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Platte der WocheVorstadtpop statt Sex & the City: „Dirt Femme“ von Tove Lo fehlt das Feuer der alten Alben

Platte der Woche / Vorstadtpop statt Sex & the City: „Dirt Femme“ von Tove Lo fehlt das Feuer der alten Alben
 Foto: Moni Haworth/Pretty Swede

Pop kann dreckig sein und anecken – das hat Tove Lo auf ihren vergangenen Alben eindrucksvoll bewiesen. Auf „Dirt Femme“ gelingt ihr das Kunststück nicht, die Texte sind weichgespült, die Lieder ertrinken in ihren eigenen Synthie-Sounds. Dabei sollte das Album ein kreativer Befreiungsschlag sein. Wieso scheitert der?

Erinnern Sie sich an T-Pain? Den Rapper mit der schnieken Brille, der Autotune massentauglich machte? Lange vor Kanye West? Niemand mochte ihn, aber als Feature-Gast durfte er nahezu jeden relevanten Billboard-Künstler der letzten 20 Jahre begleiten, von Pitbull über Snoop Dogg bis Mariah Carey. Weshalb? Weil es cool war, Autotune eklig zu finden, aber die Produzenten den Hype nicht ignorieren wollten. Die Roboterstimme war T-Pains Alleinstellungsmerkmal und er hat sie geradezu brillant kapitalisiert.

Tove Lo machte es ähnlich, nur ihr Alleinstellungsmerkmal war Sex. Nicht der glattpolierte Hollywood-Vanilla-Sex, sondern dreckiger, toxischer Sex, voller Gewalt, Drogen und Rebellion. Tove Lo als Feature-Gast oder als Co-Produzentin eines Songs versprach jedem Künstler eine gewisse Anrüchigkeit, die leicht mit Authentizität verwechselt werden kann. Kylie Minogue, Wiz Khalifa und Sean Paul gefiel das und sie holten die Schwedin an Bord. Ihr Image kultivierte die erfolgreiche Musikerin auch in ihren Solo-Veröffentlichungen – beispielsweise in ihrer Single „Disco Tits“, in deren Video sie sich beim Autofahren von einem Muppet oral befriedigen lässt. Absolut herausragend war ihr Hit „Habits (Stay high)“, in dem sie eindrücklich die Drogen- und Sex-Eskapaden nach einer schmerzhaften Trennung besang. Tove Lo war Rock’n’Roll, aber für das 21. Jahrhundert – die Lieder und Texte gingen ins Blut wie Wodka Red Bull und handelten von den schlechten Entscheidungen, die man als Hörer gerne getroffen hätte, für die man aber dann doch zu spießig war.

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