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Lauter HilfeschreiVereinigung der Psychiater weist auf akute Versorgungsprobleme und Fachkräftemangel hin

Lauter Hilfeschrei / Vereinigung der Psychiater weist auf akute Versorgungsprobleme und Fachkräftemangel hin
Was die psychische Gesundheit anbelangt, bestehe in Luxemburg akuter Handlungsbedarf, sagt die nationale Vereinigung der Psychiater. Sie beklagt den Fachkräftemangel und das Fehlen adäquater Versorgungsstrukturen. Foto: Editpress/Alain Rischard

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Die Psychiater schlagen Alarm. Es fehle an Fachkräften und Strukturen für eine spezifischere Hilfeleistung sowohl im stationären als auch im ambulanten Bereich. Die Nachfrage übersteige das Angebot. Probleme scheint es viele zu geben. Bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Der Bedarf an psychiatrischer und psychotherapeutischer Versorgung nehme zu. Der im Juli vorgestellte Plan zur Förderung psychischer Gesundheit sei zwar sehr ausführlich, aber es müssten jetzt die richtigen Prioritäten gesetzt werden, so die SLPPP („Société luxembourgeoise de psychiatrie, pédopsychiatrie et psychothérapie“).

Die Lage sei ernst. Das schreibt die nationale Vereinigung für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie (SLPPP) in einem kürzlich veröffentlichen Kommuniqué. Ernst, aber nicht hoffnungslos, gibt SLPPP-Präsident Dr. Paul Hédo zu verstehen.

Die Psychiater des Landes drängen die Behörden dazu, endlich mehr für die psychische Gesundheit zu tun. Diese Bitte darf man durchaus als Schrei nach Hilfe verstehen. Wiedermal. Auf viele in den letzten Jahren erfolgte alarmierende Forderungen nach Unterstützung sei bisher nicht genügend reagiert worden. Nachdem der neue nationale Plan für psychische Gesundheit am 18. Juli dieses Jahres vorgestellt wurde, müsse man den Bedürfnissen jetzt schnellstens gerecht werden.

Das Problem ist schnell zusammengefasst: Akuter Mangel an Fachärzten in allen Bereichen, eine steigende Nachfrage, veränderte Bedürfnisse der Patienten und das Fehlen angepasster Strukturen, um geeigneter und schneller reagieren zu können.

Kurz vor den Parlamentswahlen weisen die Psychiater nun wiederholt auf diese Probleme hin. Sie unterstreichen die Dringlichkeit, die von der künftigen Regierung unbedingt erkannt werden müsse. In und außerhalb von Krankenhäusern würden Psychiater gesucht, auch wegen pensionsbedingter Abgänge in den kommenden Jahren. Das Fehlen dieser Fachkräfte wirke sich auf die Vergabe von Terminen aus. Stichwort: lange Wartezeiten.

Kinder- und Jugendpsychiatrie

Besonders bei Kindern und Jugendlichen sei die Nachfrage deutlich gestiegen. In die Kinderpsychiatrie kämen immer mehr junge Patienten, die bereits mehrere Etappen durchlaufen hätten, vor allem in ihrem schulischen Umfeld, dort aber nicht immer die adäquate Hilfeleistung bekommen hätten. „Der Bedarf an dezentralisierten, multidisziplinären, ambulanten Therapiezentren wurde schon 2010 erkannt, aber nicht umgesetzt! Deshalb fordern wir, dass diese ambulanten, spezifisch kinder- und jugendpsychiatrischen Strukturen, so wie es sie für Erwachsene gibt, endlich kommen.“ Man müsse den Schulen anrechnen, dass sie die Probleme bei Kindern und Jugendlichen früh erkannt hätten, aber der Bedarf gehe über das Angebot hinaus. Schulen könnten auch nicht alles tun. „Nötig sind Strukturen mit der nötigen Kompetenz von Kinder- und Jugendpsychiatern. Es braucht Verständnis für die psychischen Sorgen und Störungen der jungen Menschen, Kenntnis darüber, ihre Probleme genau zu erkennen, sie richtig einzuordnen und sie kompetent und multidisziplinär zu behandeln.“ Solche Einrichtungen könnten durchaus mit den Schulen zusammenarbeiten, sollten aber einen therapeutisch neutraleren Rahmen außerhalb der Schule anbieten.

Dass es solche Strukturen noch nicht gibt, könnte auch daran liegen, dass sich Politik und Gesellschaft hier nicht vollständig über die Bedürfnisse im Klaren gewesen seien, so Dr. Hédo.

Kein Kommerz in der Psychiatrie

In der Erwachsenenpsychiatrie seien die Schwierigkeiten ähnlich, so der Präsident der SLPPP. Wohl sei in den vergangenen Jahren viel unternommen worden, um den ambulanten Sektor auszubauen. Diese Anstrengungen seien aber teilweise wieder durch das Bevölkerungswachstum aufgehoben worden. Es fehle an Personal, an Betten in den Notaufnahmen, an therapeutischen Unterkünften, an einigen spezifischen Angeboten z.B. für schwere psychiatrische Störungen bei Menschen mit Autismus, bei Schwangerschaft und Geburt und damit verbundenen Depressionen und Psychosen oder für andere psychiatrische Krankheitsbilder, klassische oder neuere. „Die Psychiatrie ist das Spiegelbild dessen, was sich in der Gesellschaft abspielt. Jedenfalls ist der Bedarf ganz groß und in verschiedenen Bereichen wird der spezifische Bedarf nicht genügend abgedeckt.“  Erstaunt sei man auch, dass das Gesundheitsministerium das Betreiben von therapeutischen Wohnungen anscheinend auch kommerziellen Gesellschaften erlauben will, obwohl es einen konventionierten Sektor für dieses Angebot gibt.

Der Mangel an Fachkräften sei kein rein luxemburgisches Problem, so Dr. Hédo. In Luxemburg käme aber die besondere Sprachsituation erschwerend hinzu. Dass es heute an Psychiatern und dem nötigen Angebot mangele, könnte laut Dr. Paul Hédo auch darauf zurückzuführen sein, dass die Bedeutung der psychischen Gesundheit nicht früh genug erkannt wurde.

Die Pandemie habe aber in einem gewissen Sinne zu einem veränderten Bewusstsein beigetragen. Deshalb, so Dr. Hédo, habe die Regierung wohl auch beschlossen, ihren neuen Plan zur psychischen Gesundheit vollumfänglicher zu öffnen – über die eigentliche Psychiatrie hinaus. Das ändere aber nichts daran, dass es viele Defizite in der Versorgung gebe, die schnell behoben werden müssten.

Dabei sei es nicht so, dass in den letzten Jahren nichts unternommen wurde, um dem Berufsstand entgegenzukommen. Bei wesentlichen Forderungen aber sei nicht genug passiert. Der Personalmangel breite sich aus. Eine nötige Facharztausbildung werde auf Universitätsebene scheinbar noch nicht als wirkliche Priorität angesehen.

In den psychiatrischen Erwachsenenabteilungen der vier großen Krankenhäuser, dort wo Notfälle behandelt werden, herrsche ein gewisser Druck bei allen, die dort arbeiten. Das nage dann natürlich auch an der Attraktivität des Berufes. Manchmal würde man sich wünschen, Patienten länger zu betreuen, auch wenn sie nicht mehr im Krankenhaus sind. Das gelinge aber nicht immer, was frustrierend sei.

Es müsse über die Organisation der Notaufnahmen nachgedacht werden. Jedes Krankenhaus solle die Möglichkeit haben, ein Kriseninterventionszentrum einzurichten. Dazu gehört neben Fachkräften, z.B. Psychiatrie-Pflegern, auch eine angepasste Infrastruktur. Um ein besseres Bild des Istzustandes zu haben, fordert die SLPPP ein vollumfängliches Audit des Sektors. Dazu gehöre zum Beispiel die Bettenzahl für akute Behandlungen und Langzeitpatienten.

Politisches Leadership gefordert

Eines ist laut Dr. Hédos Aussagen klar. Die Lage ist ernst. Es werden jetzt viele Erwartungen in den neuen Plan für psychische Gesundheit gesteckt. „Der Plan zeigt in die richtige Richtung, aber er ist sehr weitläufig. Er definiert unserer Meinung nach die Prioritäten nicht klar genug. Jetzt haben wir eine Bestandsaufnahme, dabei dürfen wir aber nicht stehen bleiben, sonst haben wir nichts gewonnen. Deshalb fordern wir, dass die nächste Regierung ganz deutlich sagen muss, wo es langgeht und welche Prioritäten schnell umgesetzt werden müssen. Wenn ein klarer politischer Auftrag da ist, können auch die zuständigen Stellen mit dafür sorgen, dass er zeitnah umgesetzt wird.“

Etwas zuversichtlicher als sonst ist Dr. Paul Hédo, weil durch Covid eine gewisse Dringlichkeit deutlich wurde und das Bewusstsein für die Wichtigkeit der psychischen Gesundheit geschärft wurde – in der Politik wie in der Zivilgesellschaft. „Viele wollen und können mitarbeiten. Wir brauchen aber ein starkes politisches Leadership mit klaren Prioritäten, damit die nötigen Instrumente zur Verfügung gestellt werden, um die gesteckten Ziele zu erreichen.“

Ohne psychische Gesundheit keine Gesundheit, so kann man den Hilferuf der SLPPP auch verstehen.


Dr. Paul Hédo
Dr. Paul Hédo 
wneusch
6. September 2023 - 16.55

Tatsächliche Hilfe für Leute mit psychischen Problemen ist sicher notwendig.
Von klassischen Psychiatern mit ihren Psychopharmaka und sogar Elektroschocks wird man sie aber nicht bekommen.

No
1. September 2023 - 19.11

So'u ginn emmer nei Krankheeten erfond fir dass der e Puer sech Taeschen kennen voll stopfen !

Krankheeten gin net geheelt, se gin gemannaged, fir dass se laang unhaalen !