Die Auswahl erwies sich dann auch als hochkarätig und mit dem Boreas-Quartett, dem Pianisten Frank Dupree sowie den Violinisten Gennaro Cardaropoli und Julian Kainrath konnte man sehr begabte junge Talente entdecken. Das Orchestre Philharmonique du Luxembourg stand unter der Leitung von Adam Fischer, Ivan Boumans, Francisco Coll, Giulio Prandi und Jakub Hrusa, das Orchestre de l’Opéra Royal de Versailles trat unter seinem Chefdirigenten Stefan Plewniak und mit den Solisten Adèle Charvet, Mezzosopran, und Filippo Meneccia, Countertenor, auf.
Edgardo Roch, Tenor, sang das „Domine Deus“ aus der Petite messe solennelle von Gioacchino Rossini. Einige Preisträger der diesjährigen ICMA stammten aus Luxemburg: das Orchestre Philharmonique du Luxembourg und Gustavo Gimeno, die einmal in der Rubrik Choral Music (Rossini: Stabat Mater) und einmal in der Rubrik Recording of the year (Francisco Coll) ausgezeichnet wurden, sowie der Dirigent und Chorleiter Pierre Cao mit dem Special achievement award.
Interessantes Konzept
Das Konzept ist interessant, der Rahmen müsste allerdings überdacht werden. Ein Werk durch einen Musikwissenschaftler oder Spezialisten erklären und es anschließend ausführen zu lassen, hat sicherlich Potenzial. Leider hatten sich am vergangenen Donnerstag um 16 Uhr nur knapp 60 Zuhörer eingefunden, um im „Face-à-Face“ Robert Schumanns Klavierquintett erklärt und gespielt zu bekommen. Vielleicht lag es an der englischen Sprache, dass sich nicht mehr Publikum eingefunden hatte. Schade, denn die Erklärungen von Richard Wigmore waren ebenso interessant wie unterhaltsam und mit dem Pianisten Fabian Müller und dem Schumann-Quartett hatte man hervorragende Vertreter der jüngeren Generation auf der Bühne.
Die musikalische Interpretation dieses brillanten Quintetts war dann auch dementsprechend virtuos und spielfreudig, wenngleich es im Detail doch etwas an Präzision mangelte. Aber das mitreißende, ja wagemutige Spiel der fünf Musiker ließ uns diese kleinen Unebenheiten im Vortrag schnell vergessen. Für das begeisterte Publikum spielten Müller und das Schumann-Quartett als Zugabe das Scherzo-Furiant aus Dvoraks 2. Klavierquintett. Sehr gut besetzt war dagegen das Konzert der Amis de l’OPL, das am selben Tag schon um 11 Uhr stattgefunden hatte.
Apéritif mit Johann Sebastian Bach
Der russische Violinist und Dirigent Dimitri Sitkowetski hat die Goldberg-Variationen von Johann Sebastian Bach mehrmals bearbeitet. Zuerst 1985 als Streichtrio zum 300. Bach-Jubiläum, dann eine Bearbeitung für Streichorchester und 2009 erneut eine straffere und gekürzte Fassung für Streichtrio. Im Rahmen der Concert-Apéritif-Reihe spielten die OPL-Musiker Ryoko Yano, Violine, Ilan Schneider, Bratsche, und Niall Brown, Cello, eine um 20 Minuten gekürzte Fassung der 85-Version, wobei dann verschiedene Wiederholungen weggelassen wurden. Sitkowetskis erste Fassung dauert rund 80 Minuten, die jetzt im Kammermusiksaal der Philharmonie gespielte Version kam mit rund 60 Minuten aus.
Somit wirkten die Goldberg-Variation in sich geschlossener und kompakter, was der dynamischen Aufführung der drei Musiker sehr zugutekam. Ryoko Yano führte das Ensemble mit viel Drive in ihrem Spiel an und zeigte somit, dass die drei Musiker den „Gemüths-Ergötzungsgedanken“ durchaus ernst nahmen und das Werk als erstklassig komponierte Unterhaltungsmusik sahen. Tatsächlich verarbeitet Bach ja in seinen Variationen „Präludien, Allemanden, Couranten, Sarabanden, Giguen, Menuette und andere Galanterien“; das Werk besitzt demnach durchaus einen tänzerischen Charakter.
Diesen tänzerischen Schwung zeichnet dann auch die Interpretation der drei OPL-Musiker aus. Die Rollen scheinen klar verteilt und jeder hört blind auf den anderen, sodass man zudem als Hörer dank eines klar strukturierten und transparenten Spiels die Architektur des Werkes und die verschiedenen Stimmen hervorragend mitverfolgen kann. Die Dialoge oder Trialoge sind abwechslungsreich und sehr lebendig, ohne dass dabei je zu viel Virtuosität oder gar Show-Effekte eingesetzt werden müssen. Eine somit insgesamt erstklassige Aufführung von Bachs Meisterwerk.
Mit der Perfektion einer Schweizer Uhr
Ein spieltechnisch hochkarätiges Konzert bot am Dienstag das junge Simply Quartet, das sich dem Publikum als Rising Stars vorstellte. Man konnte nur staunen, wie sicher die vier Musiker das Streichquartett Nr. 19 C-Dur von W.A. Mozart und das Streichquartett Nr. 14 As-Dur von Antonin Dvorak spielten und beherrschten. Da war nichts dem Zufall überlassen, mit der Perfektion einer Schweizer Uhr verwoben sich Stimmen und Rhythmen, entwickelten sich Melodien und Farben zu einem atemberaubenden Hörerlebnis. Dem eines nur fehlte: die Spontanität und das Kommunizieren. Außer dem Bratschisten, der immer wieder den Blickkontakt zu seinen Mitspielern suchte und sich mimisch ausdrückte, hatten die übrigen drei, allen voran der Erste Geiger, nur ihre Augen in der Partitur.
Am Ende wirkte alles zwar toll gespielt, aber so wirklich berührt haben mich die wie auswendig gelernten Interpretationen dann doch nicht. Aber wie gesagt, es sind Rising Stars und bei dem spieltechnischen Können und musikalischen Potenzial wird das Simply Quartet sich schnell einen Platz unter den Besten der jungen Generation erobern. Das obligatorische zeitgenössische Werk Un:fold von der österreichischen Komponistin Julia Lacherstorfer vermischte gesprochene biografische Aussagen der vier Musiker mit Melodien aus ihrer jeweiligen Heimat. Somit ein sehr persönliches, originelles Werk und dem Simply Quartet auf den Leib geschrieben.
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