Bereits im November 2021 rief das LSO ein neues Klavierfestival ins Leben. Le Piano Symphonique – so der Name – wurde mit der Aufführung aller fünf Klavierkonzerte und einer Auswahl an kammermusikalischen Werken von Camille Saint-Saëns eingeleitet. Im Februar nun startete bereits die zweite Ausgabe, diesmal stellte Le Piano Symphonique den Komponisten Johannes Brahms in den Mittelpunkt.
Zu hören im KKL gab es das 2. Klavierkonzert und die 2. Symphonie, Orgel- sowie Klavierrezitale, Kammermusik und den Liederzyklus „Die schöne Magelone“ mit Tenor Daniel Behle, Sveinung Bjelland, Klavier, und Hans-Jürgen Schatz als Sprecher. Besonders gespannt waren wir natürlich auf die musikalische Qualität, denn mit Michael Sanderling steht einer der interessantesten Dirigenten der Gegenwart nun auf dem Pult des Luzerner Sinfonieorchesters. Und dieses geizte an diesem Abend nicht mit Wohlklang, herrlichen Soli und einer richtigen Spielfreude.
Das Luzerner Sinfonieorchester und sein neues Klavierfestival
Unüberhörbar war dann auch die spielerische Qualität, die das Orchester mit James Gaffigan erarbeitet hat und auf die Michael Sanderling nun zurückgreifen kann. Und das machte er ganz entspannt. Großzügig im Klang und voller dynamischer Abstufungen dirigierte er das 2. Klavierkonzert von Brahms mit einer Natürlichkeit und Überlegenheit, die sofort seine persönliche Handschrift erkennen ließen. Die großen Bögen wurden mit natürlichem Atem geformt und die hervorragenden Celli und Kontrabässe sorgten für ein wunderbares Bassfundament, auf dem sich das ganze Klangerlebnis aufbaute. Der Solist des Abends war der kanadische Pianist Marc-André Hamelin, ein Individualist und großartiger Gestalter.
Das Einverständnis zwischen Solist, Dirigent und Orchester war optimal, sodass Hamelin mit kräftigem, aber nie zu lautem Anschlag jede Note und jedes Detail hörbar machte. Dort, wo andere, ich würde sogar sagen, die meisten Pianisten recht pauschal spielen und sich nur auf die Hauptmelodie konzentrieren, da überraschte Hamelin immer wieder mit tollen Nuancen und Nebenstimmen. Nach dem gewaltigen Konzert hatte Hamelin noch Lust auf eine feingliedrige Zugabe von Carl Philip Emmanuel Bach.
Kurze Pause, und dann ging es weiter mit der 2. Symphonie. Hier konnte sich das Orchester unter Michael Sanderling dann noch einmal steigern. Das Publikum erlebte eine klanglich ausgewogene, bis ins kleinste Detail ausgearbeitete und vor allem musikalisch dichte und mitreißende Interpretation. Sehr natürlich waren die verschiedenen Instrumentengruppen zu hören, selbst die Unterschiede zwischen Violinen, Bratschen und den tiefen Streichern waren bis in die Tutti hörbar. Le Piano Symphonique bietet auf jeden Fall ein sehr interessantes Konzept rund um das Klavier an und wir werden bestimmt über die nächste Ausgabe ausführlicher berichten. (Informationen: www.sinfonieorchester.ch).
Ausgewogenheit und Orchesterglanz
Eine orchestrale Glanzleistung dann auch zwei Abende später in der Philharmonie. Corona-bedingt gab es zwar einige Änderungen im Programm – die vorgesehene 4. Symphonie von Schostakowitsch wurde durch die 7. Symphonie von Antonin Dvorak ersetzt und für den erkrankten Cellisten Truls Mørk sprang Sol Gabetta ein – doch die Aufführung war trotz allem von einer herausragenden Qualität.
Das lag hauptsächlich an der überzeugenden Orchesterarbeit und dem exzellenten Dirigat von Jukka-Pekka Saraste. Der finnische Dirigent holte mit seiner klaren und unspektakulären Schlagtechnik ein Maximum an Klang, Phrasierung und Präzision aus dem Orchestre Philharmonique du Luxembourg heraus, ohne dabei interpretatorische Risiken einzugehen. Seine Interpretation war schon sehr klassisch und den Stimmungen der Werke verpflichtet. Das bekannte Cello-Konzert von Dvorak erklang dann auch in vollem Sound und mit einem gesunden Pathos. Saraste wusste genau, wie er das Potenzial der Musiker herauskitzeln konnte. Die Aufführung lebte in erster Linie von diesem schönen Klang und einem sehr natürlichen Atem. Sol Gabetta hatte natürlich keine Schwierigkeiten, ihren Solopart ins rechte Licht zu rücken. Dabei integrierte sie sich aber ins Klanggeschehen, ohne sich in den Vordergrund spielen zu wollen.
Sarastes Dirigat schuf ihr einen idealen Klangteppich, auf dem sie ihre detailreiche und spielerisch perfekte Interpretation entwickeln konnte. Auch bei der Zugabe, die leider nicht angesagt wurde, wurde das Orchester miteingebunden. Wenn ich mich nicht irre, handelte es sich dabei um die Arie des Lensky aus Tschaikowskis Eugen Onegin, in der Bearbeitung für Cello und Orchester.
Im zweiten Teil des OPL-Konzerts erlebte das Publikum eine enorm kontrastreiche und dynamische Interpretation der 7. Symphonie von Dvorak. Die Musiker schienen sich unter Sarastes Leitung und mit dem Stil der Musik pudelwohl zu fühlen. Dabei ist das Werk doch recht komplex und fordert bei den vielen Stimmungswechseln höchste Konzentration. Auch hier blieb Jukka-Pekka Saraste seinem Konzept treu und ließ das Publikum an einer (im positiven Sinne) traditionellen, aber im Detail klar ausgearbeiteten und nie überdramatisierten Aufführung teilhaben, bei der immer wieder solistische Momente in den Vordergrund traten und dabei die hohe Spielkultur der einzelnen Orchestermusiker unterstrichen.
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