Die anstehende Judo-Weltmeisterschaft in Katar wird ab dem 7. Mai ohne Luxemburger Beteiligung stattfinden. Es handelt sich dabei um eine Konsequenz der sportlichen Ergebnisse der vergangenen Monate, da die Nummer eins der Herren, Claudio dos Santos, aus den Top 100 gerutscht und nicht startberechtigt ist. Der kurzfristige Rückzug des ukrainischen Aufgebots geschieht dagegen aus politischen Gründen. Und eins steht jetzt schon fest: Boykotts, wie die ukrainische Regierung sie fordert, werden sich durch die neuesten Empfehlungen des Olympischen Komitees häufen.
Vor vier Wochen wurde nämlich vonseiten der Exekutive des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) vorgeschlagen, „neutrale“ russische und belarussische Athleten wieder an Wettkämpfen teilnehmen zu lassen – unter bestimmten Auflagen. Ohne Flaggen, Farben oder Hymnen. Betroffen sind ausschließlich Einzelsportler, die nicht direkt beim Militär oder Sicherheitsbehörden unter Vertrag stehen. Russische Mannschaften bleiben weiterhin ausgeschlossen. So weit zumindest die offizielle Version auf dem Papier.
Der Schritt des IOC wurde international heftig diskutiert. Fakt ist: Die jüngsten Empfehlungen des Olympischen Komitees sind alles andere als Hilfestellungen. Mit einer derart inkonsequenten Position lässt man die internationale Sportwelt im Stich. Die Verantwortung liegt nun auf den Schultern der einzelnen Disziplinen – die jetzt passende Lösungen für einen politischen Konflikt finden sollen, dessen Ende niemand voraussehen kann. Einen richtigen Weg gibt es nicht – doch das IOC macht es sich in dieser Frage zu leicht. Nachzuvollziehen ist diese Verweichlichung in der Russland-Debatte ohnehin nicht. Wie sollen jetzt die Weltverbände das „Innenleben des russischen Militärapparates“ (Süddeutsche Zeitung) überprüfen? Oder reicht es sogar, sich in den nächsten Tagen vom Militär freistellen zu lassen, um als „neutral“ zu gelten?
Der Internationale Judo-Verband (IJF) teilte am Dienstag mit, man habe inzwischen unabhängige Hintergrundüberprüfungen bei den besagten Sportlern und Delegierten durchgeführt. Acht Personen der russischen Delegation wurden ausgemustert und bereits im Vorfeld von der Judo-WM ausgeschlossen. Der Bezug zum Militär, zum Staat oder aber Interaktionen in den sozialen Netzwerken, die sich klar um Pro-Kriegs-Propaganda drehen, konnten nachgewiesen werden. Ob die IJF nichts übersehen hat, weiß niemand. Für die Organisatoren eines internationalen Wettbewerbs bedeutet die Zulassung russischer und belarussischer Athleten in dieser Situation eben nicht nur zusätzliche Investigativ-Recherche und Interpretation der Kriterien – sondern auch das Risiko, eben nicht alles kontrollieren zu können. Die Tür ist wieder offen für Kriegstreiber, für die es sich bei einer Trennung von Sport und Politik nur um eine Floskel handelt.
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