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USA: Waffenhersteller bekommen immer seltener Kredite

USA: Waffenhersteller bekommen immer seltener Kredite

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Hersteller und Händler von Waffen haben in den USA zunehmend Mühe, Geld von Banken zu erhalten oder auch nur Zahlungsfunktionen für ihre Internetseiten zu finden. Immer mehr Finanzinstitute ziehen sich aus dem Geschäft mit den Waffen zurück.

Von unserem Korrespondenten John Dyer, Boston

Amerikas Banken könnten dort Erfolg haben, wo Amerikas Politiker versagt haben: bei der Einschränkung des Gebrauchs von Schusswaffen. Die Bank of America etwa hat die Finanzierung von Herstellern von Sturmgewehren eingestellt, mit denen eine Reihe Amokläufe in Schulen und anderswo durchgeführt worden sind.

Die Citibank hat neue Anforderungen an Waffenhersteller und -händler gestellt, wenn diese ihre Finanzdienstleistungen in Anspruch nehmen wollen. Kreditkartenunternehmen und Zahlungsabwicklungsanbieter meiden Internetportale, auf denen Waffen angeboten werden.

Streit um Verfassungszusatz

Auslöser ist das Massaker in der Schule von Parkland in Florida im Februar gewesen, als 17 Schüler und Mitarbeiter starben. «Für zu viele Jahre, an zu vielen Orten, hat unser Land Waffengewalt gesehen», schrieb etwa die Citibank in einer Erklärung im März.

Nun kommen diese Maßnahmen bei den Unternehmen in der Waffenbranche an. So reichte Gary Ramey, der Gründer des kleinen Waffenherstellers Honor Defense im Bundesstaat Georgia, kürzlich eine Beschwerde bei der Staatsanwaltschaft des Bundesstaates ein. Zwei Anbieter von Zahlungsabwicklungen, Stripe und Intuit, hatten sich geweigert, Zahlungen für sein Unternehmen zu verarbeiten.

Aber der Staatsanwalt lehnte die Beschwerde ab: Die Gesetze des Bundesstaates erkennen die Kreditkartenverarbeitung nicht als eine Finanzdienstleistung an, die in jedem Fall geleistet werden muss. Ramey ist verärgert. «Wir sind nur eine kleine Firma, die versucht, hier zu überleben», sagte er der Associated Press. «Es ist schwer genug, mit Smith & Wesson, Ruger und Sig Sauer zu konkurrieren.»

Boykott hat Politik erreicht

Für die Waffenbranche wird der Boykott durch die Banken gefährlich. «Wenn einige Banken sagen: ‹Nein, wir werden keine Kredite an Waffenhändler oder Waffenhersteller vergeben›, dann ist die Industrie plötzlich bedroht», sagte Michael Hammond, Rechtsberater der Lobbyorganisation Waffenbesitzer von Amerika. «Der zweite Verfassungszusatz bedeutet nicht viel, wenn es keine Waffen gibt.»

Der zweite Zusatz zur Verfassung der Vereinigten Staaten garantiert den Amerikanern das Recht, Waffen zu tragen. Der Oberste Gerichtshof hat entschieden, dass dieser Zusatz es dem Kongress und den lokalen Regierungen verbietet, die Waffenverkäufe von nichtmilitärischen Waffen über Hintergrundprüfungen und andere Routinevorschriften hinaus einzuschränken.

Republikanische Politiker, die eng mit der mächtigen National Rifle Association verbunden sind, üben denn auch Druck auf Banken aus, ihre neue Geschäftspolitik zu stoppen. «Wir alle sollten besorgt sein, wenn Banken wie Ihre versuchen, Gesetzgeber und politische Entscheidungsträger zu ersetzen, indem sie den Zugang zu Krediten beschränken», schrieb Senator Mike Crapo, ein Republikaner aus Idaho, in einem Brief an die Citigroup.

Waffengegner machen Druck

Doch auch die Gegner der Waffenlobby machen Druck. Sechs demokratische Senatoren forderten kürzlich die Börsenaufsichtsbehörde SEC auf, das Verhalten ihres ehemaligen Beamten Michael Piwowar zu untersuchen. Dieser soll Mitarbeiter der Citigroup während eines Treffens am 24. April wegen der neuen Geschäftspolitik der Bank gegenüber der Waffenbranche beschimpft haben.

«Wir haben Bedenken, dass Kommissar Piwowar seine Regierungsposition missbraucht haben könnte, um die Citigroup zu beeinflussen, eine Geschäftsentscheidung rückgängig zu machen, die seinen persönlichen und politischen Ansichten widerspricht», so die Senatoren in dem Schreiben an Generalinspektor Carl Hoecker. Piwowar hat Anfang Mai seinen Rücktritt angekündigt.