Fotografen. Thaci bescheinigte seinem Gesprächspartner ein „aggressives und arrogantes“ Auftreten.
Vucic kündigte an, dass Belgrad den von der EU forcierten „Nachbarschaftsdialog“ nur fortsetzen werde, wenn Pristina die kürzlich verhängte Importsteuer auf serbische Waren zurücknehmen werde: „Von irgendeinem Abkommen sind wir meilenweit entfernt.“ Pflichtschuldig ermahnte Gastgeberin Mogherini ihre streitbaren Gäste, „von Worten, Taten und Maßnahmen abzusehen, die dem Geist der Normalisierung widersprechen“. Doch auch die jüngste Runde des Kosovo-Dialogs ging am Donnerstag mit gegenseitigen Vorwürfen und keinerlei Fortschritten zu Ende. Statt gemeinsamer Kompromisssuche ist bei den unwilligen Nachbarn weiter eine Politik der unversöhnlichen Nadelstiche angesagt.
Noch im August hatten die von den beiden Präsidenten lancierten Andeutungen eines etwaigen Gebietsabtauschs in der internationalen Arena die Erwartung einer baldigen Einigung genährt. Doch nicht nur wegen der Widerstände Berlins gegen eine Neuziehung der Grenzen auf dem Westbalkan werden Hoffnungen auf einen Verhandlungsdurchbruch noch vor Ende des Mandats der amtierenden EU-Kommission im Mai in Belgrad und Pristina kaum mehr gehegt. Im Gegenteil: ein rechtlich verbindliches Nachbarschaftsabkommen scheint bei dem festgefahrenen Dialog in stets weitere Ferne zu rücken.
„Verband serbischer Gemeinden“ im Kosovo
Genervt zeigt sich Belgrad über die ausgebliebene Schaffung eines 2013 vereinbarten „Verbands der serbischen Gemeinden“ in Kosovo. Empört reagiert der allgewaltige Vucic zudem auf die Ankündigung Pristinas der baldigen Schaffung einer eigenen Armee sowie auf die Verhängung der Importzölle auf serbische Waren.
Pristina wiederum ärgert sich über die Anstrengungen Serbiens, kleinere Drittstaaten zum Rückzug ihrer Anerkennung von Kosovos Eigenstaatlichkeit zu bewegen: Von Surinam über Grenada bis zu den Seychellen reicht die Palette der Kleinstaaten, die dem Liebeswerben Belgrads zum Ingrimm Pristinas erlegen sind.
Doch es ist vor allem der Druck und die Kritik im eigenen Land, aber auch von Seiten der EU, der die beiden Staatschefs zunehmend nervöser wirken lässt. Einerseits weiß Vucic, dass ohne eine faktische Anerkennung des Kosovo ein serbischer EU-Beitritt undenkbar ist. Andererseits versucht er sich trotz seines nicht näher erläuterten Postulats nach einer „Abgrenzung“ von Kosovo gegenüber seiner eher nationalistischen Wahlklientel, der Opposition und der skeptischen serbisch-orthodoxen Kirche weiter als kompromissloser Verteidiger der nationalen Interessen zu profilieren.
Thaci wiederum wirkt mit seiner Forderung nach „Grenzkorrekturen“ im eigenen Land weitgehend isoliert: Sowohl Kosovos Regierung als auch Opposition schließen eine Neuziehung der Grenze resolut aus.
Für alle gleiches Maaß, sonst verhandeln wir demnächst über einen Autonomie-Status für Neukölln und Kreuzberg...
Man sollte keine Verhandlungen zum Nachteil der Albaner führen. Serbien muss für das was sie angestellt haben gerade stehen.