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LuxemburgVor den Gemeindewahlen: Was sich die Menschen von der Lokalpolitik erwarten

Luxemburg / Vor den Gemeindewahlen: Was sich die Menschen von der Lokalpolitik erwarten
In den Wahlkabinen werden die Bürgerinnen und Bürger zum Ausdruck bringen, was ihnen in ihren Gemeinden wichtig ist – und haben darüber in den sechs Monaten vor den Wahlen auch mit dem Tageblatt gesprochen Foto: Editpress/Alain Rischard

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Von Nord bis Süd, von West bis Ost: Seit Beginn des Superwahljahres war das Tageblatt quer durch Luxemburg unterwegs, um Menschen zur Lokalpolitik der vergangenen sechs Jahre zu Wort kommen zu lassen. Dabei hat sich gezeigt: Ganz unabhängig von der Region sind verschiedene Dinge quasi überall im Alltag der Bevölkerung Thema. 

Am Sonntag werden die Wählerinnen und Wähler ihre Stimmen denjenigen Parteien und Personen geben, die ihre Interessen am besten repräsentieren. Seit Anfang des Superwahljahres war das Tageblatt in den verschiedenen Regionen des Landes unterwegs, um herauszufinden, was die Menschen in puncto Lokalpolitik bewegt. Von Januar bis Juni wurden dabei bei Wind und Wetter Gespräche mit mehr als 80 Bürgerinnen und Bürgern in 22 Gemeinden geführt.

Wie in vielen anderen Gemeinden werden auch in Saeul Orte vermisst, an denen die Menschen zusammenkommen können
Wie in vielen anderen Gemeinden werden auch in Saeul Orte vermisst, an denen die Menschen zusammenkommen können Foto: Editpress/Alain Rischard

Daraus ergeben hat sich: Wenn auch vereinzelt ortsspezifische Dinge die Menschen bewegen, sind es grosso modo wiederkehrende Themen, bei denen sich (mehr) Einsatz von der Politik gewünscht wird. Einer Thematik kam im Vorwahlkampf eher weniger Aufmerksamkeit zu – obwohl diese der potenziellen Wählerschaft offensichtlich am Herzen liegt: Allgemein besteht der Wunsch nach mehr Orten zum Zusammenkommen. Bei einem Besuch in der kleinsten Kommune des Landes bedauert im ersten Artikel der Wahlserie Claude Serkeyen aus Schwebach: „Es gibt fast keinen Ort, wo man sich in Saeul treffen kann.“

Ähnliches stellt in der größten Gemeinde des Landes, in Luxemburg-Stadt, die 46 Jahre alte Viki Dimou aus Bonneweg fest. Und sagt: „Hier leben alle ein bisschen in ihrer eigenen Welt, immer etwas für sich.“ Auch in der Gemeinde Strassen vermisst die 38 Jahre alte Beatrice Gandolfo Platz für Geselligkeit: „Mir fällt zwar ein Café ein, aber insgesamt gibt es hier nicht viele Restaurants oder Bars, wo man abends etwas trinken gehen könnte. Deshalb bleibt man eben zu Hause.“ Die seit 30 Jahren in Sanem lebende Italienerin Lisa Boes lobt dagegen in ihrer Wohnsitzgemeinde den Marktplatz als zentralen Treffpunkt.

Mehr Miteinander

Weiteres Lob anderer Befragten lässt darauf schließen, dass die Geselligkeit fördernde Veranstaltungen beliebt sind. So begrüßt Angela, dass in Sandweiler viele Feste organisiert werden. In der Gemeinde Rambruch erwähnen gleich mehrere Menschen den „Fierkelsmaart“ – eine Veranstaltung mit lokalen Händlern. René Link aus Mersch stellt begeistert fest: „Man bekommt schon einiges hier geboten.“ Und nennt das Musikfestival „Mir si Miersch“ oder die „Kiermes wéi fréier“ als Beispiele. In Düdelingen sorgen das Usina-Festival und die Tatsache, dass „im Sommer immer etwas los ist“, beim 36-jährigen David für Begeisterung. 

In einem Referendum hatten sich die Einwohner aus Sandweiler gegen den Abriss ihres Rathauses ausgesprochen. Dennoch wünscht man sich unter anderem dort, mehr einbezogen zu werden.
In einem Referendum hatten sich die Einwohner aus Sandweiler gegen den Abriss ihres Rathauses ausgesprochen. Dennoch wünscht man sich unter anderem dort, mehr einbezogen zu werden. Foto: Editpress/Didier Sylvestre

Die Menschen wollen aber offenbar nicht nur mit ihrer Nachbarschaft in Verbindung treten, sondern wünschen sich auch mehr Kontakt zu den Verantwortlichen aus der Politik. Trotz eines in der Gemeinde Sandweiler organisierten Referendums im April 2021 um die Zukunft des Rathauses bemängelt zum Beispiel Fernand, dass der Schöffenrat zu wenig mit der Bevölkerung rede. Mehr Mitbestimmung wünscht sich auch die 63-jährige Carole in Grevenmacher, die Folgendes nicht gut findet: „Die Politik macht irgendwas und wir werden nicht gefragt.“ Und der 80-jährige Arthur aus Diekirch rät dem Bürgermeister, mehr auf die Diekircher zu hören. Die Lokalpolitik soll also wirklich so nah an den Menschen sein, wie es in Vorwahlkampfzeiten oft propagiert wird. 

Möglicherweise würde dann auch das Interesse daran wachsen – denn viele der Befragten verfolgen die Lokalpolitik eher weniger. So gibt der 19-jährige Mika aus Born in der Gemeinde Rosport-Mompach offen zu: „Ich interessiere mich nicht für Politik. Bei meinen Freunden ist das genauso.“ In Clerf will sich eine ältere Dame nicht zu den Gemeindewahlen äußern und sagt: „Ich kümmere mich nicht um die Politik.“ Manchen fehlt aber einfach auch der Zugang, wie die Aussage einer ausländischen Mitbürgerin in Junglinster deutlich macht: „Ich werde nicht an den Gemeindewahlen teilnehmen, da mir insgesamt das Wissen fehlt. Das liegt auch daran, dass vieles auf Luxemburgisch ist und ich es nicht verstehe.“ 

Bessere Verkehrssituation

Im Gespräch mit ihr und anderen Befragten zeigt sich außerdem: Viele wollen weder ihren Namen noch ein Foto von sich in der Zeitung sehen. Vor allem dann, wenn sie sich kritischer über die Gemeindeverantwortlichen äußern, die ihnen beim nächsten Dorffest über den Weg laufen könnten. Zurückhaltung also, weil sich in Luxemburg eben doch alle kennen. Auch beim Besuch in Wiltz will ein 89-Jähriger anonym bleiben, als er feststellt: „Nach all den Skandalen würde frischer Wind der Gemeinde guttun.“ Anders als einige Befragten in Hesperingen – für die ein aufsehenerregender Fall von Geldveruntreuung in der Gemeinde eher kein Thema ist – scheint er sich mit den Aufregerthemen in seiner Kommune auseinanderzusetzen. Das Gleiche gilt für den 66 Jahre alten Norbert Kremer aus Kayl-Tetingen, dem aus den vergangenen Jahren vor allem der turbulente Bürgermeisterwechsel in Erinnerung geblieben ist. 

In Petingen sorgen lange Staus für Ärger im Alltag der Menschen – nicht nur dort
In Petingen sorgen lange Staus für Ärger im Alltag der Menschen – nicht nur dort Foto: Editpress/Tania Feller

Ein altbekanntes und von der Politik gerne aufgegriffenes Thema beeinflusst in fast allen besuchten Orten den Alltag der Befragten: der Verkehr. So berichtet ein Einwohner in Petingen: „Die Verkehrssituation in der gesamten Gemeinde ist mittlerweile unzumutbar geworden. Besonders morgens und abends braucht man sehr viel Geduld.“ Philippe, ein anderer Einwohner, der seit 47 Jahren in Petingen lebt, schlussfolgert, dass dadurch die Lebensqualität stark nachgelassen hätte und Staus sowie die Parkplatzsuche das Leben nicht besser machen würden. Allgemein wünschen sich viele weniger Verkehr, gleichzeitig aber auch einen Parkplatz vor der eigenen Haustür. 

In anderen Regionen sieht die Situation nicht besser aus. So fällt der auf Probleme in ihrer Gemeinde angesprochenen 69-jährigen Yolande in Mondorf gleich der erhebliche Straßenverkehr ein. Wie viele andere kämpft sie täglich mit Staus und Parkplatzproblemen. Vor allem im Norden des Landes machen das begrenzte Angebot an öffentlichem Transport und Baustellen auf den Gleisen es den Menschen aktuell zusätzlich schwer. Deshalb wünscht sich der in Wiltz wohnende Bryan einen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Die Unterhaltungen in den Gemeinden zeigen: Wenn dagegen die Verkehrsanbindung stimmt, sind die Menschen zufrieden. So lobt Edmée Borg aus Moesdorf in der Gemeinde Mersch: „Man kommt überall schnell hin.“

Subjektives Sicherheitsgefühl

Während sich die einen in Esch sicher fühlen, wollen andere dort am Abend nicht mehr vor die Tür gehen. Auch in anderen, größeren Städten wird Ähnliches festgestellt. 
Während sich die einen in Esch sicher fühlen, wollen andere dort am Abend nicht mehr vor die Tür gehen. Auch in anderen, größeren Städten wird Ähnliches festgestellt.  Foto: Editpress/Hervé Montaigu

Neben den häufig vorkommenden Themen wie dem Leerstand der Geschäfte – in unter anderem Echternach, Ettelbrück und Esch – beschäftigt noch eine weitere Thematik vor allem in den größeren Städten die Menschen: die Sicherheit. In Differdingen, Esch oder Luxemburg-Stadt zeigt sich allerdings, dass das ein sehr subjektives Thema ist. Während die einen nämlich angeben, in den genannten Städten regelrecht Angst zu haben, sagen andere das genaue Gegenteil. „Wir fühlen uns hier sicher“, stellen beispielsweise die 75-jährige Fetti Knoch und die 70-jährige Christiane Fritsch aus dem Escher Brill-Viertel unisono fest. Während der auch im Alter von 92 Jahren noch fitte Guillaume Weber sagt, dass er abends zu seiner eigenen Sicherheit nicht mehr vor die Tür geht. 

Orte zum Zusammenkommen, mehr einbezogen werden, eine bessere Verkehrssituation, Sicherheit – unter anderem das sind die Themen, die die Menschen in den verschiedenen Regionen des Landes bewegen. Und die die gewählten Verantwortlichen aus der Politik in den kommenden sechs Jahren wohl angehen sollten.


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