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GeldUS-Inflation so hoch wie seit Ende 1981 nicht mehr – „Fed unter Druck“

Geld / US-Inflation so hoch wie seit Ende 1981 nicht mehr – „Fed unter Druck“
Die Inflation in den USA ist im März auf den höchsten Stand seit über 40 Jahren gestiegen. Energiepreise, Nahrungsmittel und Mieten heizen die Preissteigerungsrate an. Foto: AFP/Daniel Leal

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Waren und Dienstleistungen kosteten im Schnitt 8,5 Prozent mehr als im Vorjahresmonat, wie das Arbeitsministerium am Dienstag in Washington mitteilte. Derart rasant sind die Verbraucherpreise seit Dezember 1981 nicht mehr gestiegen.

Die stärksten Preistreiber in den USA im März waren Kraftstoffe, Mieten und Lebensmittel. Allein die Benzinpreise stiegen im Monatsvergleich um 18,3 Prozent und standen damit für mehr als die Hälfte des Anstiegs, wie die neuen Daten zeigen. Der rasche Anstieg wurde meist mit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine erklärt, der die Ölpreise ansteigen ließ. Die Preise anderer Energieträger erhöhten sich im März ebenfalls deutlich. Lebensmittel wurden zehn Prozent teurer. Im Vormonat hatte die Rate 7,9 Prozent betragen.

Die Kerninflation, also ohne Berücksichtigung von Lebensmittel- und Energiepreisen, stieg im Jahresvergleich um immer noch sehr hohe 6,5 Prozent. Ein wichtiger Antreiber der höheren Kerninflation waren steigende Wohnkosten, die im Vergleich zum Vorjahresmonat um fünf Prozent stiegen – der größte Anstieg seit 1991.

Die hohe Inflationsrate dürfte den Druck auf die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) erhöhen, ihren Leitzins noch schneller zu erhöhen. Das mittelfristige Inflationsziel der US-Notenbank Fed von zwei Prozent wird schon seit längerem deutlich überschritten. Die Fed hat bereits durchblicken lassen, ihren geldpolitischen Kurs nun erheblich zu verschärfen. Viele Analysten rechnen daher bei der nächsten Sitzung der Entscheider der Zentralbank Anfang Mai mit einer Erhöhung des Leitzinses um 0,5 Prozentpunkte auf eine Spanne von 0,75 bis 1 Prozent. An den Finanzmärkten werden allein für dieses Jahr Zinsanhebungen von insgesamt mehr als zwei Prozentpunkten erwartet. Außerdem will die Fed ihre billionenschwere Bilanz bald zügig abschmelzen, was den Märkten weitere Liquidität entziehen würde.

Erhöhungen des Leitzinses bremsen die Nachfrage. Das hilft dabei, die Inflationsrate zu senken, schwächt aber auch das Wirtschaftswachstum. Für die Notenbank ist es daher ein Balanceakt: Sie will die Zinsen so stark anheben, dass die Inflation ausgebremst wird – ohne dabei gleichzeitig Konjunktur und Arbeitsmarkt abzuwürgen. Die Fed ist den Zielen der Preisstabilität und Vollbeschäftigung verpflichtet. Inzwischen brummt die US-Wirtschaft wieder, die Arbeitslosenquote war zuletzt auf niedrige 3,6 Prozent gefallen. Viele Firmen klagen bereits über einen Mangel an Arbeitskräften.

Preisstabilität und Vollbeschäftigung

Auch für US-Präsident Joe Biden und seine Demokraten ist die anhaltend hohe Teuerungsrate rund sieben Monate vor der wichtigen Kongresswahl eine große Herausforderung. Trotz der guten Konjunkturentwicklung geben viele Wähler der Wirtschaftspolitik von Präsident Joe Biden schlechte Noten – als Grund wird meist die hohe Teuerungsrate genannt, die an der Kaufkraft der Verbraucher zehrt. Biden hat den Kampf gegen Inflation und hohe Spritpreise zur Priorität erklärt, die Initiativen seiner Regierung zeigen jedoch nur begrenzt Wirkung. Viele Ursachen der Teuerung – etwa Unterbrechungen globaler Lieferketten und weltweit steigende Energiepreise – kann die Regierung nur begrenzt beeinflussen. Aktuellen Umfragen zufolge müssen Bidens Demokraten befürchten, ihre knappe Mehrheit in beiden Kammern des Kongresses bei der Wahl im November zu verlieren.

Experten rätseln nun, ob der Gipfel erreicht ist oder die Preise noch weiter steigen werden. Dies hängt laut Ökonom Christoph Balz von der Commerzbank vor allem von der weiteren Preisentwicklung bei Öl und Benzin ab. „Sollte der Ölpreis auf dem jetzigen Niveau von um die 100 Dollar je Barrel Brent verharren und nicht wieder steigen, liegt der Inflationshöhepunkt wohl hinter uns.“ Allerdings sei auch in diesem Fall nicht mit einem schnellen Rückgang der Inflation zu rechnen. Vermutlich werde sie erst im vierten Quartal unter sieben Prozent fallen: „Die US-Geldpolitik befindet sich in einer entscheidenden Phase. Die Fed bleibt unter Druck.“

Nach Ansicht von Volkswirt Bastian Hepperle von der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe ist der Gipfel wohl noch nicht erreicht. US-Verbraucher müssten für nahezu alles immer tiefer in die Taschen greifen. Die Fed werde die Leitzinsen deshalb kräftig straffen: „Damit nehmen jedoch auch die Abwärtsrisiken für die Konjunktur zu. Für die Fed wird das ein Drahtseilakt.“ Die Strategen der Bank of America warnten bereits, dass das makroökonomische Bild sich verschlechtere und die US-Wirtschaft in eine Rezession abgleiten könnte.

Auch in Europa kletterte die Jahresinflationsrate zuletzt massiv, angeheizt von gestiegenen Energiepreisen. In den Monaten Februar und März lag sie hierzulande bei über 6 Prozent. In der Eurozone wurde im März eine Rate von satten 7,5 Prozent gemessen. Doch während die Fed bereits wieder die Zinsen erhöht, um so gegen die hohe Inflationsrate vorzugehen, sind die Signale, die von der EZB kommen, deutlich weniger klar. Zwar wird mittlerweile auch in Frankfurt wieder mehr über Preisstabilität geredet, jedoch bleibt weiterhin offen wann und wie etwas unternommen werden soll.