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Vom Konfirmationsgeld hat sich Timo Glock ein Kart gekauft

Vom Konfirmationsgeld hat sich Timo Glock ein Kart gekauft

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Die ersten beiden Rennen nach der Saisonhalbzeit sind gelaufen und Mercedes dominiert weiterhin das Geschehen. Als einer der ärgsten Verfolger der Marke zeigte sich in der ersten Saisonhälfte Timo Glock, der BMW-Routinier mit Formel-1- und ChampCar-Erfahrung.

Von Norbert Nickels und Marie-Jo Nickels

Nach einem völlig verkorksten Wochenende in Brands Hatch ist nunmehr der zweifache DTM-Champion der beste BMW-Pilot, auf Platz drei hinter Gary Paffett und Paul di Resta. Wir unterhielten uns vor den zwei Rennen in England mit Timo Glock, dem 36-jährigen Wahl-Schweizer.

Tageblatt: Timo, Sie haben Ihre Karriere mit Motocross begonnen. Wie kam es dann zum Wechsel auf vier Räder?
Timo Glock: Das ist eine lange Geschichte. Ich hab mit fünf Jahren mit Motocross angefangen. Dann habe ich mir irgendwann das Schien- und Wadenbein gebrochen. Daraufhin hat meine Mutter gesagt, jetzt sei Schluss mit Motorradsport, ich solle jetzt was anderes machen. Das habe ich dann auch gemacht und habe Tennis, Tischtennis, Fußball usw. gespielt.
Ein guter Freund von mir hatte damals schon einen Kart und ich habe ihn einmal auf die Kartbahn begleitet. Schon war ich wieder vom Motorsportfieber infiziert. Meine Mutter war jedoch nicht so begeistert. Wir machten dann einen Deal. Wenn ich genügend Geld zu meiner Konfirmation zusammenbekommen würde, dann dürfte ich mir einen Kart kaufen. Mein Vater hat dann zu den Freunden gesagt: «Na kommt schon, gebt mal ein paar Euro mehr!» Am Konfirmations-Sonntag habe ich dann mein Geld gezählt und montags haben wir einen Kart gekauft.

Zurück in die Gegenwart. Sind Sie mit Ihrer DTM-Saison bis jetzt zufrieden?
Ja, ich bin sehr zufrieden, es ist der beste Saisonstart, den ich bislang in der DTM hatte. Es war so, wie ich es immer vorausgesagt habe. Wenn du, wie ich, aus der Formel 1 kommst, dann kannst du es schaffen, ganz vorne mitzufahren, aber es ist ein langer Weg bis dahin. Vor allem die ersten zwei Jahre waren sehr schwer. Du musst einfach alles verstehen und dich als Fahrer umstellen. Du musst auch mit dir selbst offen bleiben und Dinge annehmen, lernen und dich hart reinknien.
Das habe ich in den letzten drei Jahren gemacht. Dazu kommt dann auch der Teamwechsel zu RMG. Die Kooperation mit ihnen klappt einfach sehr gut und dadurch haben wir eben die richtigen Schritte gemacht. So hatten wir einen guten Start in die Saison, aber es ist noch ein langer Weg. Ich kenne die DTM inzwischen gut genug, um zu wissen, dass es sein kann, dass du zwei Rennen keine Punkte holst und dann ist deine Saison vorbei.

Sie haben gleichzeitig mit Marco Wittmann den Schritt in die DTM gemacht. Der ist inzwischen bereits zweimaliger DTM-Champion. War der Wechsel von F3 in die DTM leichter als der von der F1 in die DTM?
Definitiv, das sieht man jetzt auch wieder bei Joel Erikson (BMW, d.Red.). Der Wechsel von der F3 in die DTM ist leichter. Die Autos sind sehr ähnlich zu fahren und daher ist die Fahrstil-Umstellung für F3-Fahrer bedeutend weniger eklatant als für einen F1-Fahrer. Marco hat sich leichter getan, um vorne mitzufahren. Hinzu kommt, dass er das Team zwei Jahre früher gewechselt hat. Er ist ja bereits nach seiner Debütsaison zu RMG gewechselt.

Gibt es für die zweite DTM-Saisonhälfte eine bestimmte Strategie? Angreifen? Punkte sammeln?
Natürlich beides. Du musst viel attackieren, aber auch zum richtigen Zeitpunkt dich zurückhalten und kein unnützes Risiko eingehen und so dann Punkte sammeln.

Hat die technische Reglementänderung vom letzten Jahr auf dieses eine große Veränderung gebracht? Rein optisch sehen die Autos ja fast gleich aus.
Es ist definitiv ein großer Unterschied, du kannst dem Vordermann besser folgen, die Autos sind nicht mehr so sensibel. Kleine Berührungen haben keine verheerenden Folgen mehr wie letztes Jahr, da keine Flaps mehr wegfliegen können. Die Flaps hatten ja eine aerodynamische Aufgabe. Ich glaube, die Reglementänderung war sehr gut, man sieht, die Rennen sind deutlich interessanter geworden und die Autos sind viel näher aneinandergerückt.

Gary Paffett und Sie waren bei zwei Rennen (Hockenheim und Norisring, d.Red.) sehr hart im Wettkampf miteinander. Sie haben die DTM richtig sehenswert gemacht.
Die beiden Kämpfe haben sehr viel Spaß gemacht, auch wenn Gary beim Rennen in Nürnberg nicht so begeistert war. Bei Garys Inbord-Aufnahmen habe ich nachher auch gesehen, dass ich ihm mehr Platz hätte lassen müssen. Aber solche Wettkämpfe sind schon absolute Highlights dieser Saison.

Wie sehen Sie die Zukunft der DTM in den Jahren 2019/2020?
Es hört sich schon optimistisch an, aber ich habe zu 2020 auch noch keine genaueren Informationen. Ich glaube, wir müssen da noch etwas abwarten, um mehr zu erfahren. Gerhard Berger macht da schon einen guten Job, um die DTM in die richtige Richtung zu bringen.

Als Formel-1-Experte bei RTL haben Sie einen neuen Nebenjob. Wie nah sind Sie an der F1 dran?
Natürlich habe ich noch gute Kontakte in die Formel 1 und habe in der Vergangenheit jedes Rennen verfolgt. Ich muss aber schon sagen, wenn du auf der anderen Seite der Kamera stehst, dann merkst du erst, wie wenig Informationen die Teams preisgeben. Auch bei Interviews ist es sehr schwer, den Fahrern Geheimnisse zu entlocken. Es macht trotzdem unheimlich Spaß. Es ist eine neue Aufgabe und sehr herausfordernd.

Sie sind ein routinierter Allrounder. Sie haben von GP2, F1 über DTM bis hin zu den ChampCars viele Rennen auf unterschiedlichen Kontinenten bestritten. Wie ist eigentlich die Atmosphäre in den verschiedenen Serien?
Die ist überall völlig anders. Amerika ist eine ganz andere Welt. Ich habe da sehr viel gelernt, da die Amerikaner das Ganze anders erleben und viel offener sind. Es war eine sehr interessante und lehrreiche Zeit bei den ChampCars. Ich finde den Weg gut, den man dort eingeschlagen hat, mit den Autos, die deutlich weniger Abtrieb generieren und den Rennen, die dadurch viel spannender werden. Es ist schön, sich das anzuschauen.

BMW fährt jetzt wieder in der GTE-Kategorie der WEC und in der IMSA. Sind Sie den M8 schon gefahren?
Den BMW M8 GTE und den M8 GTLM habe ich noch nicht getestet. Nur den M6 GT3 bin ich in Bathurst beim Zwölf-Stunden-Rennen gefahren. Es sieht so aus, als ob ich dieses Jahr kein GT-Rennen mehr fahren werde.

Am kommenden Wochenende in Misano werden Sie in der DTM Ihren alten Kumpel Alex Zanardi wiedersehen. Sie haben ja vor drei Jahren die 24 Stunden von Spa zusammen bestritten?
Es freut mich sehr, dass Alex als BMW-Gaststarter dabei sein wird. Ich bin generell sehr auf das Event gespannt, aber auch, wie Alex mit dem DTM-Auto zurechtkommen wird. Er wird seinen Spaß haben, aber es wird schwierig werden.